Solo-Künstler Norbert Conrads absolvierte früher über 3000 Musical-Auftritte. Doch inzwischen fühlt er sich auf der Karnevals-Bühne viel wohler, wo er alte Klassiker und eigene Songs präsentiert.
Karneval statt MusicalGuido Cantz gab Norbert Conrads entscheidenden Tipp – „Sehnsucht ist überall groß“
Wenn die kölschen Bands in den Sälen auf der Bühne Vollgas geben, gibt es bei den Jecken kein Halten mehr. Dann geht es rauf auf die Stühle und mit voller Leidenschaft wird gefeiert. Zwischen der ganzen Party-Atmosphäre gibt es aber auch noch seltene emotionale Momente.
In der Nacht zum Sonntag (2. Februar 2025) gab es um 0.55 Uhr wieder solch ein Erlebnis. Bei der Kostümsitzung der Prinzen-Garde kam nach den Paveiern Norbert Conrads auf die Bühne des Maritim-Hotels und beendete den Abend mit Klassikern wie „Heimweh noh Kölle“ und „Am Dom zo Kölle“.
Norbert Conrads zum 50. Mal das Finale einer Sitzung der Prinzen-Garde
Zum 50. Mal bestritt der Sänger aus Bedburg das Finale einer Sitzung der Prinzen-Garde der Stadt Köln. „Die Stimmung in dem Moment ist schon toll, die Leute hören zu und singen selig mit“, sagte er anschließend zu EXPRESS.de.
„Ich bin selbst Fan harter Rockmusik. Aber die Sehnsucht nach dem Miteinander und der emotionalen Atmosphäre ist generationsübergreifend groß. Da sehe ich auch 25- bis 35-Jährige mitschunkeln. Ich fahre auch ab und zu mit FC-Fans im Bus zum Auswärtsspiel. Da werden auch die uralten Hits textsicher mitgesungen“.
Conrads hat über 20 Jahre lang auf den Musical-Bühnen des Landes gestanden, er verkörperte unter anderem die Hauptrollen in „Les Misérables“ oder „Cabaret“. Als er jedoch binnen elf Wochen bei 111 Vorstellungen in Fulda beim Musical „Die Päpstin“ die Rolle des Papstes übernommen hatte, zog er einen Schlussstrich.
„Ich war total ausgebrannt und hatte überlegt, in meinen gelernten Beruf Schreiner zurückzukehren“, sagt der Mann mit der außergewöhnlichen Stimme. Guido Cantz hat ihn damals jedoch ermutigt, der Bühne treu zu bleiben und die alten Kölner Klassiker von Willi Ostermann zu singen. „Ich habe mich nur gefragt, wo diese Art von Musik reinpassen soll. Am Anfang hatte ich Zweifel, aber schnell habe ich gesehen, dass es einen Platz für die besonderen Lieder gibt“.
Gerade durch den zunehmenden Trend zu sogenannten Flüstersitzungen ist auch Conrads seit drei Jahren immer gefragter. „In dieser Session sind es zwischen dem 11.11., wo ich immer vor 11.000 Jecken das Fest im Tanzbrunnen eröffnen darf, und Aschermittwoch bei mir schon über 120 Auftritte. Ich biete fröhliche kölsche Lieder, aber auch ruhige Stücke, die beispielsweise bei den Weihnachtsfeiern der Karnevalsgesellschaften gefragt waren“.
Neben den klassischen Karnevalshits hat der Künstler auch eigene Lieder im Repertoire. Die Corona-Zeit hat er dazu genutzt, um Gitarre spielen zu lernen und so haben sich seine eigenen Titel ein wenig in diese Richtung entwickelt. Songs wie „Dat es Kölle för mich“, „Minge Engel“ oder „Et letzte Hemb“ streut er dann zwischen die bekannten Klassiker.
Conrads ist auch fester Bestandteil der „Höösch-Sitzungen“ im Brauhaus Sion, einem kleinen, stimmungsvollen Format. Nach der Session steht am 28. März „Ne Kölsche Ovend“ in der Festhalle Elsdorf auf dem Programm. Mit Thomas Cüpper als „Et Klimpermännche“ und Ken Reise (bekannt als „Julie Voyage“) soll es richtig ursprünglich werden.
„Ich weiß, was die Leute hören wollen und hoffe, dass es auch rüberkommt, dass ich auch eine Geschichte zu erzählen habe“, sagt der Sänger zu EXPRESS.de. „Ich weiß auf jeden Fall, dass ich nie wieder in eine Musical-Produktion möchte. Früher war ich vor jedem Auftritt immer extra-nervös. Das habe ich mit dem Singen kölscher Lieder abgestellt. Jetzt freue ich mich auf jeden Auftritt und habe durch die Momente im Karneval viel mehr Liebe zur Musik gewonnen“.