Lärm, Urin, JunkiesAnwohnerin verzweifelt wegen Kölner Kirmes – „macht mich kirre“

Ein Anwohner der Deutzer Werft steht auf dem Balkon und blickt auf die Os­ter­kir­mes.

Sie müssen derzeit viel über sich ergehen lassen: Ein Anwohner der Deutzer Werft steht auf dem Balkon und blickt auf die Os­ter­kir­mes.

Die Diskussionen um die Deutzer Kirmes reißen nicht ab. Nun äußern sich Anwohner und Anwohnerinnen exklusiv bei EXPRESS.de und machen auf die Probleme rundum das Volksfest aufmerksam.

von Oliver Meyer  (mey)

Bum bum bum... Wenn Ulla Foemer in Deutz in ihrem Wohnzimmer sitzt, dröhnen die Bässe der Musik auf der Kirmes selbst bei geschlossenen Fenstern in der Wohnung. Öffnet sie die Balkontür, ist es unerträglich. Dann mischt sich dazu das markerschütternde Kreischen der Besucher und Besucherinnen, die die Fahrgeschäfte 50 Meter Luftlinie entfernt benutzen.

Die Ärztin ist eine von mehreren 100 Anwohnern und Anwohnerinnen, die mindestens zweimal im Jahr durch die „Hölle“ gehen. In ihren eigenen vier Wänden, wegen der benachbarten Kirmes. Einmal zehn Tage, jetzt über Ostern 16 Tage, müssen sie mit dem Lärm leben, den die Kirmes mit sich bringt.

Anwohnerin über Deutzer Kirmes: „Wahnsinn, was hier abgeht“

„Wenn ich bei schönem Wetter die Fenster öffne, um mal frische Luft zu tanken, dann habe ich nach einer halben Stunde Kopfschmerzen“, sagt Ulla Foemer. Schnell fügt sie hinzu: „Ich habe nichts gegen Kirmes. Aber ich habe etwas dagegen, dass die Stadt Köln uns nicht ernst nimmt mit unseren Problemen.“

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Und die sind vielfältig. Überall Müll, weil zu wenig Müllcontainer. Lärm durch die Autos Tausender Besucher, die verzweifelt auf der Siegburger Straße und in den Nebenstraßen der Anwohner Parkplätze suchen. Dazu vollgepinkelte Hauseingänge und vollgedröhnte Drogenabhängige.

Und dann immer wieder dieses Kreischen. Sonntags ab 12 Uhr, in der Woche ab 14 Uhr. „Vor einigen Tagen habe ich Freunde außerhalb Kölns besucht. Ich musste dann einplanen, dass ich nicht vor 22 Uhr heim fahre. Denn dann brauche ich von der Severinsbrücke bis zur Siegburger Straße rund eineinhalb Stunden mit dem Auto. Es ist Wahnsinn, was hier abgeht“, stellt Ulla Foemer fest.

Deutzer Kirmes: Anwohner und Anwohnerinnen fühlen sich nicht ernst genommen

Norbert Monßen wohnt auch neben der Kirmes. Er engagiert sich in der Bürgerinitiative Deutzer Werft. Er gibt zu bedenken: „In keiner deutschen Großstadt gibt es eine Kirmes, die 16 Tage geht und zudem mitten in einem Wohngebiet stattfindet. Das gibt es nur in Köln.“

Und die Anwohner und Anwohnerinnen fühlen sich von der Stadt nicht ernst genommen. „Da werden ein paar Schilder aufgestellt, die nicht beachtet werden, mehr nicht“, sagt Monßen. „Man muss sich mal vorstellen, dass es bis heute keine einzige Lärmmessung durch die Behörden gab. Man weiß also nicht und will es auch nicht wissen, welchem Lärm wir hier täglich ausgesetzt sind.“

Eine Dezibel-Mess-App zeigt in der Nähe der Deutzer Kirmes einen Wert von 77 an.

Einige Fahr­ge­schäfte sind so auf­re­gend, dass die Kir­mes­be­su­cher laut kreischen - und damit die Anwohner stören. Bis zu 86 Dezibel wurden auf entsprechenden Apps bereits gemessen.

Der Grund sei unter anderem, dass die Stadt nicht einmal über ein geeignetes Lärmmessgerät verfügt, erklärt Monßen. Um mal selbst einen ungefähren Wert zu haben, haben die Anwohner mit entsprechenden Handy-Apps, die den Schall messen, Messungen durchgeführt. Ergebnis: Bis zu 86 Dezibel messen sie an den Fenstern. Ulla Foemer: „Das bedeutet, dass ich hier auf dem Balkon einen vergleichbaren Lärm habe, als wenn ein Elektro-Rasenmäher neben mir läuft. Stundenlang, tagelang. Das macht mich wirklich kirre.“

Kölner Anwohner: „Deutz hat ein grundsätzliches Problem und das muss gelöst werden“

Da zu kommt noch – die Kirmes ist ja irgendwann mal vorbei – dass sich die Deutzer Werft auch zu einem beliebten Platz für sämtliche Demonstrationen entwickelt hat. „Wir hatten an acht Wochenenden hintereinander im letzten Sommer Veranstaltungen hier. Mit Megafonen, ständigen Sirenengeheul von Polizei und Rettungskräften“, sagt Monßen.

Und ergänzt: „Solche Szenen wie vor 10 Tagen, als die Kirmes völlig überfüllt war und aggressive Heranwachsende einen Großeinsatz der Polizei auslösten, beweist, dass wir hier in Deutz ein grundsätzliches Problem haben. Und das muss gelöst werden.“