Er trainierte die TV-LegendeKölns Box-Held Nelvie Tiafack – über Olympia und Instagram zu Stefan Raab

Nelvie Tiafack als Trainer von Stefan Raab bei seinem Comeback gegen Regina Halmich.

Der Kölner Boxer Nelvie Tiafack (r.) als Trainer von Stefan Raab bei dessen TV-Comeback am Samstag (14. September).

Nelvie Tiafack ist derzeit in aller Munde: Erst holte er Olympia-Bronze, jetzt kam er durch Stefan Raab ins Rampenlicht. Die Karriere des Superschwergewichtsboxers begann bei einem Kölner Traditionsverein.

von Philipp Meckert  (pm)

Er sorgte bei Olympia 2024 in Paris für Jubelstürme, räumte sensationell Bronze ab. Deutschlands Superschwergewichts-Champ Nelvie Tiafack! Kurz darauf, beim TV-Comeback von Stefan Raab am Samstag (14. September 2024) gegen Regina Halmich, stand Tiafack als sein Coach wieder im Rampenlicht.

„Du hättest jeden an deiner Seite haben können, aber du hast mich gewählt“, schrieb der 25-jährige Kölner emotional bei Instagram in Richtung Stefan Raab. „Ich fühle mich geehrt und bin stolz!“ Zu Raab kam er über Instagram, wie die TV-Legende verriet. Er hatte Tiafack einfach direkt gefragt.

Deutscher Olympia-Held begann in Köln: „Er war richtig schlecht“

Doch wer ist der Kerl, der die Boxwelt aufmischt und nach Paris ins Profilager wechselt? EXPRESS.de ging auf Spurensuche. In Köln, beim „SC Colonia 06“ in Müngersdorf.

Alles zum Thema Stefan Raab

Die rostroten Abelbauten zwischen den saftig grünen Vorwiesen und dem Rheinenergie-Stadion. Hinter einer grauen Stahltür, die man leicht übersehen kann, liegt die Keimzelle der Boxchamps, made in Colonia. Der erste Blick fällt auf reihenweise Sandsäcke und Spiegelwände. Rund um einen Boxring hängen nostalgische Plakate großer Champs und Events.

„Dort wird Nelvie einen Ehrenplatz bekommen. Wir werden ihn mit einem großen Foto und den olympischen Ringen würdigen“, sagte Hans Ehle, Geschäftsführer des SC Colonia und seit 56 Jahren in Deutschlands ältestem Boxverein tätig. Nicht wegen Raab, aber wegen der Leistungen bei Olympia natürlich.

Ehle war damals dabei, als vor zehn Jahren ein dicker Junge aus Kamerun in den Müngersdorfer Gym kam – und mal trainieren wollte. Um abzunehmen.

Hier lesen: Für Olympia-Halbfinale Boxer Tiafack freut sich auf Umzug ins Stade Roland Garros

„Er stellte sich als Nelvie vor und wollte Boxen lernen, um seinen Speck loszuwerden“, erinnert sich Ehle. „In der Tat war er so breit wie hoch. Ein Klops. Als er dann mal in den Ring kam, war er schlecht. Richtig schlecht. Wir dachten: Aus ihm einen guten Boxer zu machen, das wird verdammt schwer.“ Superschwer.

Aber das Colonia-Urgestein Franz Zimmermann (starb 2019) nahm sich Nelvie an und erkannte sein Potenzial. Nach nur zwei Jahren meldete er ihn zur Deutschen Jugendmeisterschaft. Tiafack gewann. 2016 schon Bronze bei der Jugend-WM. Es ging Schlag auf Schlag, 2022 Goldmedaille bei der EM. Und jetzt Olympia.

„Vor ein paar Wochen noch hat er hier in unserem Gym hart trainiert“, erzählt Ehle. „Immer wenn ich mit ihm das eine oder andere Mal Pratzentraining machte, war ich überrascht, wie hart Nelvie schlägt. Mir taten danach immer die Schultern weh. Ich fragte mich auch, wie das ein Gegner aushalten kann, wenn ihn so ein Schlag am Kopf oder Körper trifft.“

Doch Nelvies Erfolgsgeheimnis ist nicht nur die ungeheure Schlagkraft. „Er ist eine Dampfwalze. Unaufhaltsam. Er hat auch eine extreme Schnelligkeit. Er ist sehr gut auf den Beinen, kann sich rasant bewegen und blitzschnell schlagen. Das macht ihn so erfolgreich.“

Schnelle, klare Treffer setzen, die den Gegner zermürben und die Punktrichter überzeugen – Tiafacks Schlüssel für große Titel. Gefertigt in der Schmiede des SC Colonia.

Kölner Boxclub will Wissen über den Sport und die Stadt vermitteln

Ehle ist aber neben dem sportlichen Aspekt noch ein anderer Punkt wichtig, der den 25-Jährigen zum Vorbild geformt hat: menschliche Werte. „Viele junge Menschen aus verschiedensten Ländern und Kulturen, die zu uns kommen, durchlaufen hier quasi eine zweite Schule. Wir achten darauf, dass sie gute Arbeiten schreiben, bringen ihnen hier aber auch Grundwerte und Manieren bei.“

Also Respekt („Wir geben uns die Hand, schauen uns beim Gespräch in die Augen“), Ehrlichkeit und Fairness, ebenso Wissen. Und besonders: Wissen über Köln.

Eingang zum Boxclub Colonia 06.

Der Eingang zum Box-Gym des SC Colonia 06 in den Abelbauten direkt vorm Rheinenergie-Stadion.

„Wir sind ein nunmehr 118 Jahre alter Kölner Traditionsverein und da liegt es mir besonders am Herzen, dass unsere Jungs und Mädels auch Köln kennen“, so Ehle. „Da stelle ich etwa die Fragen: Wie hoch sind die Dom-Türme? Wie viele Brücken hat Köln? Das müssen die Schützlinge beim nächsten Mal wissen. Und wer es weiß, kriegt von mir fünf Euro.“

Auch Tiafack musste wohl schon mal die Köln-Fragen beantworten. Problem: Bei nur 60 Euro Aufwandsentschädigung pro Monat zahlt der ehrenamtliche Geschäftsführer drauf. Ungern, aber oft.

In Köln begann alles – Tiafack will nun Profi werden

„Das ist mein letztes olympisches Turnier, danach gehe ich zu den Profis. Ich denke mal, es ist ein Riesenvorgeschmack auf das, was hoffentlich in Zukunft auf mich wartet“, sagte der Superschwergewichtler im TV während der Olympischen Spiele. Der Kölner will als Profi Superstars wie Lennox Lewis, Wladimir Klitschko und Anthony Joshua nacheifern – auch sie feierten vor der Profikarriere Erfolge bei Olympia.

Nelvie Tiafack im Ring.

Nelvie Tiafack bei den Olympischen Spielen – am Ende sprang die Bronzemedaille heraus.

Profi Tiafack – da schwingt bei Ehle neben Stolz auch Wehmut mit: „Natürlich sind wir im Herzen bei unserem Schützling und drücken ihm jetzt alle Daumen. Aber Boxer gehen ihren Weg, doch die Vereine, die sie von klein auf zu dem gemacht haben, was sie sind, kriegen null Cent. Wir haben über Jahre sicher Zigtausende Euro investiert – und dann ist der Sportler fott.“

Ja, wat fott es es fott. Da kann man als Verein nur auf das nächste Talent hoffen, das vielleicht eines Tages in den Box-Gym kommt. Um einfach mal zu trainieren. So wie Nelvie Tiafack, der es von Köln aus auf die Bühne der Sportwelt schaffte.