Im Gürzenich fand wieder eines der wichtigsten gesellschaftlichen Stadt-Ereignisse des Jahres statt: die Proklamation des Kölner Dreigestirns. Erstmals stammt das Trifolium dabei aus einer Familie.
Prinzenproklamation in Köln„Session ist nun Familiensache“ – Ovationen für bissige Kritik an Reker
186 Tage mussten sie auf diesen Moment warten. Am Freitagabend (5. Januar 2024) war es um 21.49 Uhr für Sascha, Friedrich und Werner Klupsch endlich so weit.
Am 3. Juli des Vorjahres hatten Vater, Sohn und Onkel von der KG Treuer Husar Blau-Gelb erfahren, dass sie das neue Kölner Dreigestirn der Session stellen dürfen. Erstmals in 201 Jahren stammen alle aus einer Familie. Nun sind sie endlich proklamiert.
Prinzenproklamation: 1300 Gäste im Kölner Gürzenich
Wenige Augenblicke, bevor das Trifolium den Saal betrat, nahmen sich die drei Haie- und FC-Fans in einer Ecke in den Arm und bildeten einen Kreis wie ein Sportteam. „Wer ist Dreigestirn? Klupsch, Klupsch, Klupsch!“, lautete der Schlachtruf des Trios.
Und dann begann ein langer, emotionaler Einmarsch. In der sogenannten „Südkurve“ des Festsaals wurden die blau-gelben Fahnen geschwenkt und der „Treue Husar“ angestimmt. Unzählige Hände wurden geschüttelt, zahlreiche Rosen verschenkt.
Oberbürgermeisterin Henriette Reker spielte sich diesmal selbst als Hänneschen-Puppe, eine Hommage an die kölscheste aller Kölner Bühnen im Jahr des 222. Jubiläums. „Was auf der Welt passiert, das ist längst kein Jeckespill mehr“, merkte sie an. Und fügte an: „Es gibt weder in Knollendorf noch in Kölle Platz för Hass. Un ene Besök im Dom losse mer uns nit nemme.“
Mit den Insignien – Pritsche (Prinz), Stadtschlüssel (Bauer) und Spiegel (Jungfrau) – übergab die OB das Stadtregiment symbolisch. Es folgte noch ein emotionaler Höhepunkt. Prinz Sascha I. tanzte mit seiner Schwester Svenja, die in dieser Session die neue Marie der Nippeser Bürgerwehr ist, auf der Bühne.
„Diese Session ist für uns Familiensache: mit Vater, Onkel und jetzt auch noch der Schwester zusammen auf der Bühne stehen. Dass wir diese Momente gemeinsam erleben dürfen, stimmt uns sehr emotional. Ich denke, das wird auch das Publikum in den kommenden Wochen spüren. Bei uns ist viel Herz dabei“, sagte der Prinz glücklich.
„Besser geht es nicht. Überhaupt das Dreigestirn darstellen zu dürfen, ist schon ein Hammer. Aber dann noch zusammen mit der Familie – was will man mehr“, sagte Bauer Werner zu EXPRESS.de.
„Das hat es in 200 Jahren Kölner Karneval noch nicht gegeben. Für uns ist das einfach eine riesige Reise. Unsere 400 Auftritte in der kurzen Zeit werden ein strammes Programm. Aber die Vorfreude ist gigantisch“.
Im Gürzenich hatten sich wieder 1300 geladene Gäste zu einem der wichtigsten jährlichen Termine der Kölner Society eingefunden. „Die feine Stadtgesellschaft feiert hier“, wie es Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn nannte.
Tünnes und Schäl in den Rollen der kölschen Waldorf und Statler aus der Muppet-Show wählten spitzere Worte: „Das ist die letzte Generation Fastelovend X. Die haben sich an den Stühlen festgeklebt. Aber ich sehe den Wölki gar nicht. Der war doch sonst immer dabei.“
Passend zum diesjährigen Sessionsmotto „Wat e Theater – wat e Jeckespill“ war die Bühne mit schweren roten Samtvorhängen und goldener Bordüre dekoriert. Zudem wurde die Proklamation in drei Akte unterteilt.
