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„Bin kein verlängerter Arm“CDU-Politiker Linnemann geht vorsichtig auf Distanz zu Merz

Das geplante Milliarden-Paket für Verteidigung und Infrastruktur von Union und SPD stößt nicht nur bei den Grünen und Ökonomen auf Kritik. Selbst CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann zeigte sich bei „maybrit illner“ (ZDF) von Friedrich Merz' Position alles andere als überzeugt.

Noch bevor am 25. März der neue Bundestag erstmals zusammentrifft, wollen Union und die SPD ihr geplantes Milliarden-Paket für Verteidigung und Infrastruktur per Grundgesetzänderung durchbringen.

Dafür brauchen sie „ausgerechnet die Grünen“ und damit die Partei, die „von der Union lange beschimpft wurde“, wie Maybrit Illner zu Beginn ihrer Sendung zum Thema „Gute Schulden, schlechte Schulden - hat Merz sich verzockt?“ hinwies.

Franziska Brantner: „Was auf dem Tisch liegt, ist eine Mogelpackung“

Doch die legen sich quer - und dass der baldige Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) jetzt „in unnachahmlicher Art 50 Milliarden Euro für Klimaschutz aufgenommen hat“, wie Illner meinte, davon zeigte sich zumindest Parteivorsitzende Franziska Brantner (B'90/Die Grünen) in der ZDF-Talkshow am Donnerstag, 13. März, unbeeindruckt: Das Land und Europa brauchen moderne Infrastruktur, Sicherheit und Verteidigung sowie eine klimaneutrale Wirtschaft.

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„Was auf dem Tisch liegt, ist eine Mogelpackung“, kritisierte sie den aktuellen Vorschlag. Es gäbe keine Garantie, dass zusätzliche Projekte aus dem Sondervermögen finanziert werden würden.

Im Gegenteil: Es könnte sein, dass bereits geplante Projekte aus dem Haushalt herausgenommen und über die schuldenfinanzierte Infrastruktur finanziert würden. „Dann ist im Haushalt Platz für Wahlgeschenke.“ Steuersenkungen oder Mütter-Rente dürften nicht auf Pump finanziert werden, nannte sie Beispiele, „das ist nicht eine Frage von Fairness, sondern von Vernunft.“

Genau vor einem solchen „Verschiebebahnhof“ hatte Ökonom Moritz Schularick, Präsident „Kiel Insitut für Weltwirtschaft“ und Professor für Volkswirtschaftslehre, von Anfang an gewarnt. Mit drei Kollegen hatte er den Sondierern von SPD und Union einen großen Finanzplan empfohlen, ist mit dessen Umsetzung aber unzufrieden. Man müsste dieser Gefahr „einen Riegel vorschieben“, gab er sich jedoch zuversichtlich, dass man entsprechende Mechanismen einbauen könnte.

Franziska Brantner von den Grünen stellte klar: „Wir sind nicht bereit etwas durchzuwinken, obwohl wir wissen, dass es nicht gut fürs Land ist.“  (Bild: ZDF/Jule Roehr )

Franziska Brantner von den Grünen stellte klar: „Wir sind nicht bereit etwas durchzuwinken, obwohl wir wissen, dass es nicht gut fürs Land ist.“ (Bild: ZDF/Jule Roehr )

Dass auch Journalist und „The Pioneer'“-Herausgeber Gabor Steingart die Sorge der Grünen teilte („Mir gefällt Frau Brantner in der Opposition besser als Herr Habek in der Regierung“), überraschte weniger.

Doch als CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann (CDU) der Grünen-Politikerin „grundsätzlich recht“ gab, kam Illner kurz aus dem Konzept: „Haben Sie das Wort 'zusätzlich' vergessen, Herr Linnemann?“, hakte sie nach. Der berief sich auf den „gesunden Menschenverstand“: Wenn es sich um zusätzliches Geld handelte, dann könnte man nicht Konsumwünsche wie die Senkung der Mehrwertsteuer finanzieren, das wäre nur über den Haushalt möglich. „Meine Sorge ist, dass wir das Geld ausgeben und die Strukturreformen nicht kommen“, betonte er im Lauf der Sendung immer wieder. Letztere wären für ihn „der entscheidende Punkt“.

