Philosophisch oder praktischKörperspender sagen, warum sie nach dem Tod zum Plastinat werden wollen

Wer sich nach dem Tod nicht bestatten lassen möchte, kann Körperspender werden. Einige erzählen bei EXPRESS.de, warum sie plastiniert werden möchten.

von Alexandra Miebach  (mie)

Nach dem Tod wird man begraben, kommt auf einen Friedhof, wo die Angehörigen einen Platz zum Trauern haben. Oder man wird eingeäschert, findet in einem Friedwald seine letzte Ruhestätte. Es gibt viele Bestattungsmöglichkeiten. Aber was, wenn man das alles gar nicht will, wenn vom Körper nach dem Tod etwas bleiben soll.

Dann kann man sich plastinieren lassen – und wird bei „Körperwelten“ (Ausstellung bis Ende Oktober 2024 in Köln) ausgestellt oder an Universitäten für die Medizinerausbildung genutzt. Aber warum entscheiden sich Menschen dazu? Und wie gehen Angehörige damit um?

„Körperspender über seine Motivation: Nach dem Tod bleibt etwas von mir“

„Ich habe nach einer Alternative zur klassischen Bestattung gesucht“, erzählt Helmut Hobbensiefkel (62) im Gespräch mit dem EXPRESS.de. „Ich fand das Thema Körperspende interessant. Und ich finde den Gedanken gut, dass nach dem Tod etwas von mir auf der Erde zurückbleibt.“

Die sterblichen Überreste der Spender werden nach ihrem Ableben vom sogenannten Bodymobil abgeholt und zur Plastinationswerkstatt nach Guben (Brandenburg) gebracht. Dort wird entschieden, welche Art Präparat (ob Ganzkörper-, Körperteil- oder Scheibenplastinat) aus ihnen gemacht wird. „Das kommt immer darauf an, was gerade gebraucht wird, was Universitäten bestellen“, erklärt uns Rurik von Hagens (44), Sohn des Präparationserfinders Gunther von Hagens (79). Die Spender können aber beeinflussen, ob sie potenziell auch Teil einer Ausstellung werden wollen, oder eben nicht.

Helumt Hobbensiefkel und Claudia Simon 

sind Körperspender

Die Geschwister Claudia Simon und Helmut Hobbensiefkel sind beide als Körperspender registriert.

Auch Helmut Hobbensiefkels Schwester Claudia Simon (60) ist Körperspenderin. „Nachdem mein Bruder sich registriert hat, habe ich mich mit dem Thema beschäftigt und bin zu dem Entschluss gekommen, dass das auch für mich das Beste ist“, sagt sie.

Körperspender bleiben, egal wo die Präparate hinkommen, immer anonym. Nicht mal die Mitarbeiter in der Präparationswerkstatt wissen, wen sie da vor sich haben. Und auch die Angehörigen erfahren nicht, wo die sterblichen Überreste hinkommen. „Schließlich sollen unsere Ausstellungen kein Pilgerort für Hinterbliebene sein“, so von Hagens.

Mit der Körperspende bei der Mediziner-Ausbildung helfen

Einen Ort zum Trauern, wie ein Grab auf einem Friedhof, haben die Angehörigen dann also nicht. Aber wie ist das für Angehörige? Für Asena Zara (25) ist das kein Problem. Ihr Vater Riza Seven (60) ist Körperspender.

„Klar, ich fände es schon irgendwie schön, wenn ich ihn irgendwann auf dem Friedhof besuchen könnte und einen Ort zum Trauern hätte. Aber im Endeffekt ist das seine Entscheidung und ich bin glücklich, wenn er glücklich ist. Er macht das für einen guten Zweck und kann so bei der Ausbildung junger Mediziner helfen“, sagt sie.

Riza Seven hat sich schon vor etlichen Jahren als Spender angemeldet. Seine Tochter Zara habe ihn dazu inspiriert, erzählt er: „Sie wollte zu Schulzeiten Gerichtsmedizinerin werden. Dann habe ich mich mit der Medizinerausbildung befasst, wollte wissen, wie die lernen. Da bin ich auf die Körperspende gestoßen. Ich möchte dazu beitragen, dass junge Menschen etwas lernen können.“

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Ein weiterer Grund für viele Spender: Sie ersparen ihren Angehörigen so die Kosten für Bestattung und Grabpflege. Bei den Angehörigen von Helmut Hobbensiefkel und Claudia Simon löste die Entscheidung der Geschwister sehr gemischten Gefühlen aus. „Die meisten haben mit Ablehnung reagiert, findet das unnormal und unmoralisch. Die wenigsten finden das Thema Körperspende interessant“, erzählt der 62-Jährige.

„Meine Kinder waren überrascht“, sagt seine Schwester. „Sie haben dann aber gesagt, dass es für sie in Ordnung ist, wenn das mein Wunsch sei.“ Angst vor dem Tod haben die Körperspender alle nicht. „Es ist eher die Angst vor dem Sterben, weil man nicht weiß, wie man stirbt – ob friedlich oder mit Schmerzen“, fasst es Hobbensiefkel zusammen. Auch der Gedanke, dass sie nach dem Tod nicht einfach weg sind, sondern eben mit ihrem Körper irgendwo auf der Erde bleiben, eint sie alle.

Um Spender zu werden, muss man nur Kontakt zum Körperspendebüro aufnehmen und bekommt dann alle nötigen Unterlagen und Broschüren zugeschickt. Weltweit gibt es nach aktuellen Zahlen 21.363 Körperspender (Stand 17. Januar 2024), die ihren Körper nach dem Tod dem Heidelberger Institut für Plastination zur Verfügung stellen wollen. 19.980 davon kommen aus Deutschland.