Der ehemalige DSDS-Finalist Mike Leon Grosch spricht im EXPRESS-Interview über die dunklen Stunden, als er ganz unten war, über seine große Liebe und wie die Pandemie-Zeit für ihn den Erfolg zurückbrachte.
Mike Leon GroschEx-DSDS-Star war ganz unten: „Meine Hilferufe wollte niemand hören!“
Was ist das für eine Karriere! 2005 legte Mike Leon Grosch (47), damals Zweiter bei DSDS, einen Raketenstart hin. Doch fast so schnell folgte die Bruchlandung. Er wurde sogar in Köln als Flaschensammler gesichtet. Doch wie es so sein kann: neue Frau, neues Glück. Plötzlich ist der Kölner wieder oben.
Sein neues Album „Tief“ ist in den Charts, seine Single „Du bist alles“ können alle mitsingen, er ist in den TV- und Live-Schlagershows. Wie alles kam, was er gelernt hat – das erzählt er im großen Interview bei EXPRESS.de.
Mike Leon Grosch: Ein Jahr nach DSDS stürzte das Luftschloss ein
Da, wo Sie jetzt sind, waren Sie vor 17 Jahren schon mal: Sie waren Finalist bei DSDS, wurden als Superstar gefeiert – doch dann stürzten Sie fast ins Bodenlose ab …
Mike Leon Grosch: Ja, eine schlimme Zeit. Schon ein Jahr nach dem Superstar-Abenteuer krähte kein Hahn mehr nach mir, das Luftschloss war eingestürzt.
Schiss, dass Ihnen so etwas jetzt wieder passiert?
Mike Leon Grosch: Ich habe keine Angst, dass es wieder so wird, heute ist alles anders. Denn das, was jetzt ist, kam diesmal für mich nicht über Nacht, ich habe es mir erarbeitet. Und vor allem habe ich kein neues Luftschloss geschaffen.
Woher kommt Ihre neue Gelassenheit?
Mike Leon Grosch: Ich lasse mir nicht mehr reinreden, mich nicht mehr fremdbestimmen. Ich bin zum Autodidakt geworden. Das ist ja das, was man uns Casting-Leuten vorgeworfen hat – dass wir keine Basis-Arbeit gemacht haben. Es hieß, dass wir keine richtigen Musiker seien, sondern Leute mit viel Talent, aber wenig Ahnung. Wir würden durch eine Maschine gelenkt, die uns selbst alles abnähme. Das sei anders als bei den Musikern und Bands, die sich jahrelang mühsam nach vorne gearbeitet und so ihre Fans an sich gebunden hätten.
Sie haben Fans und Kritiker gerade mit Ihrem neuen Album „Tief“ positiv überrascht. Was war da anders?
Mike Leon Grosch: Ich habe mich da zum ersten Mal auf mich selbst verlassen. Bis dahin war ich ausschließlich Interpret, habe das gesungen, was andere mir geschrieben haben. Eigentlich hatte ich mich damit auch wohlgefühlt, wollte das deswegen auch bei Tief beibehalten. So habe ich namhafte Songwriter um Texte für mich gebeten. Doch was zurückkam, fühlte sich nicht mehr gut für mich an, es war nicht mehr meine Sprache.
Also haben Sie das Heft selbst in die Hand genommen?
Mike Leon Grosch: Ja, ich habe meine Frau dazu geholt, wir haben gemeinsam geschrieben, was uns gerade bewegte. Wir haben vieles, was wir erlebt haben, verarbeitet. Und da wir beide schon über 40 sind, und das Leben es uns nicht immer leicht gemacht hat, wurde es nicht nur lustig-locker, sondern auch sehr ernst und tief.
In welchem Song erkennt man Sie am besten?
Mike Leon Grosch: Eine Sonderstellung hat „Meine Wahl“, die erste Auskoppelung, in der es um meine Selbstzweifel geht. Wie oft hab ich mich schon selbst gehasst, mich zerstört, für was ich bin. Mich im Kreis gedreht, nach Liebe geschrien: „Was ist nur los, tief in mir drin?“ Ansonsten möchte ich kein Stück rausnehmen. Das Album ist wie ein Puzzle: Erst wenn die Teile zusammengefügt sind, ist das Bild perfekt.
Wenn man die Zeit kennt, in der Sie tief unten waren, versteht man die Lieder noch besser. Dazu gehört, dass Sie sich als Flaschensammler über Wasser hielten. Was war da los?
Mike Leon Grosch: Ich hatte Anfang der 2010er Jahre berufliche Flops hingelegt, war finanziell am Boden, hatte keinen Cent in der Tasche. Als nichts mehr ging, habe ich mir jeden Abend Mütze und Kapuze aufgezogen, bin zum Aachener Weiher geradelt und habe die Flaschen gesammelt. Das waren dann um die 20 Euro, genug für ein warmes Essen und Kippen.
