Der zweite Prozess um die Krawalle von Nizza sorgte am ersten Verhandlungstag für emotionale Szenen. Als der Anwalt des einen Angeklagten um Haftverschonung bat, brach der Hooligan in Tränen aus.
Nizza-Prozess vor Gericht in KölnErst weinte der einst so harte Hooligan, dann kam er frei
Auch Hooligans können weinen. Bei der zweiten Hauptverhandlung rund um die Vorfälle beim Conference-League-Spiel des 1. FC Köln bei OGC Nizza kam es zu emotionalen Szenen – weil am Ende einer der Hooligans für eine Woche Haftverschonung bekam, um erstmals sein Kind zu Hause im Arm halten zu können.
Vorm Amtsgericht Köln waren am Dienstag (31. Januar 2023) zwei FC-Fans wegen schwerem Landfriedensbruchs und versuchter gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Zudem stand eine Straftat im Rahmen eines Freundschaftsspiels zwischen Viktoria Buchheim und dem SSV Jan Wellem im Raum.
Angeklagte sind Teil der Ultra-Gruppierung „Revolte0221“
Der 31- und 30-Jährige sind langjährige Angehörige der Ultra-Szene, haben ein bundesweites Stadionverbot. Beide schworen vor Gericht der Gewalt ab und nehmen an einem Anti-Aggressions-Training teil. Einer war Mitglied der berüchtigten Ultra-Gruppierung „Revolte0221“, der andere trug zumindest deren Devotionalien und wurde ihr von der Polizei zugerechnet.
Dieser bislang zumindest gewaltbereite Fan, von Beruf Lagerist, saß inzwischen seit vier Monaten in U-Haft in der JVA Ossendorf. Er hatte in Nizza, das gestand er vor Gericht, eine brennende Pyro-Fackel zurückgeworfen, auch eine runde Platte schmiss er in Richtung der Fans und Ordner von Nizza, nahm dabei eine Verletzung seiner Gegenüber in Kauf. Bei einer Hausdurchsuchung fand das SEK unter anderem einen Schlagring. Nun gab sich der Angeklagte geläutert. Während der Untersuchungshaft wurde sein Sohn geboren, er sah das Kind bislang nur in der Justizvollzugsanstalt.
Der Anwalt des geständigen Angeklagten bat daher am Ende des ersten Prozesstages um Haftverschonung. Dabei flossen die Tränen des sonst so harten Hooligans, den die Haft sichtlich nachdenklich gestimmt hat. Nach kurzer Beratung gab das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Dr. Bernhard Krieg dem Antrag unter Zustimmung der Staatsanwaltschaft statt. Auflage: Er darf sich keiner Fußball-Arena, insbesondere nicht dem Rhein-Energie-Stadion, an Spieltagen nähern.Nehmen Sie hier an der EXPRESS.de-Umfrage teil:
Im Zuschauerraum weinte die Lebensgefährtin des Angeklagten vor Erleichterung, der Vater sagte zu EXPRESS.de: „Die Haftverschonung ist auch gerechtfertigt. Er sieht ja ein, dass er einen Fehler gemacht hat. Es liegt aber auch viel Schuld bei den Behörden in Nizza, die versagt haben.“
Polizei versagte bei Krawallen in Nizza
In der Tat machte insbesondere der Bericht des „Szenekundigen Beamten“ noch einmal deutlich, dass die französische Polizei und die Ordnungskräfte die Herausforderung vor der Partie allzu sehr auf die leichte Schulter nahmen.
„Knapp 100 Kampfbereite“ waren unter den Kölner Fans gewesen, die setzten sich vor dem Spiel im Stadion in Bewegung. Warum, das ist nicht ganz klar, möglich, dass die Angriffe auf normale Kölner Fans an einer Baustelle unweit des Stadions dabei eine Rolle spielten.
Bezeichnend war, wie der zweite Angeklagte vom „Kick“ sprach, den er bei den körperlichen Auseinandersetzungen in den letzten 14 Jahren gesucht hat und denen er nun aus dem Weg gehen will. Er hatte einen Pfosten mit Metallfuß geworfen, dass er einen Nizza-Hooligan getreten und einen Polizisten geschubst habe, bestritt der Angeklagte allerdings.
Aber auch er will nach eigener Aussage wegen seiner Familie und seiner Firma, einem Malerbetrieb, künftig auf die Gewalt verzichten. Am kommenden Dienstag geht der Prozess weiter, dann wird auch ein Urteil des Gerichts erwartet.