Riesen-ZoffKölner Gastro geht auf das Ordnungsamt los – „wie Dreck behandelt“

In der Zülpicher Straße kontrollieren Mitarbeiter des Ordnungsamtes Bars, Restaurants und Aussengastronomien auf die Einhaltung der Coronaregeln.

Die IG Gastro hat in einem Statement heftige Vorwürfe gegen das Kölner Ordnungsamt geäußert. Das Symbolfoto wurde am 17. Oktober 2020 auf der Zülpicher Straße aufgenommen.

Zoff in der Kölner Gastro-Szene: Die Mitglieder der IG Gastro haben sich in einem Brandbrief mit massiven Anschuldigungen gegen das Ordnungsamt gestellt. Die Stadt reagiert nun auf EXPRESS.de-Anfrage.

von Niklas Brühl  (nb)

Am vergangenen Wochenende war einiges los in Köln: Der Sommer zeigte sich erstmals in diesem Jahr von seiner besten Seite, dazu ging es im letzten Saisonspiel des 1. FC Köln beim VfB Stuttgart noch um den möglichen Einzug in die Europa League. Viele Kölnerinnen und Kölner nutzten die freien Tage am Wochenende also, um in der Stadt in Gesellschaft dem schönen Wetter zu frönen.

Zusammen Fußball gucken, ein, zwei Bierchen und etwas zu Schlemmen – ein Glanztag für die kölsche Gastronomie. Sollte man meinen. Denn die Interessensgemeinschaft Gastro (IG Gastro) hat sich nun mit einem Brandbrief zu den letztwöchigen Kontrollen des Ordnungsamtes geäußert und scharf gegen die Behörde und die Stadt geschossen.

Einige Gastronomen und Gastronominnen seien von den Ordnungskräften „wie Dreck“ behandelt worden, der Ablauf in Restaurant-Betriebe durch unverhältnismäßige Kontrollen behindert worden. Auf EXPRESS.de-Anfrage hat die Stadt nun auf die Vorwürfe reagiert.

Köln: IG Gastro mit Brandbrief: „Sind es dermaßen leid“

„Köln war endlich wieder die Stadt, die wir alle so sehr lieben. Friedlich, ausgelassen und alle Veedel waren an der frischen Luft. Das war toll und wichtig für unsere gesamte Branche, Danke Köln“, schreibt die IG Gastro in ihrem Statement. Doch mit der ausgelassenen Stimmung sei es vielerorts schnell vorbei gewesen.

In der Mitteilung der Interessensgemeinschaft heißt es weiter: „Wir mussten erleben, dass Teile des Kölner Ordnungsamtes unsere Branche noch immer wie Dreck behandeln, es hagelte seit Sonntag Beschwerden aus unserer Mitgliedschaft in bisher nicht gekannter Fülle. Wir sind es dermaßen leid, solche Brandreden schreiben zu müssen, aber anders wissen wir uns wirklich nicht mehr zu helfen und die diplomatischen Wege scheitern kläglich.“

Kölner Fans schauen vor Kneipe Fußball – Ordnungsamt schreitet ein

Ein Beispiel für die unverhältnismäßigen Kontrollen sei die Räumung einer Kneipe gewesen, in der viele Menschen das Spiel des FC verfolgten. Laut IG Gastro haben die Fans den letzten Bundesliga-Spieltag friedlich vor der Kneipe geschaut: „Es ging um Europa, viele tausend Kölnerinnen und Kölner haben das Spiel verfolgt, da muss man für 90 Minuten lang eben mal nicht auftreten wie die Staatsmacht, sondern mit Empathie, Herz und Lokalpatriotismus dabei sein.“

Eine Sprecherin der Stadt äußerte sich gegenüber EXPRESS.de zu dem konkreten Fall: „In einem Fall stellten die Außendienstkräfte fest, dass eine Gaststätte mehrere Fernseher aufgestellt und die Bildschirme so gedreht hatte, dass das Spiel des 1. FC Köln von außen verfolgt werden konnte. Die Lautstärkeregler waren entsprechend aufgedreht. Das Angebot führte zu einer Menschenansammlung von zirka 200 Personen vor der Gaststätte und auf der Straße.“

Ein Einschreiten des Ordnungsdienstes sei unumgänglich gewesen, da gleich gegen mehrere Regeln der Kölner Stadtordnung, aber auch des Straßen- und Wegegesetzes des Landes NRW verstoßen worden sei.

