Schläge, Essensentzug, Zwang: Die ukrainisch-deutsche Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Aljona Savchenko berichtet nach dem Drama um Kamila Walijewa von rabiaten Trainingsmethoden, die sie selbst erleben musste.
Nach Walijewa-DramaSavchenko über Methoden in Russland: Schläge & Zwang – Athletin in Mülltonne gestopft
Nach dem Drama um die 15-jährige Eiskunstläuferin Kamila Walijewa im Februar 2022 bei Olympia in Peking, hat sich nun die ukrainisch-deutsche Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Aljona Savchenko (38) über rabiate Trainingsmethoden geäußert, die sie am eigenen Leib erleben musste.
In einem Interview des Senders Eurosport berichtete sie am Samstag (19. Februar 2022) von Schlägen, dem Entzug von Essen und dem Zwang zum Training. „Ich hatte Trainer, die mich mit Schonern auf den Kopf geschlagen haben, wenn ich irgendwelche Elemente schlecht gemacht habe. Ich hatte Trainer, die mit Wasserpistolen in der kalten Eishalle geschossen haben. Ich hatte Trainer, die uns wenig Essen gegeben haben“, erzählte Savchenko in dem Interview.
Aljona Savchenko zum Training gezwungen
Die 38-Jährige sagte, es sei manchmal wie eine Strafe gewesen: „Morgens aufstehen, erstmal auf die Waage, dann ein bisschen essen, zum Mittag Salat, abends gar nichts. Es gab Lehrgänge, wo wir hungrig waren. Wir haben in der Kantine heimlich nach Essen gefragt, uns hier und da etwas geklaut und versteckt gegessen.“
Sie habe auch einen Trainer gehabt, der sie zum Training gezwungen habe, obwohl es von ihrem Körper aus nicht gegangen sei. Auf einem Lehrgang in Russland habe eine Trainerin sie zum Abnehmen aufgefordert, indem sie sich nach dem Essen zwei Finger in den Mund stecken und sich übergeben solle, berichtete Savchenko außerdem.
Hajo Seppelt über Trainingsmethoden: „Müll gehört in den Müll“
Doch nicht nur Savchenko berichtet von unmenschlichen Methoden. ARD-Doping-Experte Hajo Seppelt (59) hat in Sachen Trainingsmethoden in Russland recherchiert und in sozialen Netzwerken Hinweise auf seelische Misshandlungen gefunden. „Hier wird von einer Eiskunstläuferin aus dem Team berichtet, dass wenn sie ein schlechtes Training hatte, dann wurde sie in einen Mülleimer gesteckt und oben der Deckel draufgemacht und dann musste sie bis zum Ende des Trainings dort verweilen. Ihr wurde gesagt: ‚Müll gehört in den Müll‘.“
Savchenko, die 2018 für Deutschland Olympia-Gold mit ihrem französischen Partner Bruno Massot (33) gewann, äußerte sich vor dem Hintergrund des Falls des russischen Eiskunstlauf-Teenagers Kamila Walijewa bei den Winterspielen in Peking. Die 15-Jährige, gegen die wegen eines positiven Dopingtests ermittelt wird, hatte nach einer verpatzten Kür den vierten Rang belegt und wurde von ihrer Trainerin danach nicht getröstet, sondern kritisiert.
Savchenko sprach sich für ein Mindestalter für Teilnehmende aus. „Ab 16, 17, 18 wäre es vertretbar. Mit 15 ist man doch noch zu jung. Mit 17 oder 18 geht man mit anderen Gedanken an die Sache heran und kann vielleicht selbst entscheiden: Mache ich das oder mache ich das nicht?“, sagte Savchenko. (dpa/mn)