Im zweiten Fall des neuen Bremer „Tatort“-Trios Jasna Fritzi Bauer, Luise Wolfram und Dar Salim bekam Letztgenannter viel Spielzeit. Der Däne mit irakischen Wurzeln ist ein international sehr gefragter Schauspieler – und einer, dessen Biografie sich selbst wie ein Drehbuch liest.
Koch, Pilot, „GoT“Die unglaubliche Geschichte des „Tatort“-Kommissars Dar Salim
Nun, man hatte es sich gedacht: Der dänische „Gastermittler“ Mads Andersen (Dar Salim), der nach Fall eins des neuen Bremer Trios in seine Heimat zurückging, kehrte zum zweiten Film dank einer Drehbuch-Blitzaktion und einigen Szenen mit untertiteltem Dänisch in Kopenhagen an die Weser zurück. Dar Salim, 44, war der heimliche Star der „Tatort“-Folge „Und immer gewinnt die Nacht“. Wer ist der Mann, der sowohl Action als auch die Kunst der lakonischen Komik beherrscht? Und wen spielte Dar Salim noch mal in „Game of Thrones“?
„Tatort“ (ARD) am 12. Dezember: Worum ging es?
Zunächst mal musste Mads Andersen, der in Kopenhagen zwar einen schönen Arbeitsweg per Fähre zum neuen Job im Glaspalast hatte, auf die Frage seines Chefs („Vermisst du die Straße?“) mit einer Rückkehr nach Bremen antworten. Wir erfuhren: Mads hatte zuvor „undercover“ gearbeitet und einen bedeutenden Clan der organisierten Kriminalität zur Strecke gebracht. Moderne Polizeiarbeit in Schlips und Kragen politischen Entscheidern beizubringen, dafür fehlte ihm jedoch die diplomatische Geduld. Auf Bremer Straßen ist es dann doch irgendwie echter.
Ähnliche Gedanken hegte wohl auch das Mordopfer Dr. Björn Kehrer (Markus Knüfken). In einer der ersten Szenen sah man ihn bei der Rettung eines Obdachlosen, den der Arzt fast schon aus dem Tod zurückholte. Wenig später wurde Dr. Kehrer allerdings brutal ermordet. Als Verdächtige kamen - zunächst - infrage: eine junge Frau (Anna Bachmann), deren behinderter Bruder in der Warteschlange zu Dr. Kehrers Praxis abgewiesen wurde, sowie Arzthelferin Kirsten Beck (Lisa Jopt), die wohl unglücklich in ihren Chef verliebt war.
„Tatort“ (ARD) am 12. Dezember: Worum ging es wirklich?
Wer wollte einen Menschen ermorden, dessen einzige Lebensaufgabe darin bestand, anderen selbstlos zu helfen? Dies war die Grundidee des zweiten Bremer „Tatort: Und immer gewinnt die Nacht“ mit den Ermittelnden Moormann (Fritzi Jasna Bauer), Selb (Luise Wolfram) und Andersen (Dar Salim). Dass das Opfer ein unglücklicher Mensch war, der im Hamsterrad des Helfens aufgrund eigener schwerer Schuld immer weiter rannte, war eine der tristen Erkenntnisse dieses „Tatort“ von Drehbuchautor Christian Jeltsch.
Jeltsch hatte schon das Bremer Debüt „Neugeboren“ geschrieben. Wie im Mai 2021 erzählte auch Fall zwei vom Leben prekärer Schichten in Deutschland. Was an diesem Sozialkrimi mit deutlich zu vielen Erzählsträngen und nur grob anerzählten Figuren nervte: Die Täterin sprang am Ende wie der berühmte Kai aus der Kiste. Zack, schnell noch ein verschmähtes Liebesmotiv auf die letzten Drehbuchseiten geschrieben - und fertig war der Fall. Wer auf eine kunstvolle Auflösung wartete, wurde enttäuscht. Die Ideen der zuvor angelegten Handlungsstränge verloren sich im Bremer Frust-Nirwana.
„Tatort“ (ARD) am 12. Dezember: Wer ist Dänen-Star Dar Salim?