„Die Beschallung des öffentlichen Straßenlandes ist nicht zulässig. Menschen auf der Straße störten den fließenden Verkehr und blockierten den Gehweg. Ebenso wurde ohne Genehmigung Alkohol an die Zuschauenden ausgeschenkt“, so heißt es im Statement der Stadt weiter.

In der Halbzeit seien die Betreibenden daher von den Ordnungsdienstkräften aufgefordert, die Bildschirme abzubauen und innerhalb von 30 Minuten dafür zu sorgen, dass die Gäste nicht weiter die Straße blockieren. Eine „Räumung einer Kneipe“ sei hingegen nicht angeordnet worden. „Die anwesenden Gäste mussten nicht gehen, sie hätten sich einen Platz in der Gaststätte oder in der genehmigten Außengastronomie suchen können.“

Köln: Vorwürfe der IG Gastro weist Stadt entschieden zurück

Über diesen konkreten Fall hinaus gibt die IG Gastro an, dass an dem Wochenende einige weitere Fälle der harten Kontrollen durchgeführt worden seien. „Terrassen sind geräumt worden, die optisch toll aussehen, es aber angeblich nicht ins Stadtbild passt. Der Betrieb wurde in mehreren Fällen erheblich gestört, weil Restaurants zur absoluten Prime-Time auf Herz und Nieren kontrolliert wurden. Der Stil des Auftretens spielt immer eine enorme Rolle, in nettem Ton auf Augenhöhe wäre vieles erträglicher“, heißt es in der Mitteilung.

Die Stadt entgegnet, dass am vergangenen Wochenende andere Bereiche der Stadt im Fokus der Kontrollen gestanden haben: „Der Hauptfokus des Ordnungsdienstes lag aufgrund des guten Wetters auf der Kontrolle der städtischen Grünflächen. Am Sonntag kam außerdem die Betreuung der Landtagswahl hinzu. Eine Schwerpunktkontrolle der Gastronomiebetriebe fand nicht statt. Vereinzelt kam es zu Kontrollen von Gastronomiebetrieben aufgrund eingehender Beschwerden oder eigener Feststellungen der Ordnungsdienstkräfte im Rahmen der Präsenzstreife.“

Den Vorwurf, das Ordnungsamt würde die Gastronomie-Betreiber und –Betreiberinnen „wie Dreck behandeln“, weist die Stadt entschieden zurück. Sie räumt aber ein: „Sicherlich befindet man sich bei erforderlichen (ordnungsbehördlichen) Maßnahmen gelegentlich in einem Spannungsfeld. Umso wichtiger ist es, dass sich sowohl die Mitarbeitenden der Stadt Köln, als auch die Gastronomen und Gastronominnen auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Respekt begegnen.“

IG Gastro: „Es steht keiner Behörde zu, uns so würdelos zu behandeln“

Für die Kölner Gastro-Szene kommt aber genau dieser Respekt oftmals zu kurz. „Wir alle machen nur unseren Job, wir lieben diese Stadt und die Menschen und reißen uns für eure glücklichen Stunden in unseren Betrieben den Hintern auf. Es steht keiner Behörde zu, uns so zu attackieren und würdelos zu behandeln.“

Das lange Statement der IG Gastro endet mit der klaren Aussage: „Wir können und werden das in Zukunft auch nicht mehr einfach so hinnehmen.“