Die eigene Tochter und den Enkel durch ein abscheuliches Verbrechen zu verlieren – die Kölnerin Rosi musste diesen Schmerz erleiden. Die Mutter von Derya (†24) und Oma von Kian (†4) spricht exklusiv bei EXPRESS.de.
Mordfälle in KölnDerya (†24) und Kian (†4): Deryas Mutter spricht erstmals öffentlich über ihre Trauer
In knapp anderthalb Monaten jährt sich der 14. November. Für die meisten Menschen wird es in diesem Jahr ein normaler Montag sein. So aber nicht für Rosi. Denn am 14. November 2021 wurde ihre Tochter Derya (†24) und ihr Enkel Kian (†4) im Niehler Hafen auf grausame Weise ermordet.
Rosi hatte sich bislang nie in der Presse gezeigt, hat sich nie zu der abscheulichen Tat geäußert. Gegenüber EXPRESS.de spricht die Kölnerin erstmals exklusiv über ihr schlimmes vergangenes Jahr, ihr Seelenleben und über Menschen, die sich rund um den Prozess mit dem Tod der beiden profiliert haben.
Mord in Köln: Deryas Mutter Rosi spricht über den Prozess
Derya und Kian wurden am 14. November 2021 ermordet. Der Vater des Kindes, Anil G., lockte die beiden zum Niehler Hafen und fiel zuerst über Derya und dann über sein eigenes Kind Kian her.
Am 6. September 2022 wurde er in Köln wegen zweifachen heimtückischen Mordes mit niedrigen Beweggründen zu lebenslanger Haft verurteilt. Es wurde darüber hinaus die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Eine mögliche Haftentlassung nach 15 Jahren scheidet damit höchstwahrscheinlich aus.
Rosi war an jedem Prozesstag im Gericht dabei, musste sich die grausamen Details der Tat anhören. Sie hielt sich dabei jedoch im Hintergrund, trat nie vor die Kameras, gab keine Interviews. Diesen „Job“ erledigten andere Personen.
Personen, die im Nachgang beispielsweise vertrauliche Sprachnachrichten von Derya an den deutschlandweit bekannten True-Crime-Podcast „Mord auf Ex“ weiterleiteten, obwohl die Familie damit nicht einverstanden war.
Rosi und Deryas Vater sind bereits seit den frühen 2000er Jahren geschieden, pflegen jedoch ein gutes Verhältnis. Eine Frau, die nach der Ehe mit Deryas Vater zusammen war, dies jedoch schon lange nicht mehr ist, betitelte sich als Stiefmutter der Verstorbenen. Auch bei EXPRESS.de wurde über sie berichtet. Laut Aussagen von Rosi sei sie aber höchstens eine Bekannte der Familie, vor allem in den vergangenen Jahren.
Deryas Mutter Rosi: „Es ist unerträglich“
„Wir wollen auch gar keinen Kleinkrieg mit diesen Menschen anfangen. Sondern einfach nur klarstellen, wie es wirklich ist. Und vor allem unsere Ruhe“, sagt Rosi mit Tränen in den Augen. Ihre Schwester, Deryas Tante, und Rosis Lebensgefährte sitzen während des Interviews neben ihr und geben ihr Kraft.
Zur Ruhe kam Deryas Mutter aber auch nach Prozessende nicht. Immer wieder, laut eigenen Aussagen mehr als ein Dutzend Mal, wurde sie auf die Berichtserstattung und die vermeintliche Stiefmutter angesprochen. „Ich wurde gefragt, ob ich wirklich die Mutter von Derya sei. Ob ich sie irgendwann zur Adoption freigegeben habe. Von meinem Chef, von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, von alten Freundinnen und Freunden. Es ist unerträglich“, sagt Rosi.
Köln: Deryas Mutter Rosi befindet sich in psychologischer Behandlung
Sie hatte mit Derya und Kian ein inniges Verhältnis. Oft kamen die beiden in ihrem Garten vorbei, Kian brachte ab und an seine Freunde zum Spielen mit. „Für ihn gab es nur seine Oma und seinen Opa. Sie waren seine Helden“, sagt Rosis Lebensgefährte.
Rosi hat, wie Deryas gesamte Familie, ein schreckliches Jahr hinter sich. Sie musste sich nach dem Tod ihrer beiden geliebten Menschen um die Kontoauflösung, die Abmeldung beim Kindergarten oder den Krankenkassen kümmern – für die eigene Trauer blieb dabei keine Zeit.
„Ich habe einfach nur funktioniert. Plötzlich muss ich mit meiner großen Tochter zwei gleich aussehende weiße Särge besorgen. Es war so viel Arbeit im Hintergrund“, erzählt Rosi.
Sie sei seitdem krankgeschrieben, kann ihrem medizinischen Beruf nicht nachgehen. Außerdem befindet sie sich in psychologischer Behandlung. Immer wieder hat sie während des Gespräches mit EXPRESS.de Probleme, sich zu konzentrieren.
Mord in Köln: Deryas Mutter bedankt sich bei der Polizei
Doch trotz des großen schwarzen Lochs, welches sich seit dem 14. November 2021 in ihrem Inneren befindet, denkt Rosi nicht nur an sich und daran, ihren eigenen Seelenfrieden wiederzufinden.
So hat sie sich beispielsweise bei dem Mann bedankt, der Kians Leiche im Rhein schwimmen sah und sie herausholte. Ihm habe sie einen Gutschein und eine Karte geschickt: „Ich bin so froh, dass er das getan hat, auch wenn er sich damit selbst in Gefahr gebracht hat. Wäre Kian abgetrieben und wir hätten ihn vielleicht bis heute nicht gefunden, würden wir uns bei jedem Klingeln an der Tür oder des Telefons Hoffnung machen. So haben er und Derya gemeinsam ihre letzte Ruhe gefunden.“
Auch Deryas Freundinnen dankt sie ausdrücklich: „Die Mädchen haben so viel getan, stundenlang Plakate gebastelt – eines schöner als das andere. Auch als ich und Deryas Vater zum ersten Mal zum Tatort fuhren, haben sie den Ort mit Blumen und Kerzen geschmückt, damit es für uns erträglicher war.“
Der Kriminalpolizei und den gesamten Einsatzkräften sei sie ebenfalls dankbar – für den großen Aufwand und die vielen Überstunden. „Das sind alles Menschen, denen wir unfassbar dankbar für ihren Einsatz sind – und die sich allesamt nicht vor der Kamera dafür abgefeiert haben“, sagt Rosis Lebensgefährte.
Köln: Worte von Richterin berühren Deryas Mutter Rosi
Nach dem Urteil fiel für Rosi eine große Last ab – lebenslänglich mit der besonderen Schwere der Schuld. Ihr gehe es mittlerweile etwas besser. „Vor allem die Worte von Richterin Sabine Kretzschmar, als sie den Täter persönlich ansprach, fand ich beeindruckend und haben mir gutgetan“, sagt sie.
Laut der Richterin habe Täter Anil G., anders als von ihm angegeben, sehr wohl eine Wahl gehabt. Er hätte Vertraute einweihen können, die seine Eltern vorsichtig hätten darauf vorbereiten können, dass er Kians Vater ist. Denn der Täter wollte nicht, dass dies ans Licht kommt. Den Rest hätte Kian mit seinem Charme erledigt.
Worte, die wehtun – und einen im Hinblick auf die Brutalität und die Sinnlosigkeit der Tat einfach nur sprachlos zurücklassen. Rosi muss ihr Leben lang mit diesem Schmerz leben – und kann nun endlich langsam mit der Trauer um ihre Tochter Derya und ihren Enkel Kian beginnen.