Warum sie nie für Aldi malochen würdeEdeka-Kassiererin plaudert Insider-Wissen aus
Krefeld-Hüls – Aldi, Lidl, Rewe, Edeka – jeder hat beim Thema Supermarkt so seine Favoriten. Entweder, weil manch Lebensmittel-Markt näher am Wohnort liegt als ein anderer – oder eben, weil einem das Angebot an Produkten im jeweiligen Laden mehr zusagt.
Doch nicht nur aus Kunden-Sicht gibt es bei der Wahl der Supermarkt- oder Discounter-Kette Präferenzen. Auch die Angestellten suchen sich oft bewusst ein Unternehmen aus. So auch Edeka-Kassiererin Jolanta Schlippes.
Aldi habe höhere Vorgaben als Edeka
Dem Magazin der „Süddeutsche Zeitung” (hier das ganze Interview lesen) hat sie ein spannendes Interview gegeben – und verraten, warum sie bei Edeka arbeitet – und niemals für Aldi malochen würde. Trotz guter Bezahlung.
Der ausschlaggebende Grund: Die Arbeitsbelastung sei dort höher als in einem Supermarkt, sagt Jolanta Schlippes. Aldi habe höhere Vorgaben als Edeka.
Die 54-Jährige sitze sechs Tage die Woche für jeweils sechseinhalb Stunden an der Kasse im Edeka-Markt in Krefeld-Hüls, entweder von morgens um sieben bis zum frühen Nachmittag oder vom frühen Nachmittag bis zum Ladenschluss. Mit 18 Jahren kam sie aus Polen nach Deutschland.
Leistungsdruck sei bei Aldi extrem hoch
Sie habe zwei Bandscheibenvorfälle hinter sich, Beine überschlagen könne sie nicht mehr. Da bekomme sie Blutstau und ein Kribbelgefühl, wie sie erzählt. „Der Rücken ist immer gerade. Die Beine ausgestreckt. Oder in Bewegung. Ich bewege mich gern.“
Auch bei Edeka hat man viel zutun, jedoch sei der Druck nicht so hoch wie bei anderen Ketten. Klar müsse man sich auch bei Edeka beeilen. „Wir sollen auch nicht einschlafen. Aber wir werden nicht angetrieben“, betont die 54-Jährige. „Wir hatten letzten Monat sogar ein Kassenseminar.”
Lernen, was den Kunden noch zufriedener macht
Dort habe sie gelernt, wie sie den Supermarkt-Besuch für den Kunden noch angenehmer gestalten kann. Ein Beispiel: „Wir warten, bis der Kunde alles eingepackt hat, und sagen dann erst, was er zahlen muss. Sonst ist der Kunde noch am Einpacken, hat das Geld nicht griffbereit, alles hektisch.”
Bei Aldi müssten Kassierer eine bestimmte Anzahl an Artikeln in einer bestimmten Zeit über das Band ziehen. Bei Edeka nicht: „Hier muss man nicht soundso viele Anschläge an der Kasse in der Minute machen.“
„Mein Limit sind sechseinhalb Stunden”
Auf die Frage, ob sie manchmal richtig kaputt sei, entgegnete die Kassiererin: „Als ich acht Stunden am Tag gearbeitet habe, war ich total fertig. Mein Limit sind sechseinhalb Stunden. Ich habe mir gesagt, was nützt mir ein freier Tag in der Woche, wenn ich den nur verschlafe und jeden anderen Tag ungern arbeiten gehe? Jetzt habe ich nur den Sonntag frei, arbeite sechseinhalb Stunden an sechs Tagen. Und fühle mich toll.”
Vieles ist auch Einstellungssache. So berichtet die Angestellte, dass sie für gute Stimmung bei der Arbeit manchmal kleine „Spielchen” mit sich selbst mache.
Jolanta Schlippes interessiert sich für die Kunden
Nach dem Motto: „Welche Kunden werden heute kommen? Ach, schau, wie schön Frau Soundso angezogen ist. Ich lasse mich auf die Menschen ein. Es wäre viel langweiliger, wenn ich die Leute nur an mir vorbeiziehen lassen würde wie eine anonyme Masse.”
Und haben wir uns nicht alle schon mal gefragt, welche Gedanken den Menschen an der Kasse durch den Kopf gehen, während sie unsere Einkäufe übers Band ziehen?
„Die Leute möchten erzählen”
Auf die Frage, ob sie sich manchmal ausmale, wie Kunden leben, sagt Frau Schlippes: „Ich bin neugierig und frage. Wenn ich sehe, was jemand einkauft, frage ich, was gibt’s denn heute? Wenn ich ein neues Gesicht sehe, frage ich, sind Sie neu zugezogen? Und die Leute erzählen. Sie möchten erzählen.”
(jba)