Adolf-Hitler-BrückeDie Geschichte des berühmtesten Kölner Aufklärungsbildes
Köln – Es ist nur wenige Tage nach dem 8. Mai 1945, dem Tag der deutschen Kapitulation, als sich ein aus dem Westerwald kommender Lastkraftwagen, in dem eine Familie sitzt, in Richtung Westen der Kölner Adolf-Hitler-Brücke nähert – beziehungsweise dem, was von der Brücke noch übrig ist.
Bewegender Bericht eines Zeitzeugen: Er war fünf
„Ich erinnere mich noch sehr gut an den Tag“, sagt Peter Jungen, „Business Angel“-Investor (Peter-Jungen-Holding) und ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Strabag AG. Seit 35 Jahren lebt der Unternehmer in Marienburg.
Er saß mit in jenem Lkw. Er war fünf Jahre alt. Auf der anderen Rheinseite lagen Rodenkirchen und eben Marienburg, das eines Tages sein Lebensmittelpunkt werden sollte.
(Lesen Sie hier: Die Geheimnisse der Marienburg)
Der Vorgänger der Rodenkirchener Brücke
Die Brücke, später als Rodenkirchener Brücke wiederaufgebaut, lag kriegszerstört in Trümmern. „Die Alliierten hatten als Provisorium eine schwimmende Pontonbrücke gebaut. Wir fuhren relativ flach übers Wasser auf die andere Seite, dann weiter entlang über verbrannte Felder in Richtung Aachen“, erzählt Jungen.
In einer Galerie stieß Jungen auf das Werk
Diese Szenen der Kindheit wurden wieder lebendig, als Jungen vor zehn Jahren in einer Galerie auf das Werk „Bridge 14 Feb 1945“ des Künstlers und Kölner Ehrenbürgers Gerhard Richter stieß. Es hängt heute in seinem Haus in Marienburg.
Der von Bomben getroffene Kölner Süden
Es ist eine auf den Tag datierte, bearbeitete, gestochen scharfe, erstarrte und doch so dramatisch wirkende Luftaufnahme der US Airforce. Das Aufklärungsbild zeigt den von Bomben getroffenen Kölner Süden, Marienburg, Rodenkirchen, den Verteiler, die Autobahnblume und eben jene, im Fluss liegende zerstörte Brücke, die Peter Jungen und seine Familie damals hinter sich ließen. Rauch wie von einer Explosion steigt auf.
Das Originalfoto hing lange in Richters Atelier
Das unpublizierte, unbearbeitete Originalfoto, so der Kulturwissenschaftler Gunnar Schmidt in einem Essay, habe lange in Richters Atelier gehangen. Erst 1999 habe er sich an einen Lithographen gewandt, „um mit digitaler Retusche die photomechanischen Fehler der geheimnislosen Darstellung eliminieren zu lassen. Die Verwandlung von einem „schmutzigen“ Kriegsfoto in ein reines Bildwerk nahm weit über hundert Stunden in Anspruch.“
„Das Foto wirkt wie eine Landkarte“
Frage an Peter Jungen – was macht das Foto in seinen Augen so bemerkenswert? „Die meisten Bomben trafen Gärten, nur wenige der Marienburger Villen wurden zerstört. Man kann sehr genau die Bombentrichter und ihre Ränder erkennen“, sagt er.
„Eine weitere Besonderheit des Bildes ist, dass es fast wie eine Landkarte wirkt. Wenn man sich die Straßenführung ansieht: Die ist heute nahezu unverändert. Und wenn man weiß, wo Freunde und Bekannte wohnen, schaut man nach den Straßenzügen und erkennt sie.“
Sieben Jahrzehnte sind seit der Aufnahme des US-Flugzeuges vergangen. In dieser Zeit hat Marienburg einerseits seinen Nimbus als Stadtteil der gelassenen Noblesse erhalten, sich aber auch angepasst und verändert.
Peter Jungen zieht ein positives Fazit: „Marienburg unterlag immer wieder beachtlichen strukturellen Wandlungen. Aber das erfreuliche, gar tolle ist, dass heute besonders viele junge Familien mit kleinen Kindern hier leben.“