„Wo ist da ein Problem?”Vanessa Mai über die gewisse Portion Sex
Köln – Gerade mal etwas über 1,60 Meter groß – aber was für ein Power-Paket! Vanessa Mai (27), eine der Großen und mit dabei im deutschen Schlager-Olymp, in dem Helene Fischer und Andrea Berg zwar den Ton angeben, sie aber unüberhör- und -sehbar ist.
Gerade ist sie mit ihrem Album „Für immer“ in den Charts, startet mit ihrer neuen Single „Forever“ zum Höhenflug und bereitet sich für eine neue Tour vor. Kurz vor den Kontaktverboten wegen der Corona-Krise haben wir sie getroffen.
Wie hat sich durch Corona Ihr tägliches Leben verändert?Vanessa Mai: Ich lebe und handele bewusster, bin natürlich daheim und versuche da soweit wie möglich Sport zu machen, mich mit Musik zu beschäftigen und Ideen für meine Tournee – die hoffentlich im Oktober beginnen kann – aufzuschreiben. Ich bin ja privilegiert, als junge Frau in einer recht großen Wohnung, mit Mann und Hund. Ich denke aber sehr oft an die Menschen, die einfach jeden Morgen raus müssen, weil sie in Krankenhäusern, als Postzusteller oder in Supermärkten arbeiten. Das sind für mich die Helden.
Sie haben vor 20 Jahren – als Siebenjährige – erstmals vor Publikum gesungen. Warum feiern Sie kein 20-Jähriges?Weil ich von dem Jahr an zähle, in dem ich begonnen habe, professionell Musik zu machen – und das war 2012. Aber es stimmt, dass die Grundlagen vor 20 Jahren gelegt worden sind. Es lag alles an Papa. Er spielte mit seiner Band in einem Hotel in Aspach, hob mich auf die Bühne und ich schmetterte „Er gehört zu mir“ von Marianne Rosenberg und „Schuld war nur der Bossa Nova“ von Manuela.
War Mama auch begeistert?Klar. Obwohl sie nicht sehr musikalisch war, war sie ungeheuer stolz. Später war sie die Erste, die mich davon überzeugte, mal woanders, zum Beispiel bei Stadtfesten, aufzutreten. Sie wurde die erste treibende Kraft meiner Karriere. Mama hat mich sogar zu einem Gesangswettbewerb angemeldet, worüber ich erst nicht begeistert war – doch dadurch ist alles ins Rollen gekommen.
Sie ernten gerade für Ihr Album „Für immer“ viel Lob, und immer wieder taucht die Frage auf, wo ordnet man Sie ein – machen Sie Popmusik oder Schlager? Ich definiere das schon lange nicht mehr. Ich glaube, dass ich mit jedem Song jemand anderen erreiche, und das ist schön so. Vielleicht ist Pop-Schlager der beste Begriff. Ich liebe es, einfach zur Gitarre zu singen, wie bei „Spiegel, Spiegel“, das dem Deutsch-Pop zugerechnet wird. Aber ich liebe auch typische Schlager wie „Venedig“. Und die neue Single „Forever“ ist wieder was anderes.
Auffallend ist der berührende Song „Nur mit dir zusammen“, den Sie mit „Tatort“-Star Axel Prahl singen…… den haben wir auch in unserem gemeinsamen Film gesungen, der im Januar in der ARD zu sehen war. Beim Dreh merkte ich, dass Axel ein toller Musiker ist, ich habe ihn dann mit allem Respekt gefragt, ob er auf meinem Album dabei sein will. Er hat sofort zugestimmt. Eine tolle Auszeichnung für mich.
In sozialen Medien werden neue Alben häufig mit einer Portion Sex verkauft, oft werden freizügige Fotos gepostet und heiß diskutiert. Sie sind da keine Ausnahme. Warum?Ich poste meine Bilder nicht, um auf irgendwelche neuen Veröffentlichungen aufmerksam zu machen, das würde sowieso nicht klappen. Ich poste die Fotos nach dem, was ich gerade empfinde, was ich persönlich gut finde und von denen ich glaube, dass das meine Fans auch tun. Wo ist da ein Problem? Wir leben in einer Welt, in der es nichts Böses ist, eine Bluse zu tragen, bei der man das Dekolleté sieht. Wenn Menschen das anders sehen, ist das ihr Problem.
Bei unserem letzten Treffen sagten Sie, 2019 soll das beste Jahr Ihres Lebens werden. Jetzt stellen Sie im Booklet von „Für immer“ fest, dass Sie in dem Jahr alles auf den Kopf gestellt und vieles neu begonnen haben. Was ist passiert?Ich war bis dahin besessen von Karriere, wollte Platin-Preise, Nr. 1-Alben, neue Rekorde. Das hat immer mehr Raum in meinem Kopf eingenommen, plötzlich fühlte ich mich wie im Hamsterrad. Ich hatte mich ein bisschen verloren und habe nicht mehr klar gesehen, bis ich merkte, dass das völliger Quatsch für mich ist. Ich sorgte dafür, dass es kein verlorenes, sondern das beste Jahr meines beruflichen Lebens wurde. Ich habe viel gelernt und vieles verändert.
Was zum Beispiel?Ich habe ein Album fertiggestellt und gleich danach wieder in die Tonne getreten, weil ich festgestellt hatte, dass die neuen Songs nichts mehr mit mir zu tun hatten. Das war nicht mein Leben, um das es da ging. Die Songs haben das widergespiegelt, was ich mit den Menschen erlebt habe, die ich nicht mehr in meinem Leben haben wollte, die mir nicht guttaten, also meist Geschäftspartner, die andere Interessen und andere Ansichten als ich hatten.
Ihr Mann ist auch Ihr Manager. Bei vielen steht der Manager, der für die Karriere da ist, dem Ehemann im Weg, dem es ja ums Privatleben geht…Wir sind miteinander so vertraut, dass es da keine Missverständnisse gibt. Wir haben ein gesundes Maß und sind gleich gepolt. Wir möchten beide, dass ich voran komme, aber das nicht um jeden Preis.
Wie ist es, wenn Sie mal keine Lust haben, auf der Bühne zu singen?Das kenne ich nicht. Wenn ich weiß, dass ich den Job machen muss, bin ich gut drauf. Es gibt nicht den Moment, in dem ich denke: „Heute bin ich so unglücklich. Da habe ich keine Lust, über die Liebe zu singen.“
Läuft alles nach Plan, starten Sie am 2. Oktober Ihre Tournee in Köln. Ist Köln gut für Sie?Ja klar. Ich habe hier während meiner Zeit bei DSDS viele Stunden verbracht, es ist meine zweite Heimat geworden. Und ich weiß, dass die Rheinländer zu begeistern sind. Das Rheinland ist was Besonderes, da weiß man, wie man feiert.
Vanesse Mai ist mit ihrem Manager verheiratet
Vanessa Mai (geboren am 2. Mai 1992 in Backnang) machte eine Berufsausbildung als Mediengestalterin. 2008 war sie Mitglied von „Getting Craz’d“ (Deutscher Hip-Hop-Meister). Von 2012 bis 2015 sang sie in der Schlagerband Wolkenfrei.
2016 war sie in der Jury von „Deutschland sucht den Superstar“, 2017 belegte sie in der RTL-Sendung „Let’s Dance“ den zweiten Platz.
Im Januar ist ihr sechstes Studio-Album „Für immer“ auf den Markt gekommen. Seit 2017 ist sie mit ihrem Manager Andreas Ferber, Stiefsohn von Andrea Berg, verheiratet.