Du kannst das doch so gut“ Psychologin erklärt die vier Sätze, die Frauen triggern

Übergriffig und überflüssig: Psychologin erklärt typische Sätze, die Frauen unter Druck setzen – und sagt, warum das so ist.

von Andrea Kahlmeier  (ak)

40 Prozent aller Frauen leiden unter Erschöpfungszuständen, das belegen Studie. „Das Wort Nein ist in ihrem Wortschatz so gut wie nicht vorhanden“, bedauert Katharina Pommer (44). Die Familien- und Bindungstherapeutin, selbst Mutter von fünf Kindern, erläutert im Gespräch mit EXPRESS, welche Sätze Frauen triggern und mit welchen Aussagen sie sich auch selbst oft genug unter Druck setzen.

Viele Frauen fühlen sich automatisch für alles verantwortlich, haben durch Erziehung oder in der Beziehung gelernt, Erwartungen zu erfüllen aus Angst, sonst abgelehnt zu werden. Ein „Ja“ bedeute Zugehörigkeit zur Gruppe, das sei ein Grundbedürfnis wie Essen und Trinken, sagt Pommer. Es biete vordergründig Sicherheit, Liebe und Verbindung.

Je instabiler die Beziehung, desto schwieriger das „Nein-“Sagen

Gerade in unsicheren, instabilen Beziehungen oder in Partnerschaften mit traditionellen Rollenbildern falle es Frauen, unabhängig vom Alter, deshalb schwer, Nein zu sagen. Die Autorin plädiert in ihrem Buch „Nicht mein Zirkus, nicht meine Affen“ dafür, Grenzen zu setzen, Manipulatoren und der „eigenen inneren Kritikerin“ die Stirn zu bieten.

Die Autorin entlarvt die wohl gängigsten (Selbst-) Aussagen, die Frauen im Alltag zwischen Job und Familie triggern und erklärt, was dahintersteckt. In so manchem Satz dürften sich viele wiedererkennen:

  1. „Du kannst das so gut – machst du das bitte für mich?“ Ein Spruch, den Chefs ebenso gut wie Partner oder Kinder bringen können. Dabei handele es sich um eine subtile Manipulation, die in ein Kompliment verpackt werde, so die Therapeutin und rät, je nach Kontext entweder lustig zu reagieren („Danke fürs Kompliment, aber leider sagt mein Terminplan Nein, und ich höre auf ihn“). Oder dem anderen ernst zu erklären, dass solch ein Satz Schuldgefühle auslöse, und dass das Thema auf der Prioritätenliste weder ganz oben stehe noch in den Zeitplan passe.
  2. „Bevor ich es ihm lange erkläre, mache ich es lieber selbst.“ Klassisches Eigentor, dass Frauen sich mit solch einem Satz schießen, oder? Kinder und Partner fühlen sich abgewertet und die Arbeit bleibt doch an einem selbst hängen. Aber woher rührt das? Katharina Pommer: „Dahinter steckt ein starkes Kontrollbedürfnis, das man unbedingt hinterfragen sollte. Woher rührt es? Oft aus Unsicherheit, Kompetenzen abzugeben. So nach dem Motto: ‚Wenn ich alles selber mache, werde ich gebraucht!‘“ Auch aus Misstrauen gegenüber den Fähigkeiten anderer. Oder es ist der Tatsache geschuldet, weil es schneller geht, als es dem anderen mühsam zu erklären. Doch dann müsse man sich klarmachen, dass es psychologisch ja nur um eine kurzfristige Zeitersparnis gehe, sagt sie. „Da Bedienungsanleitung und Coaching langfristig eine wirkliche Entlastung bringen.“ Und gerade bei älteren Familienmitgliedern solle man sich immer bewusst machen, wie wichtig es sei, ihnen eine Aufgabe nicht sofort abzunehmen, sondern ihnen das Gefühl zu geben, gebraucht zu werden.

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  1. „Wenn ich es nicht tue, tut es keiner.“ In der Psychologie spreche man in diesem Fall vom Märtyrersyndrom oder von einer Überverantwortlichkeit, erklärt Katharina Pommer. Indem man sich um das Wohl der anderen kümmere, fühle man eine innere Anerkennung. Es könne sich aber auch um einen Hilferuf handeln: „Merkt ihr denn nicht, dass ich zu wenig Unterstützung habe?“ Gerade diese Menschen würden in Gefahr laufen, einen Burnout zu bekommen, an den gesellschaftlichen und eigenen Erwartungen auszubrennen. Da gelte es vonseiten der Familie, rechtzeitig gegenzusteuern. „Toll, was du leistest, aber sag bitte Bescheid, wenn die Hilfe brauchst.“
  2. „Wenn du mich wirklich lieben würdest, würdest du das für mich tun.“ Wenn sie in ihrer Praxis erfahre, dass Partner oder Familienmitglieder so übergriffig und manipulativ werden, gehe ihr die Hutschnur hoch, sagt die Therapeutin. An diesem Satz erkenne man eine ungesunde Dynamik in der Beziehung. „Liebe als Druckmittel einzusetzen geht gar nicht.“ Liebe heiße nicht, alles zu tun, was verlangt wird, sondern dass die Bedürfnisse des anderen akzeptiert werden. Das solle man direkt kommunizieren, rät die Expertin. Und geht sogar noch einen Schritt weiter: „Wenn jemand gar nicht von der emotionalen Erpressung abweicht, sollte man ernsthaft überlegen, ob man sich diese Person weiter antun will.“

Natürlich sei es anfangs schwer, Grenzen zu ziehen und Selbstfürsorge zu betreiben, weiß Pommer und rät deshalb „Ja“-Sagerinnen, mit ganz kleinen Schritten zu beginnen: „Antworten Sie beim Friseur zum Beispiel nicht automatisch mit Ja auf die Frage, ob die Temperatur des Wassers so angenehm ist, wenn sie es nicht auch wirklich ist“. Und als Mutter von kleinen Kindern: „Machen Sie die Klotür zu.“