Hinter der Frauen-Nationalmannschaft liegen turbulente Tage. Vor rund einer Woche machte sich das Team um Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg auf den Weg in die USA. Dort warteten zwei spannende Spiele gegen die amtierenden Weltmeisterinnen.
Frauenfußball-Kolumne„Bergdoktor“ statt USA-Duelle: Standortbestimmung ohne ARD und ZDF
Während die Partien vor allem als Standortbestimmung dienen, gab es jedoch auch deutliche Kritik an der USA-Reise. Diese kam von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg (54) höchst selbst.
„Ausschlaggebend war, dass wir eine vertragliche Verpflichtung haben, die schon sehr lange zurückliegt“, erklärte sie Anfang Oktober in Dresden. „Wir sind das den USA noch schuldig. Ich wäre nicht böse gewesen, wenn wir ein anderes Agreement hätten. Wir haben alles versucht, viele Gespräche geführt, auch auf allerhöchster Ebene.“
Keine optimalen Bedingungen in Florida für das DFB-Team
Vor diesem Hintergrund lautete die Devise in der Mannschaft: das Beste daraus machen und verletzungsfrei bleiben. In einer Zeit, in der zahlreiche Nationalspielerinnen von einer englischen Woche zur anderen eilen, sowie teils in drei Wettbewerben gleichzeitig spielen, kam die anstrengende Reise an die Ostküste zu einer denkbar ungünstigen Zeit.
Neben dem Jetlag hatte das Nationalteam noch mit anderen Problemen zu kämpfen: während des Aufenthalts in Florida wurde der Bundesstaat von einem Hurricane heimgesucht. Zudem mussten wetterbedingt mehrere Trainingseinheiten abgebrochen werden. Auch ging der Team-Bus kaputt und einen Tag vor dem zweiten Spiel gegen die USA wurde die Mannschaft nachts vom Feueralarm aus dem Schlaf gerissen.
Auf all diese Widrigkeiten, sowie die vertragliche Verpflichtung, konnte nur bedingt Einfluss genommen werden. Dennoch stellt sich die Frage, ob die Gesundheit der Spielerinnen bei der Planung der internationalen Abstellungsperioden ausreichend berücksichtigt wird. Sie sind keine Maschinen, sondern Menschen, die auch mal eine Pause brauchen.
DFB-Frauen sorgen für historische Niederlage der USA
Trotz allem meisterten die DFB-Frauen die Woche und absolvierten zwei lehrreiche Partien gegen die Weltmeisterinnen aus den USA. Das erste Spiel gewann das deutsche Team mit 2:1 und setzte damit ein klares Ausrufezeichen. Zuletzt hatten sie vor 20 Jahren gegen die Amerikanerinnen gewonnen. Für diese war es die erste Niederlage auf heimischem Boden seit langem.
In der zweiten Partie setzte es dann eine enttäuschende 1:2-Niederlage für Deutschland. Dennoch betonten die Spielerinnen und Voss-Tecklenburg, wie viel sie aus beiden Spielen mitnehmen könnten. Für die Bundestrainerin galt es, die richtige Balance zwischen Rotation und Routine zu finden. So kamen vor allem viele der jüngeren Spielerinnen zu reichlich Spielzeit.
Einige von wurden auf verschiedenen, ungewohnten Positionen ausprobiert. Dieses Experiment ging besonders im zweiten Spiel nicht immer gut, doch genau solche Tests sind wichtig für die Mannschaft. Schon im nächsten Jahr steht die Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland an, vor der Deutschland (Stand November 2022) nur noch fünf Partien absolvieren wird. Es gibt nach wie vor mehrere Langzeitausfälle zu kompensieren, welche die Experimente in den USA notwendig machten.
Die Spiele auf der anderen Seite des Atlantiks haben vor allem eines gezeigt: Deutschland kann mit den Weltmeisterinnen, die auch Platz eins im internationalen FIFA-Ranking belegen, mithalten. Nach dem schlechten Start ins Jahr 2022 überraschte das Team um Voss-Tecklenburg schon bei der Europameisterschaft in England und schaffte es bis ins Finale im ausverkauften Wembley-Stadion.
Trotz der Niederlage gegen die Gastgeberinnen blieb der Schwung im DFB-Team und die vielversprechende Spielweise der EM wurde weiterentwickelt. Auch etwaige Baustellen wurden aufgedeckt und die Partien gegen die USA lieferten genügend Impulse für weitere Optimierungen.
Frauenfußball: ARD und ZDF zeigen wenig Interesse
Zu Hause in Deutschland hält der Hype um die Nationalmannschaft an. Zahlreiche Fans verfolgten zu später Stunde die letzten beiden Testspiele für dieses Jahr. Den Zuschauerinnen und Zuschauern kam man jedoch nicht entgegen, denn die Partien wurden nur im Internet-Stream übertragen.
Alina Ruprecht ist freie Autorin bei EXPRESS.de und kümmert sich in ihren Kolumnen um das Thema Frauenfußball. Sie ist Mitglied von FRÜF - Frauen reden über Fußball.
Das ZDF wiederholte lieber Folgen der Serie „Der Bergdoktor“, während man in der ARD einen Spielfilm dem hochklassigen Fußball-Spiel verzog. Bei vielen Zuschauerinnen und Zuschauern stieß dies zu Recht auf Unverständnis.
Trotzdem überwiegen die Gründe zur Freude. Man gehe der WM optimistisch entgegen, betonte Voss-Tecklenburg am Ende der USA-Reise. Für die Spielerinnen gilt es nun, verletzungsfrei zu bleiben und im nächsten Jahr weitere Tests gegen starke Gegnerinnen zu absolvieren. Nicht nur die Fans können sich auf eine spannende und ereignisreiche Zeit freuen.