Deutschlands gerissenster BetrügerSeine Frau wartete bewaffnet auf seine Rückkehr
Köln/Dachau – Mit kariertem Hemd, schwarzen Slippern und einer teuren Uhr am Handgelenk steht Christian Zahner (40) vor dem Kölner Maritim Hotel. Sympathisch, lächelnd und irgendwie vertrauenswürdig. Heute mag das stimmen, früher nicht.
Denn bis vor einigen Jahren war Zahner der wohl gerissenste Betrüger Deutschlands! Er trickste Banken aus, hinterging Drogenhändler und stahl Diamanten. So finanzierte sich Zahner rund 13 Jahre lang seine Drogensucht.
Jahrelang wurde er nicht erwischt, machte riesige Summen Geld – und verprasste sie direkt wieder. „Als ich im März 2011 in Holland verhaftet wurde, hatte ich nicht mal mehr fünf Euro“, erzählt Zahner.
Deutschlands gerisstenster Betrüger Christian Zahner packt über Vergangenheit aus
Im EXPRESS packt er über einige seiner größten Coups aus.
In Holland bekam Zahner den Spitznamen „Der Zuckermann“ verpasst. Der Grund: Er zockte Kokain von Drogenbossen ab, indem er es in einem unbeobachteten Moment gegen Zucker austauschte. Da braucht man wohl die berühmten „Eier“, zumal er die Masche immer und immer wieder durchzog. Zahner: „Angst? Das Gefühl kenne ich nicht. Und wenn du Heroin brauchst, hast du sowieso keine Hemmungen mehr.“ Außerdem gilt: Ein beklauter Drogendealer geht wohl kaum zur Polizei.
Wie Zahner reagierte, als ihm einer der betrogenen Gangster eine Waffe an den Kopf hielt, erfahren Sie oben im Video.
Im Gespräch mit EXPRESS verrät Zahner zwei weitere „erfolgreiche“ Tricks. „In Berlin habe ich mich mit falschen Gehaltsnachweisen und spanischem Akzent bei einer Bank als Kinderarzt ausgegeben.“ Dazu ein paar Lügen über angebliche Geschäfte, ein Leasing-Vertrag für ein Luxus-Auto und eine ganze Menge Charme – so erschlich er sich einen fünfstelligen Kredit.
In Wien zockten er und seine heutige Frau Anna ein wohlhabendes Pärchen ab. „Meine Frau hat einen polnischen Ausweis, da steht 'Polski' drauf. Das 'ski' habe ich zugehalten, mich als Polizist ausgegeben.“
Seine Frau hatte die Leute vorher nach einem Glas Wasser gefragt – die „Eintrittskarte“ für den Betrug. Zahner: „Ich sagte, die Polizei sucht eine junge Frau, die zu einer Diebesbande gehört. Diese tausche bei ahnungslosen Leuten echtes gegen Falschgeld aus.“
Nach einem gefakten „Falschgeld-Test“ mit einem normalen Filzstift übergab das Paar dem vermeintlichen Polizisten das Geld zur „Beweisaufnahme“. Und sah es nie wieder. Ein Betrüger profitiert eben auch immer von der Gutgläubigkeit anderer.
Zahner: „Das Wichtigste ist: Du musst den Mist, den du anderen erzählst, selber glauben.“
Wann immer das Geld für Drogen knapp wurde, zog Zahner wieder los um neues zu besorgen. Am schnellsten sei es in Schmuck- oder Uhrenläden gegangen. Mehrere Artikel angeschaut und anprobiert und eine Uhr unter dem Hemd versteckt, als der Verkäufer weitere holte. Kurz darauf klingelte es in der Kasse.
Christian Zahner: Frau saß mit Waffe im Wohnzimmer
Anfangs ging er gemeinsam mit seiner heutigen Frau los, als es später um höhere Summen und gefährlichere Taten ging, alleine. „Wenn ich unterwegs war, saß meine Frau mit geladener Waffe im Wohnzimmer“, sagt er.
Denn ständig bestand die Gefahr, aufzufliegen. In Holland habe er sich mit Gangstern eine wilde Verfolgungsjagd bis zum Meer geliefert. Inklusive Schießerei. „Wir waren oft in brenzligen Situationen“, so Zahner.
Heute betrüge er nicht mehr, sagt er. „Wenn du ein guter Betrüger bist, bist du auch ein guter Geschäftsmann. Aber legal.“
Seine Polizeiakte ist 25 Seiten dick, ein Betrugsdelikt folgt auf das andere. Heute ist Zahner aber – so sagt er – geläutert, hat das Betrügen hinter sich gelassen. Er hat drei Kinder, lebt mit seiner Frau Anna in einem schicken Haus, investiert in Immobilien, fährt Porsche. Und das wichtigste: Er ist drogenfrei.
Bereut er etwas? „Gar nichts“, sagt Zahner. „Ohne die Geschichte, die ich erlebt habe, wäre ich nicht der, der ich bin. Ich habe nie eine Oma um ihr Erspartes gebracht. Aber wenn ich eine Bank abgezockt habe, fand ich das Gefühl schön.“
Christian Zahner: Viel Betrug, wenig Knast
Gebüßt hat er für seine Betrügereien übrigens nicht wirklich, obwohl er geschnappt wurde. Doch aus dem Knast kam er nach kurzer Zeit wieder raus. „Das ist eigentlich gar nix. Ich habe zwei Jahre gehabt, aber nach zwei Monaten wurde mir eine Therapie bewilligt“, so Zahner. Trotzdem habe ihm das geholfen clean zu werden, sich zu ändern.
Zuletzt half er der Familie der kleinen Hanna. Ein schwerkrankes Mädchen, das ein zwei Millionen Euro teures Medikament braucht.
Seine Lebensgeschichte hat er im Buch „Der Zuckermann“ (Musketierverlag, 262 Seiten, 20 Euro) aufgeschrieben.