In das neue Jahr sind viele Menschen mit guten Vorsätzen gestartet. Sie auch? Und, halten Sie noch? Warum es wichtig ist, Gewohnheiten zu verstehen, und was dabei hilft, sich neue zuzulegen.
MotivationWie man seine Neujahrsvorsätze einhält
Sich besser ernähren, nicht mehr rasen beim Autofahren, weniger Zeit in den sozialen Medien verschwenden, mehr Sport machen: In das neue Jahr sind viele Menschen mit guten Vorsätzen gestartet. Und nicht wenige merken nach einiger Zeit, dass es gar nicht so einfach ist, das im Alltag umzusetzen.
Was hilft? Um herauszufinden, was es braucht, um schlechte Angewohnheiten abzulegen und das Verhalten dauerhaft zu ändern, wertete der Psychologe Benjamin Gardner von der Universität Surrey in Großbritannien mit Forscherinnen verschiedene Studien aus. In ihrem Artikel entkräften sie einen weit verbreiteten Mythos.
Wenn, dann? Verstehen, wie Gewohnheiten funktionieren
Häufig wird angenommen: Wenn der neue Vorsatz erst mal zur Gewohnheit geworden ist, dann ist es leichter, das neue Verhalten beizubehalten - ungefähr wie die Routine, morgens nach dem Aufstehen zu duschen, wobei man quasi automatisch das Wasser aufdreht und sich wäscht.
Doch: Um Gewohnheiten zu ändern, abzustellen und sich neue zuzulegen, muss man verstehen, wie Gewohnheiten funktionieren.
Gewohnheiten seien nichts, was durch einen äußeren Reiz hervorgerufen und dann unwiderruflich ausgeführt werden müsse, so die Forschenden. Vielmehr rufe ein Reiz aus der Umgebung den Impuls hervor, eine Handlung auszuführen. Also: Der Wecker klingelt und setzt den Reiz. Der Impuls ist der Drang, Duschen zu gehen. Die Handlung ist das Waschen des Körpers.
Was wir wirklich brauchen, um Gewohnheiten zu ändern
Menschen können eine Gewohnheitshandlung jederzeit unterbrechen und durch eine bewusste Handlung ersetzen. Selbst wenn man seinen Körper jeden Tag auf die gleiche Weise quasi automatisch wäscht, ist es immer möglich, zum Beispiel die Geschwindigkeit oder die Reihenfolge dieser Handlung zu ändern oder das Duschen ganz ausfallen zu lassen.
Das zeigt: Menschen sind fähig, ihre Handlungen aktiv zu steuern – Motivation ist dabei der Schlüssel. Denn die Bildung von Gewohnheiten könne zwar zur Aufrechterhaltung eines Verhaltens beitragen, schreiben die Forschenden, sei aber „weder notwendig noch ausreichend (...), um eine Verhaltensänderung in der realen Welt zu unterstützen“.
Das bedeutet: Wenn man bestimmte Impulse meidet, um eine Angewohnheit zu unterbrechen, reicht das womöglich nicht aus.
Ersetzen statt vermeiden
Wenn jemand etwa die Gewohnheit habe, das Smartphone bei jeder Benachrichtigung zu überprüfen, greife er automatisch zum Gerät, wenn eine Nachricht eingeht. Das geschehe quasi unbewusst, „da der Reiz direkt in eine gewohnheitsmäßige Verhaltensreaktion übersetzt wird“. Wer dann versuche, „nicht auf Benachrichtigungen zu reagieren, wird wahrscheinlich ein zunehmend starkes, bewusstes Verlangen verspüren, das Gerät trotzdem zu überprüfen“.
Das bedeutet: Rückfallgefahr. Denn solche Unterbrechungsstrategien werden „nur bei Menschen zu einer sinnvollen Verhaltensänderung führen, die motiviert und in der Lage sind, in kritischen Momenten entgegen ihren „schlechten“ Gewohnheiten zu handeln“, schreiben die Wissenschaftler. „Eine Person, die zum Beispiel die nächtliche Nutzung sozialer Medien zunächst unterbindet, wird wahrscheinlich rückfällig, wenn sie weiterhin Freude an diesem Verhalten hat.“
Was funktionieren kann: die Verfügbarkeit sozialer Medien zu verringern, beispielsweise durch das Entfernen von Apps vom Startbildschirm oder das Festlegen bestimmter Nutzungszeiten. Das könne dazu beitragen, unerwünschte Gewohnheiten zu durchbrechen und alternative Verhaltensweisen zu etablieren.
Man kann auch alternative Verhaltensweisen etablieren, indem man eine schlechte durch eine bessere Angewohnheit ersetzt. Beispiel: Naschkatzen können sich angewöhnen, nur noch gesunde Snacks zu kaufen. Und ihr Verlangen nach Snacks damit stillen und sich zugleich besser zu ernähren. Da die beiden Verhaltensweisen aufeinander aufbauen, sollte das „zukünftige Rückfälle in unerwünschte Gewohnheiten minimieren“, so die Forschenden.
Wissen, warum man es macht
Es geht also nicht nur um das Was, sondern um das Wie und vor allem um das Warum, das uns motiviert: Warum möchte ich etwas ändern? Denn eine gewisse Grundmotivation ist notwendig, um eine Gewohnheit langfristig aufrechtzuerhalten.
Die Psychologin und Psychotherapeutin Stefanie Stahl rät, sich zu fragen: „Was treibt dich wirklich an? Verbinde deinen Vorsatz mit einem Gefühl oder einer Vision. Stelle dir vor, wie es sich anfühlen wird, dein Ziel zu erreichen. Dieses positive Bild gibt dir die Kraft, dranzubleiben.“ Manchmal helfe es auch, die möglichen negativen Konsequenzen zu durchdenken und sich zu fragen: „Wie fühle ich mich, wenn ich nichts ändere?“
Bei der Umsetzung komme es darauf an, sich nicht zu viel vorzunehmen, sondern realistische Ziele zu setzen und sie in kleine Etappen aufzuteilen. „Ein Beispiel: Statt jeden Tag Sport treiben zu wollen, beginne mit zwei festen Tagen pro Woche. So ist die Hürde geringer und Erfolge motivieren dich, weiterzumachen.“
Und wenn es doch nicht klappt?
Selbst mit den besten Vorsätzen kann es passieren, dass man ins Straucheln gerät. Das ist ganz normal und sollte nicht entmutigen oder gar demotivieren: „Abweichungen vom gewünschten Verhalten sollten nicht als unverzeihliche Fehler gesehen werden“, schreibt Forscher Gardner.
„Wenn wir uns für kleine Fehler verurteilen, blockieren wir uns selbst“, sagt auch Psychologin Stahl. „Es ist normal, dass Veränderungen Zeit brauchen. Es ist okay, nicht jeden Tag perfekt zu sein. Wichtig ist nur, dass du immer wieder die Richtung einschlägst, die dir wichtig ist – Schritt für Schritt.“ (dpa)