Bürgergeld statt Hartz IVWie viel Geld gibt's mehr? Wie hoch werden die Leistungen? Die Übersicht

Ab Januar soll das neue Bürgergeld das bisherige Hartz-IV-System ablösen. Unser Foto zeigt ein Jobcenter in Sangerhausen (Sachsen-Anhalt).

Ab Januar soll das neue Bürgergeld das bisherige Hartz-IV-System ablösen. Unser Foto zeigt ein Jobcenter in Sangerhausen (Sachsen-Anhalt).

Ab dem 1. Januar ist es so weit: Aus Hartz IV wird Bürgergeld. Das Bundeskabinett hat das Bürgergeld-Gesetz gebilligt, nun werden die bisherigen Leistungen erhöht - es gibt mehr Geld und mehr Hilfen. Die wichtigsten Punkte im Überblick.

Das Hartz-IV-System soll bald der Vergangenheit angehören, ab 2023 heißt es: Bürgergeld. Doch ändert sich mehr als nur der Name? Ja. Es gibt höhere Leistungen, mehr Hilfen bei der Jobsuche – aber es bleiben auch Dinge bestehen, etwa die umstrittenen Sanktionen.

Was wird sich also ändern, wie viel mehr Geld wird es geben? Wer hat Anspruch und was dürfen Arbeitslose dazuverdienen? Eine Übersicht:

Bürgergeld: Wer hat künftig Anspruch?

Wer bisher Anspruch auf Arbeitslosengeld II hatte, wird künftig einen Anspruch auf Bürgergeld haben. Dafür müssen keine neuen Anträge gestellt werden. Infrage kommt das Bürgergeld auch für Menschen, deren Arbeitseinkommen nicht zum Lebensunterhalt reicht. Sie können ergänzende Unterstützung erhalten.

Bürgergeld: Wie hoch wird es ausfallen?

Zum 1. Januar soll der Regelsatz für alleinstehende Erwachsene von derzeit 449 Euro um 53 Euro auf dann 502 Euro steigen. Für Erwachsene unter 25, die noch bei ihren Eltern leben, erhöht sich der Betrag auf 402 Euro, für Jugendliche zwischen 14 und 18 liegt er künftig bei 420 Euro, für Kinder von sechs bis 14 bei 248 Euro. Bei Kindern unter sechs sind es 318 Euro.

Bürgergeld: Was wird aus den bisherigen Sanktionen?

Der Entwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht vor, dass die Arbeitssuchenden mit den Jobcentern einen Kooperationsplan vereinbaren. Am Anfang steht dabei eine halbjährige „Vertrauenszeit“, in der den Betroffenen nur eingeschränkt Leistungskürzungen drohen - und zwar, wenn sie mehrfach einen Termin beim Jobcenter verpassen. In diesem Fall ist eine zehnprozentige Leistungskürzung möglich.

Nach den sechs Monaten drohen zusätzlich weitere Leistungskürzungen bei sogenannter Pflichtverletzung - etwa, wenn der Betroffene eine zumutbare Stelle nicht antritt. Dies bringt beim ersten Mal eine Kürzung von 20 Prozent mit sich. Beim zweiten Mal sind es dann 30 Prozent. Nicht mehr zulässig sind Abzüge bei den Kosten der Unterkunft.

Bürgergeld: Was gilt künftig für die Weiterbildung?

Bislang scheiterte die Berufsausbildung eines Arbeitslosen oft daran, dass er vorrangig einen Aushilfsjob annehmen muss. Dieser „Vermittlungsvorrang“ entfällt künftig.

Eingeführt wird ein monatliches Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro. Zudem wird es Leistungsbeziehern ermöglicht, bei Bedarf in drei Jahren eine Umschulung im Rahmen einer geförderten beruflichen Weiterbildung zu besuchen anstatt wie bisher in zwei Jahren.

Können Bürgergeldbezieher ihre bisherige Wohnung behalten?

In den ersten beiden Jahren überprüfen die Jobcenter nicht, ob eine Wohnung angemessen ist. Menschen, die arbeitslos sind und sich einen neuen Job suchen müssen, sollen sich nicht auch noch um ihre Wohnung sorgen müssen, argumentiert Bundesarbeitsminister Heil.

Bürgergeld: Welches Vermögen dürfen Leistungsbezieher behalten?

In den ersten 24 Monaten werden Leistungen dann gewährt, wenn kein „erhebliches Vermögen“ vorhanden ist. Hier gilt die Grenze von 60.000 Euro für den eigentlichen Leistungsbezieher und 30.000 Euro für jeden weiteren Menschen in der Bedarfsgemeinschaft.

Das langfristige Schonvermögen wird auf 15.000 Euro erhöht. Zudem wird nicht mehr geprüft, ob das eigene Auto oder die eigene Wohnung angemessen sind.

Bürgergeld: Welche Zugverdienstmöglichkeiten sind geplant?

Wer zwischen 520 und 1000 Euro verdient, soll künftig mehr von seinem Einkommen behalten können: Die Freibeträge in diesem Bereich werden von 20 Prozent auf 30 Prozent angehoben. Auch die Freibeträge für Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende werden erhöht.

Bürgergeld: Können Jobcenter künftig Geld zurückfordern?

Ja, allerdings gilt hier eine Bagatellgrenze von 50 Euro. Erst wenn es um höhere Beträge geht, fordern die Jobcenter Geld zurück, das der Leistungsempfänger zu Unrecht bekommen hat.

Um das neue Bürgergeld ist längst eine Debatte ausgebrochen. „Das neue Bürgergeld bietet Sicherheit und eröffnet Chancen“, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf Twitter. Es orientiere sich an der bevorstehenden Inflationsrate und sei weniger bürokratisch. „Zum 1. Januar lassen wir Hartz IV hinter uns“, schrieb der Kanzler.

„Mit der Einführung des Bürgergelds setzen wir hier ein starkes Signal für Sicherheit und mehr Respekt“, erklärte Arbeitsminister Hubertus Heil.

Bürgergeld: „Respektlosigkeit gegenüber Arbeitslosen und Steuerzahlern“

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Stracke (CSU), erklärte, durch die Neuregelung werde es attraktiver, nicht zu arbeiten. „Das ist eine Respektlosigkeit gegenüber den Arbeitslosen und den Steuerzahlern, die mit ihren Beiträgen das Solidarsystem finanzieren.“ Das bewege sich in Richtung eines bedingungslosen Grundeinkommens.

Sozialverbände kritisierten die geplante Regelsatz-Anhebung als zu gering. „Die rund 50 Euro mehr für alleinstehende Erwachsene klingen nur auf den ersten Blick viel“, erklärte der Präsident der Arbeiterwohlfahrt, Michael Groß. „Denn angesichts der schon zuvor zu niedrigen Regelsätze und der derzeitigen Inflation werde damit gerade einmal die Teuerungsrate ausgeglichen. „Das reicht hinten und vorne nicht aus.“ (afp/dpa/mg)