Der Notstand in Japan wird angesichts der kritischen Corona-Lage noch einmal erweitert. Die Paralympics-Athleten starten mit einem mulmigen Gefühl nach Tokio.
Lage „außer Kontrolle“Japan weitet Notstand vor den Paralympics aus – Athleten in großer Sorge
Tokio. Tim Focken blickt mit einiger Sorge in Richtung Tokio. „Der größte Faktor ist das Virus, das alles zerstören kann. Mit dem fällt und steht alles. Selbst wenn man angekommen ist, ein positiver Schnelltest - und du musst zwei Wochen in Quarantäne. Ob du willst oder nicht, das war's dann“, sagte der Para-Sportschütze vor den am 24. August beginnenden Wettkämpfen.
Wenn ein Großteil des „Team D“ Paralympics am Donnerstag von Frankfurt nach Japan aufbricht, reist die Angst bei vielen Athletinnen und Athleten angesichts der alarmierenden Meldungen von steigenden Corona-Zahlen und einer Ausdehnung des Notstandes mit. „Das Virus ist immer präsent“, betonte Focken.
Auch bei Leichtathletin und Gold-Hoffnung Irmgard Bensusan. Ihre „Horrorvorstellung“ sei, „dass man sich fünf Jahre auf die Wettkämpfe vorbereitet, und dann wird man kurz vorher positiv getestet“, sagte die 30-Jährige von Bayer Leverkusen.
Man verfolge die Pandemie-Entwicklung „mit großer Sorge“, ergänzte Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS). Sie gehe deshalb, so Bensusan, „überhaupt kein Risiko“ ein und treffe „extreme Vorsorge“.
Japan weitet den Notstand vor den Paralympics aus
Doch die Gefahr wird immer größer. Japan wird wegen der weiterhin explodierenden Ausbreitung der Delta-Variante den Notstand auf sieben weitere Präfekturen ausdehnen. Dies teilte die Regierung am Dienstag mit, nachdem im Land zuletzt mehr als 20.000 Neuinfektionen an einem Tag gezählt worden waren. Die Region um Tokio war bereits vor und während der Olympischen Spiele im Notstand, der bis zum 12. September bestehen bleibt.
„Die Infektionszahlen in ganz Japan erreichen ein Niveau, das wir noch nicht erlebt haben“, sagte Yasutoshi Nishimura, der für die Abwehr gegen das Coronavirus zuständige Minister: „Die Zahl der Patienten im ernsten Zustand steigt täglich.“ Schon zuletzt hatte es aus Regierungskreisen geheißen, dass die Lage „außer Kontrolle“ sei.
Wie bereits bei Olympia sind deshalb auch bei den Paralympics (24. August bis 5. September) keine Fans in den Sportstätten zugelassen. Eine Ausnahme gibt es für einige Schülerinnen und Schüler, die im Rahmen eines integrativen Erziehungsprogramms zu den Spielen dürfen.
Auch Beucher forderte seine Mannschaft vor der Abreise eindringlich auf, „die Regeln mit größter Sorgfalt einzuhalten, um eine Ansteckung zu verhindern. Dafür müssen wir alles tun.“
IPC-Präsident Andrew Parsons hatte die erwarteten 4400 Sportler und Sportlerinnen aus 160 Ländern sowie rund 12.000 Offizielle und Helfer ebenfalls noch einmal mit Nachdruck darauf hingewiesen, „sehr wachsam“ zu sein. „Wir können die aktuellen Fallzahlen in Japan und Tokio nicht ignorieren“.
Die Olympischen Spiele hätten der Welt jedoch gezeigt, so Parsons weiter, „dass ein großes globales Sportereignis sicher durchgeführt werden kann“. Darauf baut auch Para-Badminton-Spielerin Valeska Knoblauch. Sie sei schon ein paar Mal in Tokio gewesen, „und so wie die es damals organisiert haben, war das echt alles top. Daher habe ich das Gefühl, dass die Organisatoren das auch dieses Mal hinbekommen sollten.“ (sid)