Wie weit darf die polizeiliche Videobeobachtung gehen? Vor dem Kölner Verwaltungsgericht gibt es jetzt ein spannendes Verfahren.
Polizeikameras im VisierGerichtsverfahren in Köln – selbst der Gang zur Apotheke wird erfasst
Wer am Dom unterwegs ist, gerät ins Visier der Polizeikameras. Auch, wer über die Ringe oder den Neumarkt schlendert. Längst haben sich viele an die polizeiliche Videobeobachtung gewöhnt.
Die Kameras sind an Kriminalitäts-Schwerpunkten installiert und erlauben eine Live-Beobachtung, die von der Polizei für 14 Tage auch gespeichert wird. Das finden nicht alle gut. Jetzt klagen ein Kölner und eine Kölnerin vor dem Verwaltungsgericht.
Verwaltungsgericht Köln: Verfahren wegen polizeiliche Videobeobachtung
Im Kern der Verhandlung, die am Donnerstag (28. November 2024) stattfindet, geht es um die Standorte von insgesamt sieben festinstallierter Videokameras. Die sollen weg.
Der Kölner will, dass die Überwachungsmaßnahmen am Dom/Hauptbahnhof, auf den Ringen, am Breslauer Platz, Ebertplatz, Neumarkt und Wiener Platz komplett untersagt werden. Als Grund trägt er vor, dass er regelmäßig in den sechs Videobereichen unterwegs und somit ständig auf den Servern der Polizei gespeichert sei.
Am Dom/Hauptbahnhof und auf den Ringen gibt es die Kameras bereits seit Ende 2016, an den vier übrigen Stellen wurden sie Ende 2019 installiert. Laut Kriminalstatistik gibt es dort deutlich mehr Straftaten wie Diebstähle, Raub- und Drogendelikte oder Körperverletzungen wie im übrigen Stadtgebiet.
Das siebte Verfahren betrifft eine Kölnerin. Sie klagt gegen die Videobeobachtung in Köln-Kalk, die es seit Oktober 2022 gibt. Laut Polizei ebenfalls ein Kriminalitäts-Schwerpunkt.
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Die Klägerin wohnt im Erfassungsbereich der Kalker Kameras. Ihre gesamte tägliche Lebensgestaltung könne somit nachvollzogen werden, beklagt sie. Denn auch Geschäfte, Apotheke und Gastronomie, die sie nutzt, lägen im Erfassungsbereich.
Gericht muss klären: Wie weit darf die Videobeobachtung in Köln gehen?
Gehört all das, was von den Kameras erfasst wird, zum Schwerpunktbereich der Straßenkriminalität? Wie weit darf die Videobeobachtung gehen, darf sie auch in Seitenstraßen reichen?
„Um das zu klären, hat das Gericht umfangreiches Zahlenmaterial zu den in den einzelnen Beobachtungsbereichen begangenen Delikten der Straßenkriminalität angefordert“, erklärt Michael Ott, Sprecher des Kölner Verwaltungsgerichts, gegenüber EXPRESS.de.
Der jetzt klagende Kölner hatte zuvor bereits versucht, per Eilverfahren die Videoüberwachung am Breslauer Platz, Neumarkt sowie Ebertplatz zu stoppen. Der Fall ging bis zum Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster, da sowohl der Antragsteller als auch der Kölner Polizeipräsident Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichtes eingelegt hatten. Im Mai 2022 lehnte das OVG schließlich die Eilanträge des Kölner Bürgers überwiegend ab.
Begründung: Die Videoüberwachung stelle zwar einen erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aller Personen dar, die die überwachten Bereiche passieren oder sich dort aufhalten – die Maßnahme sei aber vom Polizeigesetz NRW gedeckt. Das erlaube die Videoüberwachung einzelner öffentlicher Orte, an denen wiederholt Straftaten begangen würden.
In einem Eilverfahren trifft das Gericht eine vorläufige Einschätzung, bei der die Anforderungen in die Prüfung nicht so hoch sind. Anders als beim jetzt bevorstehenden Klageverfahren. Hier wird tiefgreifender und viel komplexer geprüft.