Als die Bremer Pläne für die Nachfolge der Langzeit-Kommissare Sabine Postel und Oliver Mommsen publik wurden, war von „Game of Thrones“-Star Dar Salim als einem der Nachfolger die Rede. Tatsächlich spielte der in Bagdad geborene Däne mit dem gestähltem Körper – die regelmäßigen Action-Szenen im Bremer „Tatort“ muss er wohl deshalb ertragen – in Staffel eins der wohl größten TV-Serie der letzten zehn Jahre den Dothraki-Krieger Qotho. Einen engen „Mitarbeiter“ von Stammeschef Khal Drogo (Jason Momoa). Dass man Dar Salim in der Fantasy-Rolle kaum erkennt, liegt am künstlichen Haar und vielleicht auch ein bisschen an der Kürze seiner Auftritte.
Salim benötigte den „Game of Thrones“-Ruhm jedoch nicht wirklich, denn der Vater eines Sohnes mit Namen Zidane Storm Salim (!) ist auch darüber hinaus in Dänemark sowie auf dem englischsprachigen Markt erfolgreich. Parallel zu „Game of Thrones“ spielte er in der fantastischen dänischen Politserie „Borgen“, was ihm damals – wie er sagt – viel mehr Aufmerksamkeit verschaffte als sein reitender „GoT“-Part.
2022 wird Salim in einer Hauptrolle an der Seite von Hollywood-Star Noomi Rapace im existenzialistischen Netflix-Thriller „Black Crab“ zu sehen sein.
Die unglaubliche Geschichte des Schauspielers Dar Salim
Sein Aufstieg zu einem der bekanntesten und erfolgreichsten Schauspieler Dänemarks klingt selbst wie ein Drehbuch: Als sechsjähriges Flüchtlingskind kam Dar Salim aus dem Irak nach Dänemark, wo er nach Schulabschluss und dem Erwerb eines schwarzen Gürtels in Karate Berufssoldat wurde. Sein Arbeitsplatz: die königliche Leibgarde, unter anderem vor Schloss Amalienborg. Dar Salims eigentliches Berufsziel lautete jedoch: Pilot. Die teure Ausbildung finanzierte er sich mit Zusatzjobs als Koch auf einem Fischerboot, Geschäftsführer eines Sushi-Restaurants, Reiseleiter und Fitnesstrainer.
Und dann kam noch die Schauspielerei hinzu. 2003 ging Dar gemeinsam mit einem Freund zu einem Casting und wurde für die Fernsehserie „Forsvar“ engagiert. Parallel flog der Teufelskerl als Airbus-Pilot durch die Welt. Respekt! Es gibt durchaus langweiligere Lebensläufe im Filmgeschäft als jenen von Dar Salim.
Wie geht es beim Bremer „Tatort“ weiter?
Ende Oktober 2021 begannen die Dreharbeiten zu Fall drei, der den Arbeitstitel „Das Ende der Zuversicht“ trägt. Das ermittelnde Trio muss sich darin mit dem scheinbaren Selbstmord einer Frau beschäftigen, die psychisch gestört schien und Nachrichten vom Teufel erhielt. Mit der Zeit stellt sich allerdings heraus, dass dieser „Teufel“ noch andere Bremer Behausungen aufsucht. Bald beginnt ein Wettlauf mit der Zeit. Die Beschreibung des dritten Bremer Falles nach einem Drehbuch von Martina Mouchot, die den Kieler Ermittler Klaus Borowski (Axel Milberg) mitentwickelt hat, klingt nach düsterem Thrillerstoff.
Zu sehen sein soll der Film im Sommer 2022. Auch der Name der Regisseurin lässt aufhorchen. Anne Zohra Berrached hat sowohl das auf der Berlinale ausgezeichnete Schwangerschaftsdrama „24 Wochen“ (2016) mit Julia Jentsch und Bjarne Mädel inszeniert wie auch den vielleicht besten Furtwängler-„Tatort“ aller Zeiten: „Der Fall Holdt“ aus dem Jahr 2017. (tsch)