Überall in Europa steigen die Preise für Lebensmittel, Energie, Dienstleistungen, regelmäßig erreichen die Inflationsraten Rekordwerte. Dennoch steigen in Deutschland die Preise besonders stark, doppelt so stark wie etwa in Frankreich oder Luxemburg. Warum?
Aldi, Lidl, Rewe & Co.Wie kann das sein? Preise steigen bei uns doppelt so heftig wie in Nachbarländern
Überall in Europa ächzen die Verbraucherinnen und Verbrauchern unter den stark steigenden Lebensmittelpreisen in den Supermärkten und Discountern. Doch wer bei Aldi, Lidl, Rewe, Edeka & Co. in Deutschland einkaufen geht, wird andere Teuerungsraten als bei unseren Nachbarn feststellen.
EU-weit kosten die Nahrungsmittel aktuell fast 15 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Doch innerhalb der Europäischen Union gibt es große Unterschiede – warum ist das so?
Aldi, Lidl, Rewe & Co.: Lebensmittelpreise steigen bei uns doppelt so stark wie anderswo
Wer in Frankreich, Luxemburg oder auch in Irland einkaufen geht, findet nur eine Inflationsrate von gut acht Prozent vor bei Nahrungsmitteln und alkoholfreien Getränken. Deutsche Konsumentinnen und Konsumenten müssen Preise hinnehmen, die doppelt so stark steigen: Hierzulande liegt die Teuerungsrate bei 15,5 Prozent für Lebensmittel.
Und dabei sind wir Deutschen nicht einmal Spitzenreiter: In osteuropäischen Ländern liegt die Inflationsrate noch höher, in Litauen oder Lettland liegt die Nahrungsmittelinflation bei über 25 Prozent, in Ungarn bei 33 Prozent.
Wie die „Wirtschaftswoche“ berichtet, liegt einer der Gründe in der Landwirtschaft – genauer: bei den jeweiligen Erzeugerpreisen. Sie sind es, die die Endpreise bestimmen – zusammen mit Mehrwertsteuer, Marge und Transportkosten.
Aldi, Lidl, Rewe & Co.: Bestimmte Lebensmittel besonders stark verteuert
In Deutschland sind bestimmte Nahrungsmittel besonders stark im Preis gestiegen, sie sind überdurchschnittlich von der Inflation betroffen. Wie Jörg Angelé, Ökonom beim Vermögensverwalter Bantleon, dem Branchenmagazin erklärt, sind es vor allem Molkereiprodukte, Öle, Fette und Fleisch, die teurer geworden sind.
Der Experte führt diese Entwicklung zum einen auf den Milchpreis zurück, der sich in den vergangenen 18 Monaten fast verdoppelt hat. Zum anderen seien in der Fleischindustrie mit dem Mindestlohn auch die Kosten für den Faktor Arbeit gestiegen.
Aldi, Lidl, Rewe & Co.: Nahrungsmittelpreise hatten niedriges Ausgangsniveau
Doch es gibt noch weitere Gründe – und die haben mit den bisherigen Preisen in Deutschland zu tun. „Die Nahrungsmittelpreise in Deutschland kommen von einem sehr niedrigen Ausgangsniveau. Dadurch fallen Preissteigerungen stärker ins Gewicht“, erklärt Angelé. Heißt: Kostet eine Gurke bei Aldi, Lidl, Rewe & Co. nun beispielsweise einen Euro statt 70 Cent, ist sie 43 Prozent teurer.
Steigt der Preis einer französischen Gurke von 1,10 Euro auf 1,40 Euro, ist sie dort nur 27 Prozent teurer – obwohl der absolute Anstieg des Preises gleich ist. In beiden Ländern ist das Gemüse 30 Cent teurer geworden. Das Preisniveau in Frankreich ist einfach höher.
Aldi, Lidl, Rewe & Co.: Preisniveau in Deutschland vergleichsweise niedrig
Der Blick auf die Daten bestätigt demnach: Länder, die aktuell eine relativ geringe Nahrungsmittelinflation aufweisen, hatten 2021 ein überdurchschnittlich hohes Preisniveau innerhalb der Staatengemeinschaft.
Hinzu kommt, dass die Menschen in den europäischen Ländern unterschiedlich viel von ihrem Haushaltsbudget für Lebensmittel ausgeben: „In Deutschland lag der Anteil bis vor einem Jahr bei zehn Prozent, in Frankreich und Italien hingegen bei 13 bis 14 Prozent“, erklärt Angelé weiter. Das Preisniveau von Nahrungsmitteln im Verhältnis zum Einkommen war in Deutschland also vergleichsweise niedrig. Oder mit anderen Worten: In Frankreich haben die Menschen mehr von ihrem monatlichen Gehalt für Nahrungsmittel ausgegeben als wir.
In Osteuropa sieht es noch einmal anders aus: Hier geben die Menschen fast 40 Prozent der Haushaltsausgaben aus. Steigen die Preise, fällt das besonders stark ins Gewicht. Estland, Lettland und Litauen sind zudem besonders abhängig von Importen aus Russland, der Ukraine oder Belarus, wie etwa Düngemitteln. (mg)