Linnemann: „Wenn wir die Strukturreform nicht machen, kriegen wir den Politikwechsel nicht hin“

Diese Aussage wäre das „glatte Gegenteil“ davon, was der Bundeskanzler in spe mit seinem Milliarden-Paket voller Schulden für Investition und Verteidigung auf den Tisch gelegt hatte, wunderte sich Illner. Ihm scheine es in erster Linie um die Finanzierung zu gehen - und erst nachgelagert um die Reformen.

„Er will auch die Strukturreform“, korrigierte Linnemann, und fügte hinzu: „Aber Frau Illner, ich bin kein verlängerter Arm und ich finde, wir brauchen eigenständige Persönlichkeiten“, ging der CDU-Politiker vorsichtig auf Distanz zu seinem Parteivorsitzenden. „Herr Merz hat mich als Generalsekretär geholt, weil ich so bin, wie ich bin.“

„Man muss den Acker erst pflügen, sodass er Wasser aufnehmen kann“, pochte auch Journalist Gabor Steingart auf Strukturreformen. (Bild: ZDF/Jule Roehr )

„Man muss den Acker erst pflügen, sodass er Wasser aufnehmen kann“, pochte auch Journalist Gabor Steingart auf Strukturreformen. (Bild: ZDF/Jule Roehr )

Dass sein Chef nach der Wahl „eine wundersame Wandlung“ (so Illner) hingelegt hätte und plötzlich Schulden aufnehmen wollte, wollte er nicht als Wählertäuschung oder Wortbruch verstanden wissen. Sorge bereitete ihm etwas Anderes: „Wenn wir die Strukturreform nicht machen, kriegen wir den Politikwechsel nicht hin“, warnte er, „wenn der nicht kommt, dann ist es ein Wortbruch“.

Die Ampel-Regierung hätte keine Vision, kein Ziel gehabt und hätte nur gestritten. Doch am meisten stießen ihm die „verkrusteten Strukturen“ auf - meinte Linnemann und holte zum Beweis ein Papier aus seiner Brusttasche. Ein Handwerker hätte ihn angerufen und sich über Leiterverordnung beschwert, bei der die Handwerker einmal pro Jahr die Leiter überprüfen müssen. „Warum machen wir so einen Quatsch?', konnte er das Misstrauen des Staats gegenüber den Bürgern nicht verstehen und unkte: „Wir verwalten uns kaputt in Deutschland und das war's dann mit dem Wohlstand!“

„Da ist im Sondierungspaket nichts drin“, mangelte es laut Brantner im Union-SPD-Papier genau an diesen Reformen. Es wäre ein „Rückwärtsspiegel“. Bei den großen Aufgaben stünden nur Versprechen und keiner wüsste, wo und wie das Geld dafür herkäme.

„Das Sondierungspapier atmet nicht diesen Geist, den Sie hier verbreiten“, kritisierte auch Eva Quadbeck, Chefredakteurin des „RND“, es mache da weiter, wo die Merkel-Regierung aufgehört hätte, nämlich dass „Schwarz-Rot ihre ideologischen Konflikte mit Geld aufschütten“.

Die Koalitionsverhandlungen hätten gerade erst begonnen, wollte Linnemann das nicht auf sich sitzen lassen und bezog sich auf den „engen Zeitplan: innerhalb von 10 Tagen muss der Politikwechsel aufgeschrieben und dann gemacht werden“.

Schularick: „Bei der Verteidigung haben wir nicht die Zeit, uns in Ruhe eine Staatsreform zu gönnen“

„Die Finanzmärkte sind im Moment zuversichtlich, dass das funktioniert“, verwies Gabor Steingart auf die Entwicklungen auf dem Kapitalmarkt seit der Wahl. Allerdings müsste man die Reihenfolge beachten, war er auf Linnemanns Seite: „Man muss den Acker erst pflügen, sodass er Wasser aufnehmen kann.“ Das Bild gelte für den Staat genauso: Statt sofort Geld aufzunehmen, plädierte er zuerst auf Reformierungen. Auch an anderer Stelle sprach er sich dafür aus, „Tempo rauszunehmen“: Das Sondervermögen sollte nicht mehr im alten Bundestag entschieden werden, sondern im Neuen ab dem 25. März. Das wäre zudem „politisch klug“, denn in den Umfragewerten würden Union und SPD schon jetzt verlieren, ergänzte seine Journalisten-Kollegin Quadbeck.

