Brennpunkt Neumarkt: Exemplarisch für die Beschwerden der Anwohner schildert eine 18-Jährige, wie sehr die Probleme mit Drogensüchtigen und Obdachlosen zugenommen haben.
Brennpunkt Neumarkt„Wir kommen nicht rein oder raus“: Hilferuf einer Kölnerin (18)
Köln. Sie habe schon daran gedacht, der Oberbürgermeisterin einen Brief zu schreiben. Zeilen, die einem Hilferuf gleichkämen. Aber das würde nicht viel bringen, sagt sich Georgina. Schließlich habe sie in den vergangenen Tagen gelesen, dass Ordnungsamt und Polizei betonen, wie sehr sie das Geschehen rund um den Neumarkt im Auge haben.
Doch gebessert habe sich nichts, so die 18-Jährige. Im Gegenteil: „Die Probleme mit Drogenabhängigen und Obdachlosen haben so zugenommen, dass wir kein normales Leben mehr führen können.“
Neumarkt Köln: Anwohner wegen Drogen und Obdachlosen verzweifelt
Georgina will ihren kompletten Namen nicht auf EXPRESS.de lesen, auch kein Foto von sich zeigen – aus Angst sagt sie, danach noch mehr Probleme zu bekommen. Sie und ihre Familie, Mama, Papa und zwei jüngere Geschwister, könnten die Not der Obdachlosen und Suchtkranken verstehen. „Aber es kann doch nicht sein, dass wir deswegen morgens nicht mehr das Haus verlassen können oder abends nicht mehr rein kommen, sagt Georgina und zeigt EXPRESS.de ein Foto, das wenige Tage alt ist.
Vor dem Hauseingang auf der Schildergasse nahe dem Neumarkt hat eine Obdachlose ihr Nachtlager aufgeschlagen. Mit ihrem ganzen Hab und Gut inklusive Einkaufswagen verbarrikadiert sie so die Tür.
Das passiere inzwischen mehrmals die Woche, sagt Georgina. „Meine Geschwister und ich sind deshalb schon öfter zu spät zur Schule gekommen.“ An anderen Tagen liegen Junkies vor der Haustür, erzählt Georgina weiter. Schwerstabhängige, die unberechenbar reagierten, wenn man versuche, die Tür zu öffnen. Auch diene der Hauseingang als Toilette: Kot und Urin – der Ekelfaktor sei enorm.
„Vor allem meine kleine Schwester hat Angst“, sagt die Kölnerin. Sie ist erst 8. Neulich hat sie gesagt, dass sie gerne aufs Land ziehen möchte, wenn sie groß ist.“ Seit 16 Jahren wohnt die Familie nahe dem Neumarkt. Georgina ist damit aufgewachsen, dass es in der Kölner Innenstadt Not und Elend gibt. „Aber die Ausmaße sind extrem geworden. Zu extrem.“
In der Nacht zu Samstag (25. September) eskalierte die Situation einmal mehr: Georgina rief gegen 22.30 Uhr die Polizei. Ihre Mutter war mit dem Hund Gassi gegangen, kam aber nicht mehr ins Haus rein, weil sich inzwischen die obdachlose Frau vor die Tür gelegt hatte und äußerst aggressiv reagierte, erzählt die 18-Jährige. „Sie wollte meine Mutter schlagen und meinte, es sei ihr Haus.“
Die Polizisten seien dazwischen gegangen; die Frau habe dann einen Platzverweis bekommen. Georgina ist sich sicher, dass die nächsten Abende und Morgen ähnlich verlaufen werden.