Bei der Blindensitzung der Muuzemändelcher ging das Dreigestirn wieder zu den Jecken, damit diese die Ornate erfühlen konnten. JP Weber erlebte einen emotionalen Moment auf der Bühne.
Dreigestirn zum AnfassenBlinde ertasteten die Ornate – JP Weber verarbeitet Trauer auf Bühne
Damit auch Menschen mit Handicap Karneval feiern und erleben können, kümmern sich zahlreiche Kölner Karnevalsgesellschaften seit Jahrzehnten um passende Formate. So gibt es unter anderem seit 55 Jahren die Seniorensitzungen der Kölschen Narrengilde oder seit 73 Jahren die der Ehrengarde. Auch die SBK-Sitzung der Roten Funken für behinderte Menschen in der Stadthalle Köln gehört dazu.
Zu den weiteren Höhepunkten zählt seit 1954 die Blindensitzung der Muuzemändelcher in Zusammenarbeit mit dem Blinden- und Sehbehindertenverein Köln. Am Dienstag (23. Januar 2024) eröffnete der Baas der Muuze, Joachim Badura, die 69. Sitzung für Blinde und Sehbehinderte im Ostermann-Saal des Sartory.
Kölner Karneval: 69. Sitzung für Blinde- und Sehbehinderte
Bei der Sitzung kommt es nicht auf die große Show an, sondern die Besucher fiebern einem ganz besonderen Momente entgegen – dem Einzug des Dreigestirns, was in diesem Jahr vom Kinderdreigestirn begleitet wurde. Eigentlich wollte Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn zusammen mit Dagmar Weber-Eichberg die Sitzung leiten. Wegen des Todes von Kuckelkorns Vater Fro übernahm Vorstandsmitglied Ralf Schlegelmilch die Moderation.
Der emotionalste Moment der Sitzung ist stets, wenn sich das Dreigestirn samt Gefolge nach dem Bühnenauftritt unter die Feiernden mischt und zum Dreigestirn zum Anfassen wird. Mit ihren Händen ertasteten die Blinden und Sehbehinderten die Ornate und die Gesichter von Prinz Sascha, Bauer Werner und Jungfrau „Frieda“.
„Es war sehr emotional und überwältigend, wie diese Menschen mit ihren Händen sehen können“, gestand Prinz Sascha gegenüber EXPRESS.de. Und auch für Jungfrau „Frieda“ war es ein ganz besonderer Moment: „Dieser Auftritt war uns eine Herzenssache. Es war toll zu erleben, wie vorsichtig die Menschen mein Kleid und meine langen Zöpfe ertasteten“. Zuvor sang das Dreigestirn zusammen mit den Gästen „Denn wenn et Trömmelche jeit“.
Total begeistert zeigte sich Ludwig Sebus (er ist mit 98 Jahren das älteste Mitglied der Muuze) von den Gesangskünsten von Merle. Sie ist mit ihren acht Jahren das jüngste Mitglied der Muuze und begeisterte unter anderem mit dem Fööss-Klassiker „Kölsche Bröck“. Für 25 Jahre Mitgliedschaft bei den Muuze gab es für Markus Homburg von Ralf Schlegelmilch den Verdienstorden in Silber des Festkomitees.
Dass Freud und Leid sehr nah beieinander liegen, erlebt in diesen Tagen JP Weber. Am Montagabend ist sein Vater und Muuze-Mitglied Horst Weber im Alter von 73 Jahren gestorben. Zusammen mit Helmut Lamberz war er als „Henkelmann“-Duett bekannt. „Bereits mit fünf Jahren brachte mir mein Vater das Gitarrenspiel bei. Ein wunderbarer Musiker und Mensch“, so JP Weber gegenüber EXPRESS.de.
Eine Auszeit möchte der Redner sich nicht nehmen: „Es fällt mir zwar schwer, aber wenn ich auf der Bühne stehe, bin ich abgelenkt. Das tut mir gut.“ Mit dem Ostermann-Klassiker „Ich ben vun Kölle am Rhing ze Hus“ würdigte er seinen verstorbenen Vater. Während er sang „Wenn ich ens nit mieh existiere, wenn ich de Auge zogedon, wenn ich mich bovve präsentiere, ganz luhs am Himmelspöözche stonn“ war es im Ostermann-Saal mucksmäuschenstill und so mancher hatte eine Gänsehaut.