Ex-Höhner-Sänger Henning Krautmacher hat einen Roman geschrieben, den er im Rahmen der lit.kid.Cologne präsentiert hat. Bei der Lesung war überraschend Schauspieler Hannes Jaenicke dabei.
Überraschung in der VolksbühneKrautmacher holt Schauspielstar dazu – der wettert über Volksverblödung

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Henning Krautmacher (l.) begrüßte am Samstag (22. März 2025) Schauspieler Hannes Jaenicke als Überraschungsgast bei seiner Lesung in der Volksbühne.
Henning Krautmacher (68) und Oliver Gritz (59) haben eine Vision: Jedes Kind soll die bestmögliche Bildung bekommen. Dafür setzen die Macher von „Run & Ride for Reading“ alle Hebel in Bewegung und statteten seit der Gründung 2008 weit mehr als 100 Schulen in Köln mit Leseclubs aus.
Die Förderung der Lern- und Lesemotivation von Kindern und Jugendlichen liegt dem Ex-Höhner-Frontmann seit Jahren am Herzen. Um auch die zu erreichen, die noch keinen Leseclub an ihrer Schule haben, hat der Sänger zusammen mit Gritz einen Roman mit dem Titel „Venus und Mars – Geh Deinen Weg“ geschrieben.
Krautmachers Roman: „Venus und Mars – Geh Deinen Weg“
Das Buch basiert in großen Teilen auf den Erlebnissen von Schauspieler und Dokumentarfilmer Hannes Jaenicke (65) und dessen Dokumentation „Im Einsatz für die Eisbären“. Darin geht es darum, dass es wichtig ist, Menschen zu haben, die an einen glauben und die Talente fördern und unterstützen.
Krautmacher war es wichtig, nicht nur junge Menschen mit einer spannenden Geschichte zu erreichen. „Viele Ereignisse sind tatsächlich passiert. Da ist zum einen das Schicksal der Eisbären, von dem Hannes in seiner Doku berichtet. Auf der anderen Seite sind da die Zwillinge Venus und Mars, die trotz vieler Widrigkeiten ihr eigenes Leben langsam wieder in den Griff bekommen.“
Präsentiert wurde der Roman, dessen Ende noch offen ist und von Jugendlichen zu Ende geschrieben werden soll, am Samstag (22. März 2025) im Rahmen der lit.kid.Cologne. In der ausverkauften Volksbühne am Rudolfplatz fesselte Krautmacher die kleinen und großen Gäste mit der Tatsache, dass „wahre Stärke darin besteht, sich selbst treu zu bleiben, für andere da zu sein und seinem Stern zu folgen, wie schon Paul McCartney in seinem Song ‚Venus and Mars‘ gesungen hat.“
Was keiner wusste – Krautmacher hatte sich für die Lesung tatkräftige Unterstützung geholt. Unter dem überraschten Applaus übernahm Hannes Jaenicke die Lesung und berichtete durch die Augen von Venus und Mars, was er auf seiner Expedition auf den Spuren der Polarbären erlebt hat. „Nicht nur der Klimawandel macht den Tieren zu schaffen, sondern noch immer werden Eisbären gejagt, ihr Lebensraum verschmutzt, von Menschen besetzt und ausgebeutet“, so der Umweltaktivist.

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Zusammen mit dem LivinGospel Choir aus Troisdorf präsentierte Henning Krautmacher seinen ersten Rap-Song mit dem Titel „Weltklasse“ passend zum Buch.
Im exklusiven EXPRESS.de-Interview berichtete Jaenicke über die Hintergründe des Überraschungsauftritts.
Wie hat Henning Krautmacher es geschafft, Sie mit ins Boot zu holen?
Hannes Jaenicke: Er hat angerufen und ich hatte direkt die Höhner im Kopf. Ich wusste anfangs überhaupt nicht, worum es geht. Da ich aber schon immer Fan der kölschen Musik bin – ich habe lange in der Nachbarschaft von Wolfgang Niedecken in der Südstadt gelebt – und ehrlich gesagt jede Ausrede wahrnehme, um in meine ehemalige Heimatstadt zu kommen, habe ich sofort zugesagt.
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Wie ging es weiter?
Hannes Jaenicke: Ich kannte die Stiftung ‚Run & Ride for Reading‘ aus einem Zeitungsbericht, hatte aber keine Ahnung, dass Henning zusammen mit der Stiftung diese Leseclubs einrichtet. Ich kannte halt die Höhner – fertig. Seine Idee, einen eigenen Roman zu schreiben und Teile der Doku über die Eisbären einzubauen, begeisterte mich sofort. Tiere und Natur geben uns so unendlich viel – und was wir zurückgeben, ist eigentlich nur Misshandlung und Ausrottung.
Im Roman macht Henning deutlich, wie wichtig ein Umdenken der Menschen ist.
Hannes Jaenicke: Damals sorgte Knut weltweit für völlige Hysterie, aber keiner hat darüber geredet, dass für die weißen Riesen in der Arktis ein tödlicher Countdown läuft. Jetzt zieht Eisbär Mika im Karlsruher Zoo alle Blicke auf sich und sorgt für Begeisterung. Als wir die Dokumentation gedreht haben, gab es noch über 30.000 Exemplare. Heute sind es noch knapp 20.000 Eisbären auf unserem Planeten – Tendenz fallend. Und trotzdem kümmert es kaum einen, ganz im Gegenteil.

