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Ohne ArztbesuchKrankschreibung im Internet – bleibt das weiterhin erlaubt?

Gelber Schein dpa 180919

Ab 2021 soll es keinen „gelben Schein” mehr geben. Beim Arztbesuch wird dann ein digitaler Krankenschein ausgestellt. 

Hamburg – Für eine Krankschreibung nicht mehr zum Arzt laufen zu müssen, sondern einfach ein paar Klicks machen und den gelben Schein bequem per PDF zugeschickt bekommen: Das klingt ganz schön praktisch und ist seit Ende 2018 Realität.

Das Online-Portal AU-Schein.de bietet diesen Service. Wer sich krank fühlt, sucht sich online aus einer Liste von Symptomen die passenden aus und bekommt den Arbeitsunfähigkeits-Schein als PDF zur Verfügung gestellt, allerdings nicht mehr per Whatsapp wie noch zum Start des Angebots.

Jens Spahn: Unterstützung für das Angebot von AU-Schein.de

Möglich gemacht hat die nicht unumstrittene Praxis das Gesundheitsministerium 2017 mit dem E-Health Gesetz. Damit wurde das Fernbehandlungsverbot gelockert, was 2018 auch die Bundesärztekammer bestätigt und in die Musterberufsordnung übernommen hat. Jens Spahn war der erste Gratulant.

Dennoch ist die Fernbhandlung und die Ferndiganose noch nicht in allen Bundesländern erlaubt: In Hamburg, wo das Unternehmen AU-Scheine.de sitzt, dürfen Ärzte nur dann eine Ferndiagnose ausstellen, wenn sie den Patienten zuvor bereits persönlich mindestens einmal getroffen haben.

In Schleswig-Holstein hingegen ist die Fernbehandlung erlaubt. Zu Beginn fuhr eine Ärztin deshalb im Auftrag des Unternehmens von Hamburg nach Schleswig-Holstein, um die AU-Scheine auszustellen. Heute arbeitet AU-Schein.de mit Privatärzten aus Schleswig-Holstein zusammen.

Jens Spahn macht sich für die Onlinebehandlungen stark und zeigt sich demonstrativ an der Seite von AU-Schein.de–Gründer Can Ansay. „Ich bin dafür, Online-Behandlungen zu erleichtern, auch bei der Erstbehandlung“, sagte der CDU-Politiker gegenüber der Thüringer Allgemeinen.

Der Gesundheitsminister und der Gründer verstehen sich auffallend gut. „Wir lieben Jens Spahn”, verkündete AU-Schein.de in einem Twitter-Beitrag. „Wir hoffen auf eine Kooperation mit dem Minister auch bezüglich digitaler Krankschreibung im Bürokratieentlastungsgesetz”, so Ansay gegenüber unserer Redaktion.

Ist das PDF-Dokument genauso rechtsgültig wie eine Papierbescheinigung?

Doch wie rechtsgültig ist die Krankschreibung wirklich? Sollte ein Arbeitgeber gegen jemanden klagen, der einen Schein von AU-Schein.de einreicht, entscheidet das Gericht je nach Beweislage, für die aber der Schein eine große Bedeutung haben kann.

Hier stellt sich die Frage, ob der online ausgestellte AU-Schein vor Gericht die gleiche Beweiskraft hat, wie ein konventioneller gelber Schein aus der Praxis.

Das Bundesgesundheitsministerium weist auf Anfrage auf den hohen Beweiswert einer ordnungsgemäß ausgestellten Papierbescheinigung hin, nimmt aber keine Stellung dazu, ob ein PDF-Dokument ebenfalls diesen Beweiswert hat.

Um zu klären, ob die Krankschreibung online rechtsgültig ist, müsse man das Arbeitsministerium kontaktieren. „Wir sind keine Juristen”, heißt es da von Seiten des Pressesprechers Dominik Ehrentraut. Einschätzen, ob die AU-Scheine, die das Portal AU-Schein.de ausstellt, rechtsgültig sind, kann und will das Ministerium nicht.

„Ob der Beweiswert unserer Scheine der gleiche ist wie bei einem praxisärztlichen, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht”, so Ansay.

AU-Schein.de: Klage wegen irreführender Werbung

Einen „hundert Prozent gültigen AU-Schein” bietet das Unternehmen auf seiner Website an. Das sei irreführende Werbung, so die Wettbewerbszentrale. Sie verklagt das Startup deswegen vor dem Hamburger Landgericht in einem Musterprozess.

Es könne sein, dass in einem Rechtsstreit eine Online-Krankschreibung als nicht ausreichend bewertet werde, erklärte Christiane Köber, Rechtsanwältin bei der Wettbewerbszentrale, gegenüber Spiegel Online. Der Arbeitnehmer, der seinem Chef die online bestellte Krankschreibung vorlegt, kann also am Ende den Kürzeren ziehen.

Can Ansay setzt mit seinem Portal darauf, dass der Arbeitgeber im Ernstfall auch einen Gegenbeweis, der für die Arbeitsfähigkeit des Beschäftigten spricht, erbringen muss.

Ein weiterer Vorwurf, um den es in der Klage geht: AU-Schein.de würde Werbung für Fernbehandlungen machen, die gesetzeswidrig sei. Die Werbung für den digitalen Arztbesuch war zuletzt der Versicherungsseite Ottonova per Urteil untersagt worden.

Ist der Hinweis auf 20.000 ausgestellte Krankschreibungen Werbung?

Tatsächlich heißt es in Artikel 9 des Heilmittelbewerbungsgesetzes, dass die Werbung für die Erkennung oder Behandlung von Krankheiten, ohne den Patienten persönlich gesehen zu haben, nicht erlaubt ist.

Ob die vehementen Hinweise auf „über 20.000 ausgestellte Krankschreibungen” oder „Krankschreibung ohne Arztbesuch” auf der Website des Unternehmens als Werbung zu verstehen sind, wird die Entscheidung des Gerichts zeigen.

Der Start-up-Gründer gibt sich gelassen: „Die Diskussion ist sowieso überflüssig, weil die Werbung für Fernbehandlungen ab Januar erlaubt sein wird”, erklärt Ansay.