Das plötzliche Aus der Ampel-Regierung löste am Mittwochabend für ein politisches Beben aus. Bei „Markus Lanz“ musste Konstantin Kuhle zum Rauswurf von FDP-Kollege und Finanzminister Christian Lindner Stellung beziehen. Dabei geriet er nicht nur mit Lanz, sondern auch mit Anton Hofreiter aneinander.
„Das ist schäbig“FDP-Mann Kuhle wettert nach Ampel-Knall gegen Hofreiter
Rund drei Jahre nach dem Start der Ampel ist die Regierung nach vielen öffentlichen Streits endgültig am Ende. Bundeskanzler Olaf Scholz sorgte am Mittwochabend für ein politisches Beben, als er verkündete, dass Christian Lindner vom Bundespräsidenten entlassen werde, „um Schaden von unserem Land abzuwenden“. Harte Worte, gegen die sich der Finanzminister in einem eigenen Statement wehrte und dem Kanzler gleichzeitig fehlende Stärke unterstellte.
„Das ist denkwürdig. So habe ich das auch noch nicht erlebt“, stellte Journalistin Kerstin Münstermann bei „Markus Lanz“ klar. Ähnlich sah dies auch „stern“-Chefredakteur Gregor Peter Schmitz, der sich vom Ton der beiden Politiker und dem harten Ende der Koalition „überrascht“ zeigte. Münstermann nickte und ergänzte, dass besonders Olaf Scholz in seiner aktuellen Rede „einen sehr, sehr entschlossenen, sehr harschen, sehr verletzenden Ton gefunden“ habe und den Bundesfinanzminister zum Sündenbock erklärte.
Konstantin Kuhle stellt sich hinter Christian Lindner: „Das ist doch keine Provokation“
FDP-Politiker Konstantin Kuhle konterte darauf emotionslos, dass er „immer jemand gewesen“ sei, „der zu dieser Regierung gestanden hat. Es hat sich aber in den letzten Monaten immer mehr herauskristallisiert, dass diese Regierung zu den wirtschaftspolitischen Entscheidungen, die unser Land jetzt braucht, nicht in der Lage ist“.
Der FDP-Mann sei daher „froh, dass es jetzt endlich Klarheit gibt“. Als er weiter erklärte, dass „bereits seit vielen Monaten (...) über ein mögliches Ende dieser Regierungskonstellation diskutiert“ werde, wollte Markus Lanz wissen, was nun zum plötzlichen Bruch geführt habe.
Konstantin Kuhle erklärte daraufhin, dass sich die Diskussion innerhalb der Ampel seit Freitag „so weit zugespitzt“ habe, „dass in den letzten Tagen immer klarer geworden ist: Deutschland braucht jetzt eine Entscheidung“ – besonders, wenn es um das Thema Wirtschaftswachstum gehe.
Der zugeschaltete Grünen-Politiker Anton Hofreiter reagierte daraufhin skeptisch und unterstellte Christian Lindner, bewusste den Bruch der Regierung herbeigeführt zu haben. „In einer ganz schwierigen Phase für unser Land hat er versucht, so zu provozieren, dass die anderen sagen, ‚Es geht nicht mehr, man hält es nicht mehr aus mit ihm‘“, warf Hofreiter dem geschassten Lindner vor. Er ergänzte wütend: „Immer wenn es kompliziert wird, immer wenn es um Verantwortung geht, läuft er davon.“
Grund genug für Markus Lanz, bei Konstantin Kuhle nachzuhaken, ob Christian Lindner bewusst mit seinen Wirtschaftsplänen provozieren wollte. Konstantin Kuhle wiegelte ab: „Wieso ist das eine Provokation, wenn der Bundesfinanzminister aufschreibt, was im Land passieren muss? Das ist doch keine Provokation!“
Kerstin Münstermann konterte daraufhin: „Das kam ja nicht aus dem luftleeren Raum. Christian Lindner hat die Woche davor (...) Interviews gegeben, wo er seinem Chef - also dem Bundeskanzler – ja schon sozusagen unterstellt hat, er könne es nicht.“ Münstermann weiter: „Und dann kommt am Freitag ein Papier (...), das sind nicht nur ein paar Ideen, (...) das liest sich wie ein Wahlprogramm! Und es waren Dinge drin, von denen Lindner wusste, das wird nie und nimmer mit dieser SPD und diesen Grünen zu machen sein.“
Anton Hofreiter: Lindner war „die Partei-Taktik der FDP wichtiger als Frieden und Sicherheit“
Markus Lanz behauptete daraufhin, gehört zu haben, dass die FDP bereits vor dem Rauswurf von Christian Lindner heimlich geplant habe, zum Ende der Woche aus der Regierung auszusteigen. Konstantin Kuhle hakte überrascht nach: „Wer hat das geplant?“
Lanz unterstellte dem Politiker, genau über die Pläne Bescheid gewusst zu haben und sagte: „Wenn ich Ihr Gesicht so sehe, würde ich sagen, Sie wissen mehr.“ Der FDP-Mann schüttelte dennoch weiter mit dem Kopf und sagte, er habe „keine Kenntnis“ darüber gehabt. Stattdessen sei „innerhalb der FDP (...) seit Monaten über diese Koalition diskutiert“ worden – besonders darüber, „welche wirtschaftspolitischen Maßnahmen braucht das Land“.
Eine Aussage, die Grünen-Politiker Anton Hofreiter prompt widerlegen musste. Er stellte klar, dass das Ampel-Aus nichts mit wirtschaftlichen Maßnahmen oder dem Bürokratieabbau zu tun gehabt habe. Stattdessen sei es um die zentrale Frage gegangen, ob die Koalition dazu bereit sei, „in einer Lage, wo ein Donald Trump Präsident wird, (...) staatspolitische Verantwortung zu übernehmen“.
Streng stellte Hofreiter fest: „Dafür braucht man deutlich mehr Geld, denn wir wissen nicht, ob die USA bereit ist, weiter eine so große Last für die Verteidigung von Sicherheit und Frieden in Europa zu tragen.“ Laut des Grünen-Politikers sei Christian Lindner in dieser Auseinandersetzung jedoch „die Partei-Taktik und die Ideologie der FDP wichtiger als Frieden und Sicherheit in Europa“ gewesen.
Das wollte Konstantin Kuhle nicht unkommentiert lassen konnte. Er stellte wütend klar, dass Olaf Scholz derjenige gewesen sei, der bei der Hilfe für die Ukraine immer wieder lange gezögert habe. „Da waren sich Grüne und FDP immer einig. Uns jetzt das Thema Ukraine um den Hals zu hängen, das ist schäbig und das lasse ich nicht gelten“, erzürnte sich Kuhle. Der FDP-Mann wetterte weiter, dass die Ampel sicher „nicht an drei Milliarden für die Ukraine gescheitert“ sei. Hofreiter konterte unbeeindruckt, dass es „für die Sicherheit Europas (...) um deutlich mehr Geld“ gehe und Kuhle nur versuche, den Menschen mit der Zahl „Sand in die Augen“ zu reiben. (tsch)