Der erste Akt, betitelt „Hier ist Köln – Wellkumme im kölsche Theater“, wurde von Sängerin Linda Teodosiu mit dem Ensemble der Original Tanzgruppe Kölsch Hänneschen mit dem Katja Ebstein-Hit „Theater“ eingeleitet.
Zum Start legte JP Weber in seiner Rolle als der 1970 verstorbene Karnevalist, Sänger und Büttenredner Horst Muys direkt einen umjubelten Auftritt hin. „Liebe Jeckinnen. Wem fällt solch eine Scheiße ein?“, fragte er und knüpfte sich die Oberbürgermeisterin vor. „Ist die Obermöhn auch da? Was freuen wir uns auf ihre Ansprache – op Kölsch“.
Henriette Reker lachte herzhaft über die bissige Kritik von der Bühne. „Köln ist eine Metropole. Wir haben viele Gäste aus Amerika, Japan, China. Aber Frau Reker: Die kommen nicht mit dem Fahrrad“, führte er fort und erntete lauten Applaus. „Scheiß auf Metropole, wenn das Herz auf der Strecke bleibt. Das ist der Punkt“.
Prinzenproklamation mit Guido Cantz, Bernd Stelter und Fatih Çevikkollu
Als er auf den Opern-Bau zu sprechen kam, zitierte Weber alias Muys die Flippers: „Köln sagt Dankeschön, viel zu lange Frau Reker“. Dass er damit nicht nur den Bau der Bühne am Offenbachplatz meinte, war allen klar. Zum Ende schlüpfte Weber aus seiner Rolle: „Der Kölner Karneval glaubt an sie. Mein Name ist JP Weber und ich freue mich, ein Teil von ihnen zu sein“. Ovationen und Zugabe-Rufe waren die Belohnung.
Gelungen auch die „Findungskommission“ vom Scala-Theater. Dr. Jens Hubertus von Bayenthal (Udo Müller), eine Parodie von Jorge Gonzales (Arne Hoffmann) und Christoph Schnuckelkorn (Ralf Borgartz) suchten ein neues Trifolium. Als sich ein weibliches Dreigestirn vorstellte, sagte Schnuckelkorn entsetzt: „Ich hatte doch gedacht, dass der Kelch in meiner Amtszeit an mir vorbeigeht“. Ein anderer Prinzenanwärter wollte den Zuschlag, „weil er dann mehr Follower auf Insta und TikTak bekommt“.
Novum übrigens in diesem Jahr: Die Kölsch-Theken im Foyer blieben bis Mitternacht geschlossen, damit sich vor dem Saal keine zweite Party bildet. So blieb den Gästen nur die Weinauswahl im Saal. Dafür wurde schnell deutlich: So kölsch war die „Pripro“ noch nie. Alles drehte sich um lokale Themen und Inhalte.
Fatih Cevikkollu überzeugte als kölscher Kuckelkorn-Pate. „Ich gehöre hier im Saal zu einer absoluten Minderheit. Ich bin gebürtiger Kölner“, sagte er und fügte spitz an: „Baustellen, Oper, der FC – läuft doch alles super.“ Für das „kölsche Jeföhl“ gab es einen Gemeinschaftstanz der dem Festkomitee angeschlossenen Tanzgruppen.
Mit Cat Ballou, Höhner und Bläck Fööss stand im letzten „Pripro“-Akt noch ein großes musikalisches Finale auf dem Programm. Im TV ist die Aufzeichnung am Sonntag ab 20.15 Uhr im WDR zu sehen.
Hier an unserer EXPRESS.de-Umfrage teilnehmen:
Polizeipräsident Johannes Herrmanns, NRW-Landtagspräsident André Kuper, die stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur, Innenminister Herbert Reul und Wolfgang Bosbach gehörten zu den politischen Gästen.
Aber auch Toni Schumacher, FC-Vize-Präsident Carsten Wettich und Christoph Daum aus dem Fußball sowie WDR-Intendant Tom Buhrow, Dombaumeister Peter Füssenich, Influencerin Farina Opoku und Moderatorin Sabine Heinrich waren dabei. Der 98-jährige Krätzchensänger Ludwig Sebus erlebte die „Pripro“ erstmals aus der Zuschauerrolle.