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Henning Krautmacher, Hannes Jaenicke und Oliver Gritz (v.l.) bei der Lesung von „Venus und Mars“.
Was sollte sich ändern?
Hannes Jaenicke: Die Menschen steigen immer noch in ihre SUVs, steigen in Billigflieger und drei Millionen Deutsche buchen eine Kreuzfahrt, obwohl eigentlich jeder wissen müsste, dass Kreuzfahrtschiffe absolute Dreckschleudern sind. Zwar ist das Versagen der Politik am größten, aber zu sagen, dass ich als einzelner nichts machen könnte, ist eine faule Ausrede. Die Verantwortung liegt bei jedem einzelnen.
Sie kommen gerade von Dreharbeiten in Indonesien. Warum war Ihnen die Lesung so wichtig?
Hannes Jaenicke: Mir war die Veranstaltung deshalb so wichtig, weil das ganze Medienverhalten zur völligen Volksverblödung und Massen-ADHS führt. Je weniger Menschen lesen, je mehr sie TikTok, Instagram und Facebook nutzen und dort Kommentare schreiben, ohne nachzudenken, ist so ein Leseprojekt extrem wichtig. In Indonesien entsteht gerade die Doku ‚Im Einsatz für den Oktopus‘, die am 30. September im ZDF zu sehen sein wird. Ich habe zwar 34 Stunden gebraucht, um nach Deutschland zu kommen, aber das Projekt war es mir wert.
Hannes Jaenicke schwärmt von seiner alten Heimat Köln
Wie kann man Lesen beziehungsweise Bildung wieder mehr in den Fokus rücken?
Hannes Jaenicke: So langsam scheinen es die Deutschen zu kapieren, denn erstmals wird über ein Handyverbot an Schulen diskutiert. Ich glaube, wir müssen tatsächlich dafür sorgen, dass diese zwanghafte ADHS-Pest, die durch diese Dinger verbreitet wird, wieder rückgängig gemacht und in normale Bahnen geleitet wird. Jugendliche verlernen miteinander zu sprechen. Sie verlernen das Schreiben und die Konzentrationsspanne wird immer kürzer. Für alles gilt das Kartellrecht, außer für Meta, X und TikTok. Diese Konzerne dürfen komplett monopolistisch arbeiten. Jede Bank, jeder Autokonzern unterliegt dem Kartellrecht. Ich verstehe nicht, warum man Social Media nicht kontrollieren muss.
Mit Henning haben Sie sich in ihrer ehemaligen Stammkneipe, dem heutigen Frau Maher, in der Südstadt getroffen und sich direkt wieder wie zu Hause gefühlt. Woran liegt das?
Hannes Jaenicke: Köln ist die hässlichste Stadt in Deutschland, aber mit jeder Menge Seele. Köln ist die einzige Stadt in Deutschland, wo ich es aushalte. Die Kölner sind entspannt, stressen nicht rum, sind besser gelaunt und meckern nicht den ganzen Tag. Ich lebe jetzt in Bayern, das ist ein echt anderer Wahnsinn. Ich sitze im Söder-Land und muss immer die Politik ignorieren, um das irgendwie auszuhalten. Sieben Monate habe ich es mit Pendeln zwischen Köln und München versucht, aber das hat mich wahnsinnig gemacht. Ich wollte echt nicht weg von Köln, aber 600 Kilometer bekommt man auf Dauer nicht gebacken und in München sind halt drei Partnerfirmen, mit denen wir die Dokumentationen machen, ansässig. Wenn ich mir eine Stadt in Deutschland aussuchen würde, würde ich immer nach Köln zurückkommen.