Das wurde sogar zur EXPRESS-Schlagzeile. Wie hat die Umwelt reagiert?
Mike Leon Grosch: Ich habe was Interessantes gelernt. Wenn du eine gewisse Berühmtheit erlangt hast und es dir dann schlecht geht, will das keiner hören. Sie fragen dich, wie es dir geht, du sagst „Beschissen!“, und sie ignorieren das. Es waren meine Hilferufe – aber keiner wollte helfen.
Wie sind Sie da rausgekommen?
Mike Leon Grosch: Es war die richtige Idee im richtigen Moment – ich wurde Hochzeitssänger. Das fing ganz klein an, ich sang nur bei den Trauungen, doch dann kamen die Eröffnungstänze und Partys dazu. Es ging wieder bergauf.
Hier an unserer EXPRESS.de-Umfrage teilnehmen:
2018 kam Ihre spätere Frau Daniela in Ihr Leben – waren das schon finanziell bessere Zeiten?
Mike Leon Grosch: Ich war immer noch arm wie eine Kirchenmaus. Ich habe in Elsdorf im Bergischen gelebt. Immer, wenn ich zu Daniela fuhr, bin ich im Leerlauf den Berg runtergerollt, um Sprit zu sparen. Als ich zu Daniela und den Kindern nach Niehl zog, haben uns ihre Eltern Einkaufstüten mit Lebensmitteln vor die Tür gestellt, weil wir nichts hatten. Aber dann – komischerweise während der Pandemie – änderte sich unser Leben.
Das klingt ja schon mal gut ...
Mike Leon Grosch: Da wir nicht raus durften, hatten wir viel Zeit, um Pläne zu schmieden. Dann rief überraschend mein damaliger Produzent an: „Es kann doch nicht sein, dass du nur noch unter der Dusche und auf Hochzeiten singst. Du bist dazu viel zu gut. Deine Stimme muss gehört werden. Komm ins Studio, ich habe da eine Idee…“
Die Idee war eine neue Single?
Mike Leon Grosch: Ja, es ging um den Titel „Wunderschön“, und der schlug ein, und das, obwohl wir wegen Corona keine Auftritte hatten. Neuneinhalb Monate später kam „Nicht mal eine Stunde“, noch ein Erfolg. Doch richtig gecheckt, was ich da losgetreten habe, habe ich es erst, als es wieder mit Publikum losging. Live auftreten ist meine Welt – es beflügelt mich, wenn alle die Songs mitsingen, die ich mit meiner Frau auf der Couch geschrieben habe.
Frage an Daniela, die gerade dazu gekommen ist: Auf dem neuen Video „Du bist alles“ sind Sie mit Mike gemeinsam auf der Bühne. Blut geleckt?
Daniela: Um Gottes willen, nein. Für mich ist ein Auftritt Aufregung pur, ich bin froh, wenn ich das geschafft habe, ohne zu stolpern und hinzufallen. Ich fühle mich hinter der Bühne am wohlsten.
Zu Ihrer Familie gehören drei Kinder von neun bis 20 Jahren. Würden die gern mit Papa auftreten?
Mike Leon Grosch: Daran ist nicht ein Kind interessiert. Am Anfang wollten sie mal gucken – inzwischen bleiben sie lieber zu Hause oder bei ihren Freunden und Kumpels. Das finde ich sehr in Ordnung. Das Showgeschäft ist nichts für Kinder.
Mike Leon Grosch: Vom Handyladen auf die DSDS-Bühne
Mike Leon Grosch (geboren am 2. November 1976 in Wuppertal) machte sein Abi und arbeitete dann als Vertriebsbeauftragter in einem Handy-Betrieb. 2005/2006 belegte er den zweiten Platz bei der dritten Staffel „Deutschland sucht den Superstar“. Mit den Singles „Don't Let It Get You Down“ und „Confessional“ aus dem Album „Absolute“ feierte er Erfolge, doch 2006 wurde der Plattenvertrag wieder gekündigt.
Von 2009 bis 2010 machte er ein Volontariat bei Radio Antenne Aachen. 2016 erlitt er zwei Herzinfarkte. 2019 machte er bei „Das Supertalent“ mit. 2021 folgte das Album „Wenn wir uns wiedersehen“. Im Oktober 2021 heiratete er seine Daniela. Er hat eine Tochter (9) aus erster Ehe. Ehefrau Daniela brachte zwei Kinder aus ihrer ersten Ehe mit. Die Familie wohnt in Köln.