Die ukrainische Fußball-Nationalmannschaft träumt weiter von der WM 2022 in Katar. In einem emotionalen Playoff-Halbfinale siegte die Ukraine in Schottland – und fordert nun Wales zum Showdown.
WM 2022„Sieg gehört nicht mir oder den Spielern“: Ukraine träumt nach krassem Playoff-Fight in Schottland
Tränen hatte es schon im Vorfeld gegeben, große Emotionen dann auch auf dem Rasen und danach: Am Mittwochabend (1. Juni 2022) hat die Fußball-Welt gebannt nach Glasgow geblickt – und im Hampden Park eine denkwürdige Partie gesehen. Schottland und die Ukraine spielten um ihre Chance auf die WM-Teilnahme 2022, doch es war kein Duell wie jedes andere.
Nach umkämpften, teils mitreißenden 90 Minuten jubelte die Ukraine über den so wichtigen 3:1-Erfolg mit Blick auf Katar. Eine Hürde gilt es nun für das Team von Nationalcoach Oleksandr Petrakow (64) noch zu nehmen: Am Sonntag (20.45 Uhr/DAZN) geht es in Cardiff gegen Wales. Der Sieger des Playoff-Finales fährt zur WM 2022.
Doch das Ergebnis rückte fast schon in den Hintergrund. Die Playoff-Partie hätte eigentlich bereits im März gespielt werden sollen, wurde aufgrund des Krieges in der Ukraine dann verlegt. Dass Elend, Leid und Gewalt aber bis heute kein Ende gefunden haben, warf einen bedrückenden Schatten über das für beide Teams so wichtige Spiel.
Emotional wurde so auch Coach Petrakow nach der Partie, der Erfolg seiner Mannschaft war für ihn längst kein rein sportlicher: „Dieser Sieg gehört nicht mir oder den Spielern. Er ist für unser Land. Es ist ein großer Sieg für die Ukraine.“
Ukraine-Erfolg: „Für Streitkräfte und Menschen in den Krankenhäusern“
Die Ukrainer und Ukrainerinnen stehen zusammen: „Der Sieg ist für die Streitkräfte in den Schützengräben, die ihren letzten Tropfen Blut geben, für die in der Ukraine, die jeden Tag leiden und die Menschen, die in den Krankenhäusern arbeiten. Sie danken uns – und wir danken ihnen“, erklärte Petrakow.
Bereits am Tag vor dem Spiel war Man-City-Star Oleksandr Zinchenko (25) bei der obligatorischen Pressekonferenz in Tränen ausgebrochen. „Jeder Ukrainer will nur eines: diesen Krieg beenden“, sagte der Premier-League-Profi. Gemeinsam mit seinen Nationalmannschaftskollegen wollte er sportlich ein Zeichen setzen. „Wir wollen zur Weltmeisterschaft fahren. Wir wollen den Ukrainern dieses unglaubliche Gefühl geben, denn die Ukrainer haben es in diesem Moment so sehr verdient.“
WM 2022: Ukraine feiert emotionalen Playoff-Sieg in Schottland
Gänsehaut pur dann auch beim Einlauf der Mannschaften in Glasgow: Die Ukrainer um Kapitän Andriy Yarmolenko (32) kamen jeweils in ukrainische Landesflaggen gehüllt in die Arena, schmetterten die Hymne anschließend voller Leidenschaft mit. Die schottischen Fans – ohnehin für ihre beispiellose Hingabe bekannt –legten anschließend nach, sorgten mit einem unfassbar lauten Hymnen-Chor für den nächsten bewegenden Moment. Was für eine großartige Atmosphäre!
Und die übertrug sich sofort auf beide Teams auf dem Rasen: Von der ersten Minute an wurde gekämpft, gesprintet und gegrätscht. Vor allem die Ukrainer wirkten in der Anfangsphase ungemein motiviert. Beleg: Binnen der ersten zehn Minuten holten sich Roman Yaremchuk (26) und Ruslan Malinovskyi (29) nach jeweils beherztem Einsteigen den Gelben Karton ab. Auf der anderen Seite hatte Schottlands Sturm-Kante Lyndon Dykes (26) Glück, nach einem fiesen Ellebogen-Check „nur“ mit einer Verwarnung davonzukommen. Kampf pur!
Ex-BVB-Star Andriy Yarmolenko bringt Ukraine in Schottland in Führung
Doch es gab auch ein fußballerisches Glanzlicht im ersten Durchgang, und das setzte die Ukraine! Der ehemalige Dortmunder Bundesliga-Profi Yarmolenko pflückte einen langen Ball technisch herausragend aus der Luft, überlupfte Schottlands Torwart-Oldie Craig Gordon (39) – und traf zum umjubelten 1:0 für die Gäste (33. Minute).
Unmittelbar nach Wiederbeginn dann schon die Vorentscheidung: Yaremchuk war nach einer Flanke zur Stelle, köpfte ins lange Eck zum 2:0 ein (49.). Grenzenloser Jubel bei den Tausenden gelb-blau gekleideten Fans auf den Rängen.
Verzweiflung dagegen bei den Schotten, denen in der Offensive mal so gar nichts einfallen wollte. Dann kam John McGinn (27) völlig frei vor dem ukrainischen Kasten zum Kopfball, setzte die Kugel knapp, aber kläglich rechts neben das Tor. Chance vertan.
Doch es wurde doch noch einmal kribbelig: Ukraine-Keeper Georgiy Bushchan (27) verschätzte sich komplett bei einer Hereingabe, Callum McGregor (28) reagierte blitzschnell – und traf zum 1:2-Anschluss für die Schotten (80.). Das Stadion bebte!
Doch es half nichts mehr: Am Ende brachten die Ukrainer den Sieg ins Ziel, Oleksandr Zubkov (25) traf quasi mit dem Schlusspfiff zum 3:1-Endstand. Das von den Kriegswehen so schwer getroffene Land kann sich nun am Sonntagabend in Cardiff den großen Traum von der WM-Teilnahme erfüllen. Für Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer wäre es ohne Frage ein helles Licht in einer dunklen Zeit.