Bei „maybrit illner“ (von links) diskutierten Carsten Linnemann (CDU), Franziska Brantner (B'90/Die Grünen), Eva Quadbeck, Moritz Schularick und Gabor Steingart über die geplanten Schuldenpakete. (Bild: ZDF/Jule Roehr )

Bei „maybrit illner“ (von links) diskutierten Carsten Linnemann (CDU), Franziska Brantner (B'90/Die Grünen), Eva Quadbeck, Moritz Schularick und Gabor Steingart über die geplanten Schuldenpakete. (Bild: ZDF/Jule Roehr )

„Bei der Verteidigung haben wir nicht die Zeit, uns in Ruhe eine Staatsreform zu gönnen“, widersprach Ökonom Schularick, „da müssen wir schnell agieren.“ Er hatte Sorge, dass sich Europa in dieser historischen Situation, wo es auf eigenen Beinen stehen müsste, selbst das Bein stellte. Dabei entstünden durch neue Technologien gerade im Bereich der Verteidigung viele Möglichkeiten, bezog er sich auf eigene Wachstumsprognosen von 1,5 Prozent bis 2026. Würde man etwa in Forschung und Entwicklung investieren, hätte Deutschland und Europa echte Chancen - „Aber Sie haben das Spielgeld, das zu machen“, appellierte er an Linnemann und seine Partei, „der Ball liegt bei Ihnen“.

Brantner: „Wir sind nicht bereit etwas durchzuwinken, obwohl wir wissen, dass es nicht gut fürs Land ist“

„Das Verteidigungsthema ist brisant“, war sich Linnemann der Dringlichkeit bewusst, betonte aber: „Wir reden über das Gesamtpaket.“ Das wollten seiner Aussage nach nicht nur die 16 Länder, sondern vor allem Sondierungspartner SPD, wie deren Parteivorsitzender Lars Klingbeil im Bundestag deutlich gemacht hatte. „Die SPD sieht die Felle davonschwimmen: Alle schönen Wahlgeschenke sind nicht finanzierbar, wenn nicht beide Sonderausgaben auf einen Satz durch den Bundestag zu bringen sind“, kannte Quadbeck die „politischen, nicht inhaltlichen Gründe“ dafür.

Dieser Wunsch gerade seitens der Länder wäre berechtigt, zeigte sich Brantner kompromissbereit, „aber es muss ein gutes Gesamtpaket sein. Wir sind nicht bereit, etwas durchzuwinken, obwohl wir wissen, dass es nicht gut fürs Land ist.“ Deshalb hätten die Grünen einen Vorschlag gemacht, das Verteidigungsbudget zu beschließen - „damit wir eine Option haben, der alle zustimmen können“. Man wolle sich einigen, lenkte sie ein, „aber wenn es nicht klappt, ist das ein erster Schritt“.

Die Reform der Schuldenbremse könnte dann im neuen Bundestag mit der Linken gemacht werden, dafür brauche es aber Gespräche und vor allem ein Überdenken des Unvereinbarkeitsbeschlusses mit den Linken seitens der CDU. Dazu wollte sich Linnemann gar nicht äußern und hoffte, auf eine Einigung aus der Mitte des Parlaments: „Wir müssen das hinkriegen, wir sind zum Erfolg verdammt!“ Die Botschaft kam bei Brantner nicht gut an: „Unser Land kann so viel, macht was draus!“, richtete sie den Wunsch an Linnemann, „die Mentalität einfach mal umzuswitchen“. Wie so oft an diesem Abend gab ihr der CDU-Generalsekretär auch diesmal sofort recht. (tsch)