Ein Zeuge hat sich 35 Jahre nach dem Karnevalsmord an Petra Nohl doch noch mit dem entscheidenden Hinweis gemeldet. Kassiert er jetzt die Belohnung ab, obwohl er jahrelang schwieg? Oder hat er sich damit sogar selbst strafbar gemacht?
Kölner KarnevalsmordHinweis 35 Jahre verschwiegen – Zeuge damit auch schuldig?
Der Karnevalsmord von Köln: Weil sich ein Zeuge 35 Jahre später offenbart hat, hat die Tat, bei der die 24-jährige Petra Nohl am Zugweg getötet wurde, eine spektakuläre Wendung genommen. Unter dringendem Tatverdacht wurde der 56-jährige Peter M. (Name geändert) am 14. Februar 2023 verhaftet und sitzt in Untersuchungshaft.
Auch die Rolle des Zeugen ist im Zusammenhang mit dem Mordfall interessant. Die Staatsanwaltschaft Köln hatte für Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen, eine Belohnung in Höhe von 5000 Euro ausgelobt. Ulrich Bremer, Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft, erklärte gegenüber EXPRESS.de: „Ob und in welcher Höhe dem Hinweisgeber diese Belohnung zukommen soll, steht noch nicht fest. Eine Entscheidung hierüber soll später – möglicherweise erst nach Abschluss des Verfahrens – erfolgen.“
Mord an Petra Nohl (†24): Zeuge hatte Hinweis 35 Jahre für sich behalten
Eine andere Frage, die sich stellt: 35 Jahre lang hatte der Zeuge den entscheidenden Hinweis für sich behalten. Wissend, dass der Täter – neben dem Schmerz von Petras Eltern und Angehörigen – einem damals kleinen Kind seine Mutter geraubt hatte. Er hätte zudem davon ausgehen müssen, dass die (heute 36 Jahre alte) Tochter zeit ihres Lebens von der Frage gequält wurde, wer der Mörder ihrer Mutter ist. Macht sich ein Bürger dadurch auch schuldig?
Jedenfalls nicht im strafrechtlichen Sinn. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft erklärt: „Wenn zivile Zeuginnen und Zeugen im Nachhinein von einer solchen Tat erfahren, machen sie sich durch bloßes Schweigen nicht strafbar. Eine Strafvereitelung durch Unterlassen ist zwar grundsätzlich möglich. Sie setzt jedoch eine sogenannte Garantenstellung (§13 StGB) voraus. Täterin oder Täter kann daher nur sein, wer von Rechts wegen berufen ist, an der Strafverfolgung mitzuwirken.“ Polizisten und Polizistinnen beispielsweise.
Seit 1988 hatte der Zeuge das Wissen um seinen Freund nicht verraten. Die alte Freundschaft soll heute nicht mehr so bestehen. 2022 war der Fall Petra Nohl von der „Cold Case“-Abteilung der Kölner Polizei neu aufgerollt worden. Im Dezember wurde der Fall in „Aktenzeichen XY ungelöst“ präsentiert. Markus Weber, Leiter der „Cold Case“-Mordkommission, bat im TV-Studio um Zeugenhinweise und nannte auch die 5000 Euro Belohnung. Noch während der Sendung rief der Zeuge aus Köln an.
Er teilte der Kripo später mit, gesehen zu haben, wie sein damaliger Freund in der Tatnacht mit Petra Nohl in Richtung Friesenplatz gegangen sei. Am nächsten Tag hatte sich der Freund eine andere Frisur verpasst und sich vehement geweigert, sich als Zeuge bei der Polizei zu melden, als in den Medien über den Mord berichtet wurde. Jedoch gab der Freund seine Beobachtung nicht an die Polizei weiter.
Karnevalsmord in Köln: Darum packte der Zeuge nun doch aus
Jetzt aber, so beschrieb es Mordermittler Markus Weber, habe der TV-Beitrag im Zeugen „etwas ausgelöst“, was ihn bewegte, auszupacken. Zur Motivation des Zeugen, erklärt Ulrich Bremer, könne er im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen keine weiteren Angaben machen.
Nehmen Sie hier an unserer EXPRESS.de-Umfrage teil:
Jedoch laute der Appell der Staatsanwaltschaft natürlich, „sich als Zeugin oder Zeuge auf jeden Fall zu melden, wenn man zur Aufklärung einer Straftat beitragen kann. Zeuginnen und Zeugen sind ein wichtiges Beweismittel im Strafprozess! Und auch den Angehörigen der Opfer bringt es vielleicht etwas Seelenfrieden, wenn solch lange zurückliegenden Taten auch mithilfe von Zeugenaussagen endlich aufgeklärt werden können.“
Die Tochter von Petra Nohl hatte nach der Festnahme erklärt, es sei für sie „eine Riesenerleichterung“, dass der Täter – sofern er denn auch überführt wird – sein Geheimnis nicht mit ins Grab nehme. Am einzigen Zeugen hing ein ganzes Schicksal – und mehr.