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Corona-KarnevalUnvernunft oder Vorsicht? Protokoll einer Nacht im Kölner Fastelovend

Dreigestirn auf dem Ostermann-Patz am 15. Januar

Der Abend beginnt: Das Kölner Dreigestirn besucht am Samstag (15. Januar) die Willi-Ostermann-Gesellschaft in der Kölner Altstadt.

Wie wird der Karneval alternativ zu Corona-Zeiten gefeiert? EXPRESS.de führte Protokoll in der Kölner Innenstadt.

von Bastian Ebel  (bas)

Samstagabend, 15. Januar: Für gewöhnlich sieht man in der Kölner Innenstadt Busse umherfahren, kostümierte Jecke sind auf dem Weg in Gürzenich, Sartory oder wohin auch immer. Ganz normaler Sitzungskarneval in Köln eben. Doch natürlich nicht in Corona-Zeiten.

Oder doch? Wird der Karneval überhaupt gefeiert? Und wenn ja, wie? Unvernunft ohne Kontrolle oder kölsches Jeföhl? EXPRESS.de-Redakteur Bastian Ebel machte sich auf die Suche und erstellte ein Feier-Protokoll des Kölner Karnevals anhand eines Abends in der Innenstadt.

Karneval: So feiert Köln in der Krise

17 Uhr: Ein bisschen Fastelovend wird ja noch erlaubt sein. Aber erstmal die letzten Minuten FC! Also rein in die „Kulisse“ am Alter Markt. Aber Halt! Da baut sich der Türsteher am Eingang auf, dessen Schultern so breit sind, wie Treppen zum Kölner Dom. „Impfung und Perso? Sonst kannst du es vergessen.“ Stimmt, da war ja was. Also das Booster-Zertifikat angeklickt, den Ausweis vorgezeigt – und schon bekomme ich ein Bändchen. Einmol VIP ze sin! Nein, im Gegenteil: Hier bekommt jeder Gast gewissenhaft ein Bändchen um den Arm. So kann ich sicher den FC sehen. Bis auf das Ergebnis: Dressejal, nächstes Spiel wird wieder gewonnen.

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17.30 Uhr: Outdoor-Fastelovend! Die Willi-Ostermann-Gesellschaft empfängt am Ostermann-Brunnen das Dreigestirn. Und schon gibt es das nächste Bändchen. Man wird noch zu Wolfgang Petry in seinen besten Zeiten. Obwohl: Auch draußen laufen alle mit Maske herum. „Eigentlich doch nicht nötig“, sage ich zum freundlichen Kontrolleur. „Mir dunn dat ävver. Dann es et jet secherer.“ Aha, verstanden. Auch wenn die Auflagen anders sind, hier fährt man auf doppelt sicher. Die Veranstaltung danach – sie ist an kölschem Jeföhl nicht zu überbieten.

Köln: 2G plus-Bändchen wie einst Wolfgang Petry am Arm

19.15 Uhr: Auf Facebook habe ich mich über die schöne Ostermann-Aktion gefreut, da bimmelt das Handy. „Kumm rövver, wir sind in der Tant“, sagt ein Kumpel, der mitbekommen hat, dass ich in der Altstadt bin. Gut, ein paar Kölsch dürfen es auch noch sein. Also nix wie hin in das Kult-Lädchen zwischen Heumarkt und Neumarkt. Aber wieder nicht ohne Köbes! Nach der gewissenhaften Kontrolle überkommt einen die Wehmut: In der Kneipe stehen die Menschen zusammen, singen gemeinsam spontan kölsche Lieder – ich fühle mich sicher in diesen Momenten und das Herz geht auf.

Bastian Ebel am Samstag (15. Januar) bei der Tant

EXPRESS.de-Redakteur Bastian Ebel am Samstag (15. Januar) zu Gast in der Kneipe„ Bei d'r Tant“ in Köln.

22 Uhr: Ok, genug geschunkelt. Die Truppe „Bei d’r Tant“ bricht in die kölsche Hofburg ins Dorint am Heumarkt auf. Viele Karnevalisten erscheinen dort mit Maske am Eingang, auch hier eine penible Kontrolle. Und Bändchen Nummer drei. Es wird geduldig gewartet, ehe man endlich an der Bar steht. Für Ärger sorgt höchstens der Kölschpreis von 2,60 Euro. Sonst ist es eigentlich wie immer. Jeder Jeck ist wichtig.

Köln: Unsicher wird es erst bei der Fahrt nach Hause

0.30 Uhr: Ab nach Hause? Denkste! Denn kaum am „Stadttreff“ angekommen, geht die Tür auch schon auf, ein Blauer Funk empfängt mich mit Maske. „Jung, ein Kölsch geht immer.“ Dann wird draußen philosophiert: Über den FC, den Karneval und die Pandemie. Zwei Jecke werden derweil abgewiesen an der Tür. „Keine Ausreden“ heißt es, als ihnen der Handy-Akku leer gegangen ist. Pech gehabt!

1.15 Uhr: Der Herr von Uber kommt. „Von mir aus ohne Maske“, sagt er beim Losfahren. Ohne Kontrolle meines Tests. „Ne, lass mal, leeven Jung“, sage ich ihm und mache die Corona-App auf, um sie trotzdem vorzuzeigen. Es ist das erste Mal an einem langen Abend, dass ich mich unwohl fühle. Was Vorsicht und Rücksichtnahme bedeutet – das habe ich heute vom Kölner Karneval gelernt.

Fazit: Vielleicht hätte ich heute gerne Ministerpräsident Hendrik Wüst an meiner Seite gehabt. Einfach so, auf ein Kölsch. Um ihm zu zeigen, dass Kölner Karneval viel mehr ist, als die „Bilder, die er nicht mehr sehen will“. Dass niemand auf Teufel komm' raus feiert, sich die Mehrzahl an Regeln hält. Auch ich weiß: Es gibt Menschen, die sich nicht an die Corona-Regeln halten und provokant agieren.

Aber diese Sorte Mensch habe ich heute nicht kennengelernt. Sondern einen Kölner Karneval mit Menschen, die in Saal, Kneipe und an der Luft verantwortungsvoll und mit viel Kreativität an die Krise herangehen. Das hätte ich ihm von Herzen gerne gezeigt. Vielleicht hätte ihn das vom Generalverdacht über dieses Fest ein wenig abgebracht. Leise alaaf, leeven Herr Ministerpräsident: Der kölsche Fastelovend kann dat! Versprochen!