Polizei-Irrtum?Prügel-Angriff auf schwangere Kölnerin – jetzt die irre Wende

Die schwangere Kölnerin Rebecca Megaw wurde Opfer einer brutalen Attacke.

Die schwangere Rebecca mit ihrem Partner Thomas und Hund Theo im September 2020 auf ihrer Terrasse in Humboldt-Gremberg. Sie wurde von einem Mann angegriffen und verletzt.

Wurde die Kölner Polizei an der Nase herumgeführt? Die Staatsanwaltschaft prüft ein Verfahren, bei dem womöglich die falsche Person angeklagt worden war. Der Fall hatte für viel Aufsehen gesorgt.

von Adnan Akyüz  (aa)

Köln. Irre Wende im Fall um den brutalen Angriff auf eine schwangere Frau im August 2020 in Humboldt-Gremberg. Die Kölnerin Rebecca Megaw (29), damals im siebten Monat schwanger, war von einem Mann auf der Taunusstraße verprügelt worden. Es sollte zum Prozess vor dem Kölner Amtsgericht kommen. Doch das Verfahren wurde eingestellt, weil der Angeklagte verstorben sei.

Köln: Staatsanwaltschaft prüft mögliche Ermittlungspanne der Polizei

Der mutmaßliche Täter läuft aber bis heute allen Anschein nach herum. Offenbar handelt es sich um eine Ermittlungspanne der Kölner Polizei, die jetzt von der Staatsanwaltschaft überprüft wird.

Zu dem Prozess wegen Beleidigung und Körperverletzung sollte es am Freitag (10. September) vor dem Kölner Amtsgericht kommen. Bereits im August bekamen Rebecca und ihr Lebensgefährte Thomas sowie die Zeugen einen Brief vom Gericht. Darin stand: „In der Strafsache gegen Becker (Name geändert) findet er Termin nicht statt. Sie brauchen nicht zu erscheinen. Grund der Aufhebung: Der Angeklagte ist verstorben.“

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Nur wenige Tage nach Erhalt des Briefes sahen Rebecca und Thomas den Mann, der die damals Schwangere angegriffen hatte, auf der Taunusstraße. „Er ist an uns vorbeigelaufen. Wir dachten, wir sehen nicht richtig“, schildert Thomas.

Köln: Opfer teilte der Polizei mit, dass womöglich gegen die falsche Person ermittelt wird

Dass der Fall diese Entwicklung genommen hat, habe ihn aber nicht gewundert. Denn es gibt eine Vorgeschichte, wie der Kölner Architekt gegenüber EXPRESS.de erklärt: „Als wir die ersten Briefe von den Behörden erhalten hatten, waren wir schon stutzig geworden. Das Geburtsdatum und der Name des Angeklagten und die des Mannes, der meine Frau angegriffen hatte, konnten nicht übereinstimmen. Der Mann, der angeklagt wurde, war mindestens 20 Jahre älter, als der eigentliche Schläger. Das haben wir der Polizei mehrfach, auch unter Eidesstatt und Beilage von Fotos, mitgeteilt. Leider wurden unsere Hinweise nicht berücksichtigt.“

Köln: Hat der Beschuldigte die Polizei angelogen?

Nach der Einstellung des Verfahrens hat der Anwalt des Paares die Staatsanwaltschaft mit einem Brief nochmals nachdrücklich darüber in Kenntnis gesetzt, dass womöglich die falsche Person angeklagt worden war. Der Verdacht: Der Vater des mutmaßlichen Täters, der mittlerweile verstorben ist, hat die Schuld auf sich genommen, damit sein Sohn verschont bleibt. Ob das wirklich so gewesen ist, bleibt vorerst offen.

EXPRESS.de fragte bei der Kölner Staatsanwaltschaft nach. Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer erklärt, dass der Fall mit Blick auf das anwaltliche Schreiben erneut geprüft wird. Auf unsere Anfrage erklärte er: „Insbesondere wird geprüft, ob gegen eine andere Person Ermittlungen wegen des Verdachts der Körperverletzung und Beleidigung aufzunehmen sind. Diese Prüfung dauert gegenwärtig noch an.“

Ein Brief des Amtsgericht Köln mit dem Hinweis, dass ein Prozess nicht stattfinden wird.

Mit diesem Brief vom 9. August informierte das Amtsgericht Köln die Verfahrensbeteiligten, dass der Prozess aufgrund des Todes des Angeklagten nicht stattfinden wird.

So wird eine Ermittlungspanne der Kölner Polizei derzeit nicht ausgeschlossen. Warum die Polizei zuvor eine andere Person als mutmaßlichen Täter ermittelt hatte? Der Behördensprecher: „Der nunmehr Verstorbene hatte seinerzeit gegenüber der Polizei glaubhaft und nachvollziehbar eingeräumt, der Geschädigten am Tattag begegnet und in eine entsprechende Auseinandersetzung verwickelt gewesen zu sein. Vor diesem Hintergrund hat die Staatsanwaltschaft keinen Zweifel an der Täterschaft des später Verstorbenen gehabt und dementsprechend im Februar 2021 Anklage erhoben.“

Rebecca und Thomas, die heute mit ihrem Sohn weiter in Köln leben, sind froh, dass die Behörden endlich ihre Hinweise ernst nehmen. Thomas fragt sich, warum sie zuvor nicht beachtet worden sind: „Das ist doch Wahnsinn, dass jemand womöglich mit einer einfachen Lüge davonkommen sollte. Wir hoffen, dass der Mann, der Rebecca das angetan hat, vor Gericht kommt und eine gerechte Strafe erfährt.“