Bei Olympia in Rio starb ihr Trainer bei einem Autounfall, fünf Jahre später holte sie in Tokio das erste Gold für das deutsche Team. Doch auch an diese Spiele hat sie nicht nur gute Erinnerungen.
Holt sie das erste deutsche Gold?Kanu-Star verlor bei Olympia 2016 den Trainer – und feierte in Tokio traurigen Sieg
Plötzlich war da Rafael Nadal. Der spanische Tennis-Star hatte die Mensa im Olympischen Dorf betreten, und als Ricarda Funk ihn erblickte, hatte sie ihren ersten „Fan-Girl-Moment“ in Paris, wie sie erzählt. „Da war schon mal kurz Herzklopfen. Ich bin absoluter Tennis-Fan.“
Ricarda Funk, 32, ist mehrfache Weltmeisterin und wurde in Tokio Olympiasiegerin im Kanuslalom. Aber die Magie von Olympia, Begegnungen mit Sporthelden wie Nadal – das erlebt Funk in Paris zum ersten Mal. Denn trotz ihres Triumphs vor drei Jahren lastet auf der Sportsoldatin eine Art Olympia-Fluch.
Tragödie in Rio: Ricarda Funks Trainer stirbt bei Autounfall
Rio 2016 hätten ihre ersten Spiele sein sollen. Sie gilt als Favoritin, doch dann platzt der Traum in der Olympia-Qualifikation. Dann die Tragödie: Bei den Spielen in Brasilien stirbt ihr Trainer Stefan Henze bei einem Autounfall. Er wurde nur 35 Jahre alt.
„2016 war ein scheiß Jahr für mich, das geht irgendwie immer noch nicht in meinen Kopf rein, was da passiert ist“, sagte sie bei olympics.com. Trotz des Schicksalsschlags nimmt sie einen neuen Anlauf. Bei der WM 2019 schnappt sich Funk ihr Olympia-Ticket für Tokio.
Wegen Corona aber finden die Spiele ein Jahr später als geplant statt. Funk fragt sich: „Was hat Olympia eigentlich gegen mich?“ Beim Nachholtermin 2021 könnte es sportlich besser nicht laufen. Gold! Feiern aber kann sie das kaum. Wegen der Corona-Auflagen – und weil in ihrer Heimat die Flut wütet.
Der Kreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz, wo Funk aufgewachsen ist, wird von dort nie gesehenen Überschwemmungen heimgesucht. 135 Menschen sterben im Ahrtal. In Paris will Funk all die Negativerlebnisse endlich hinter sich lassen.
„Ich versuche alles aufzusaugen, was ich aufsaugen kann“, sagte sie am Donnerstag bei einer Pressekonferenz im deutschen Haus. Am Samstag (27. Juli 2024) wird es ernst, dann stehen am Nachmittag die Vorläufe an.
In Paris hat Funk gleich eine doppelte Medaillen-Chance: Außer im Einer-Kajak tritt Funk auch in der neu geschaffenen Disziplin Kajak-Cross an. Den Wettbewerb sieht Funk als „große Bereicherung. Beim Cross bin ich mördernervös. Da werden die Ellbogen ausgepackt.“
Neu ist für Funk auch, dass sie bei ihren Olympiawettkämpfen von Fans angepeitscht wird. Im Pariser Wassersportstadion von Vaires-sur-Marne finden mehrere tausend Zuschauerinnen und Zuschauer Platz.
Als dort vor einigen Tagen erste Soundchecks durchgeführt wurden, „habe ich mal kurz auf die Tribüne geguckt und mir vorgestellt, dass meine Familie da sitzen wird“, erzählt Funk. „Da hatte ich fast schon ein paar Tränen in den Augen.“
Es scheint, als sei der nächste Herzklopf-Moment bei Olympia für Ricarda Funk nur eine Frage der Zeit. (sid)