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Zülpicher PlatzSorge um Feiernde: Kölner Soldat hat schlimmes Szenario im Kopf

Der Kölner Soldat Boris Gießing steht neben einem Hubschrauber der Bundeswehr.

Der Kölner Berufssoldat Boris Gießing, hier auf einem undatierten Foto bei einem Einsatz des Such- und Rettungsdienstes der Bundeswehr, macht sich Sorgen um die Situation am Zülpicher Platz.

Die steigende Gewaltbereitschaft auch gegen Polizei und Rettungsdienst im Party-Hotspot im Zülpicher Viertel in Köln bereitet vielen Anwohnern Sorgen. Auch dem Berufssoldat Boris Gießing, der die Situation in seinem Veedel aus einer anderen Perspektive betrachtet.

von Adnan Akyüz  (aa)

Köln. Trotz der neuen Maßnahmen von Polizei und Stadt kommt es an Wochenenden weiterhin zu chaotischen Szenen im Zülpicher Viertel. Wie zuletzt auch mit Angriffen auf Beamte und Rettungsdienst. Anwohner wie Boris Gießing (54) beobachten die Situation mit Sorge. Der Berufssoldat und Notfallsanitäter sieht eine Gefahr für Feiernde und hat einen wichtigen Appell.

Köln: Notfallsanitäter der Bundeswehr sieht große Gefahr im Party-Hotspot am Zülpicher Platz

Dass junge Menschen ins Kwartier Latäng zum Feiern kommen und dabei über die Stränge schlagen, sieht Boris Gießing als Anwohner als geringeres Übel. Dem gelernten Notfallsanitäter, der seit 1988 bei der Bundeswehr, derzeit bei der Luftwaffe in Köln-Wahn, im Dienst ist, geht es vielmehr um Sicherheit und immer weiter steigende Gewaltbereitschaft im Veedel.

„Die jungen Leute sind sich nicht bewusst, wie sehr sie sich selbst in Gefahr bringen. Als ich davon gehört habe, dass vergangenes Wochenende 200 Feiernde auf ein Baugerüst gestiegen sind, dachte ich, dass das nicht wahr sein kann. Als Sanitäter befürchte ich schlimme Folgen für die jungen Leute. Sie sollen ja ruhig feiern, aber solche Aktionen schießen über das Ziel hinaus“, erklärt Gießing, der seit 1994 am Zülpicher Platz wohnt, im Gespräch mit EXPRESS.de.

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Notfallsanitäter Boris Gießing steht neben einem Rettungswagen.

Boris Gießing im Rettungszentrum am Bundeswehr-Krankenhaus Berlin-Wedding im April 2021. Nach einem erfolgreichen Einsatz gibt es von ihm einen Daumen nach oben.

Während seiner Berufslaufbahn habe er eigenen Angaben zufolge bei Einsätzen schon über 500 Tote gesehen. Ob etwa bei der Loveparade-Katastrophe 2010, dem Transrapid-Unfall 2006 im Emsland oder bei zahlreichen Bundeswehreinsätzen im Ausland war Gießing eigenen Angaben zufolge im Einsatz.

Bei der Luftwaffe befasse er sich als Ausbilder unter anderem mit Risikomanagement und Fehlervermeidungskultur. Auch der Absturz eines Notleiterpodests am Zülpcher Wall, bei dem im Juli 2001 zwei Studenten ums Leben kamen und zwei schwer verletzt wurden, sei ihm noch gut in Erinnerung.

Daher appelliert der Kölner Soldat: „Es ist leider nur eine Frage der Zeit, bis es am Zülpicher Platz erneut zu einem Unglück kommt. Mit der Enthemmung, oft durch Alkohol oder Drogen, erkennen viele nicht, dass sie sich oder andere in eine gefährliche Situation bringen. Leider hat die Brutalität, wie in vielen anderen Städten, auch in Köln zugenommen. Mit Verboten von oben herab sind die jungen Leute aber nicht zu erreichen. Die Behörden sollten mehr an sie appellieren und die Feiernden untereinander besser aufeinander achtgeben.“

Auszug aus einem Brief von NRW-Innenminister Herbert Reul

Ein Auszug aus dem Brief von NRW-Innenminister Herbert Reul an den Kölner Boris Gießing, in dem er erklärt, dass er die Sorgen der Anwohner des Zülpicher Viertels ernst nimmt.

Köln: NRW-Innenminister Herbert Reul schreibt Brief an Anwohner am Zülpicher Platz

Boris Gießing hat auch NRW-Innenminister Herbert Reul die sich immer verschlimmernden Zustände in einem Brief geschildert. Er schrieb: „Das einst beschauliche Universitätsviertel, liebevoll von den Kölnern als ‚Kwartier Latäng‘ getauft, müsste Ihnen aus Ihrer Zeit in den 1970iger Jahren als Lehramtsstudent in Erinnerung geblieben sein. Heute würden sie es leider nicht mehr wiedererkennen und sich als Vater und Großvater um die dort studierenden Kinder und Enkel Sorgen machen.“

Der Kölner hofft, dass sich die Situation in dem Party-Hotspot verbessern wird. Positiv stimmte ihn die dreiseitige Antwort des NRW-Ministers vom 8. September. Reul erklärte in seinem Brief an den Anwohner die neuen Maßnahmen von Polizei und Stadt und stellte klar: „Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort die Sorge nehmen zu können, von den Behörden vor Ort allein gelassen zu werden. Ich versichere Ihnen, dass die Polizei als auch die Stadt Köln weiter aktiv zusammenarbeiten werden.“