Woher kommt die Sicherheit, wenn um einen herum alles neu, aufregend und fremd ist? Die Olympioniken aus Deutschland vertrauen vor ihren Wettkämpfen auf erprobte Abläufe, Routinen und Glücksbringer. Die eine oder andere schräge Marotte ist auch dabei.
Aberglaube & RitualeDie verrückten Ticks unserer Olympia-Helden
Tokio. Niemand will vor einem wichtigen Wettkampf – noch dazu bei den Olympischen Spielen – mit dem falschen Bein aufstehen. Der Trick von Turner und Silbermedaillengewinner Lukas Dauser (28)? „Ich stehe morgens mit beiden Beinen gleichzeitig auf.“ Rituale und Marotten wie diese sind vielen Sportlerinnen und Sportlern wichtig, auch Glücksbringer spielen eine Rolle fürs Selbstvertrauen vor dem Schritt ins Rampenlicht. Hier einige Beispiele:
Ordnung 1: Für Turner Lukas Dauser ist die Sache nach dem Aufstehen mit beiden Beinen noch längst nicht erledigt. Schon tags zuvor geht es los mit Rasieren, damit er das vor einem Wettkampf nicht mehr tun muss. „Ich lebe nach dem Motto: Wer rasiert, verliert“, sagt er. Eine halbe Stunde vor dem Einturnen gibt es dann einen Kaffee, das gebe ihm ein Gefühl von Sicherheit. Eine Rolle spielen auch seine Badelatschen. Die stellt er auf dem Weg zum Gerät immer exakt parallel ab. „Das sind so kleine Spielchen, die ich mit mir am Wettkampftag spiele.“ Und die scheinen sich ausgezahlt zu haben: Dauser turnte in Tokio am Barren zur Silbermedaille!
Ordnung 2: Die Springreiterinnen und Springreiter setzen fürs richtige Teamgefühl auf ein abgestimmtes Outfit. „Um ein Gefühl von Zusammengehörigkeit zu schaffen, ziehen wir uns jeden Morgen einheitliche T-Shirts aus unserer Team-Kleidung an. Das haben wir in Rio schon so gemacht. Ich schicke immer abends ein Foto in unsere Gruppe, welche Farbe am nächsten Tag dran ist“, sagt Spring-Bundestrainer Otto Becker (62).
Aberglaube: Olympioniken setzen auf Einhorn, Hahn und Glückszettel
Beschwörung: Auf dem Weg zu ihrem Bronze-Kampf schlug sich Judoka Anna-Maria Wagner (25) energisch auf die Brust und brüllte: „Meine Medaille!“. Dazu blickte sie nach oben. „Das gibt mir Selbstbewusstsein. In dem Moment spule ich einfach alles ab, was ich gleich auf der Matte abliefern will. Der Blick nach oben geht an meine Oma. Ich weiß, dass sie immer dabei ist und meine Wettkämpfe von oben mitverfolgt. Es ist einfach die Überzeugung, jetzt auf die Matte zu gehen und alle hinzuhauen.“ Es klappte.
Glücksbringer 1: Die 19 Jahre alte Schwimmerin Isabel Gose hat bei ihren Rennen seit Kurzem ein Einhorn dabei. „Meine Mama häkelt. Sie ist momentan voll im Einhorn-Fieber und häkelt lauter kleine Einhörner“, erzählt Gose. „Sie hat mir und meinem Freund Lukas Märtens vor den Quali-Wettkämpfen kleine Einhörner gemacht und die haben wir jetzt immer dabei.“
Glücksbringer 2: Auch Fahnenträger Patrick Hausding (32) vertraut auf die Kraft eines Glücksbringers. „Ich habe seit einiger Zeit ein Kuscheltier, einen Hahn, den mir meine Freundin geschenkt hat. Und mein Vater hat mir oft vierblättrige Kleeblätter laminiert mitgegeben. Das hat oft geklappt.“
Glücksbringer 3: Diskuswerfer Daniel Jasinski (32) hat bei jedem Wettkampf Zettelchen und Bilder von seinen Kindern und seiner Frau im Koffer. Diesmal bekam der Bochumer drei auf Zettel geklebte Glückssträhnen samt Glückwünschen mitgeschickt.
Erinnerung: Lara Lessmann (21) erlebt in Tokio die Olympia-Premiere von BMX-Freestyle mit. Sie hat ein Tattoo auf dem linken Mittelfinger, da steht „Nur Mut“: „Für meine Sportart braucht man viel Mut. Das erinnert mich immer wieder daran, dass man einfach mal machen und nichts bereuen sollte.“
Routine: Für Beachvolleyball-Olympiasiegerin Laura Ludwig (35) und ihre Partnerin Margareta Kozuch (34) sind die Abläufe vor dem Wettkampf wichtig. „Im Grunde sind das einfach Routinen, das sind super viele. Wir packen zusammen die Tasche, das ist ein sehr schönes Ritual. Bevor wir etwas vergessen, man ist normal etwas aufgeregt und nervös.“ (dpa)