Wie sieht ein Tag eines Kölner Polizisten in seinem Veedel aus? EXPRESS.de hat Sven Bartz einen Tag lang begleitet und ihm über die Schultern geschaut.
„Bin zu 20 Prozent Sozialarbeiter“Der Alltag eines Kölner Veedels-Polizisten
Sven Bartz (59) ist Beamter beim Bezirksdienst Nippes. Ein sogenannter Veedels-Polizist. Wie sieht sein Alltag aus, welche Aufgaben hat er eigentlich? EXPRESS.de ging einen Tag lang mit dem Polizeihauptkommissar in „seinem“ Veedel Bilderstöckchen-Nord auf Streife.
Der Ex-Berufssoldat kam erst mit 31 Jahren zur Polizei. Streifendienst, Autobahnpolizei, Bereitschaftspolizei und Führungsstelle. „Jetzt mache ich den Job, der am meisten Spaß macht“, stellt er fest.
Jeden Morgen fährt er mit dem Rennrad zur Wache Nippes und prüft, welche Einsätze es in seinem Bereich gab. „Kolleginnen und Kollegen aus den Kommissariaten schicken schon mal Dinge zur Kenntnis oder bitten mich um Ermittlungen in laufenden Verfahren. Denn ich kenne meine ‚Kundschaft‘ ja persönlich.“
Kölner Beamter: Zu 80 Prozent Polizist, zu 20 Prozent Sozialarbeiter
Heikel wird es, wenn der Hauptkommissar Haftbefehle vollstrecken muss. „Dann muss ich planen, wann wir wie und mit wie vielen Kräften zugreifen.“ Zu 80 Prozent Polizist, zu 20 Prozent Sozialarbeiter, so beschreibt Bartz seine Aufgaben. „Ich muss auch ein Ohr haben für die Sorgen und Ängste der Menschen.“
Oft sei er präventiv tätig. Wie am Morgen in der Gemeinschaftsgrundschule Alzeyer Straße. Um 10 Uhr ist er dort im Eltern-Café mit Schulleiterin Rebekka Sachs und Sozialarbeiterin Joana Honervogt sowie den Eltern verabredet. Der Polizist stellt sich vor, verteilt seine Visitenkarte und eine Broschüre. Inhalt: Medienkompetenz.
Er erklärt, welche Gefahren es für Kinder mit Handy gibt, wie sie beispielsweise in WhatsApp-Chats bloßgestellt werden. Die Eltern stellen Fragen, der Cop hat stets eine Antwort – und schafft Vertrauen.
Kölner Polizist: Sven Bartz ist in seinem Veedel beliebt
Nächste Station: der Kellerladen e. V.. Ein umgebauter Eisenbahnwagon mitten im Wohnviertel, wo Kinder Hausaufgaben machen, Eltern sich treffen und austauschen. Kaum ist Bartz da, sind sofort Kinder um ihn herum. „Kinder lieben Polizistinnen und Polizisten“, lacht Bartz.
Auch die Eltern sind froh, dass der Beamte sich immer mal zeigt und für Fragen da ist. Anwohnerin Marlene Müller (57) hat gute Erfahrungen mit ihm gemacht. „Mein Sohn kam mal mit dem Auto in eine Polizeikontrolle, ein Drogentest fiel positiv aus“, erzählt sie. „Aber mein Junge hatte nur codeinhaltige Tropfen wegen einer Erkältung genommen. Herr Bartz teilte das den Kolleginnen und Kollegen mit. So konnte das geklärt werden.“
15.000 Menschen leben in Bilderstöckchen, davon 50 Prozent Migrantinnen und Migranten. Vor allem Türken und Türkinnen, Menschen aus Afrika, Rumänien, Bulgarien und Arabien. „Natürlich gibt es da Konflikte, aber die lassen sich meist lösen. Die Wohnungsgesellschaften vergeben die Wohnungen so, dass die Großfamilien größtenteils unter sich bleiben. Da besteht zwar die Gefahr der Ghettobildung. Aber bisher funktioniert es“, erklärt Bartz sein Veedel.
Kölner Veedels-Polizist Sven Bartz in vielseitigen Einsätzen
Der nächste Einsatz ist ein Hilfeersuchen von Kolleginnen und Kollegen aus Berlin. Der Fall: Eine Mietwagenfirma, die schon einige Male auffiel, soll im Gewerbegebiet ein Büro haben. Dort soll er ermitteln, wer verantwortlich ist. Es geht um ein unbezahltes Knöllchen. Vor Ort stellt Bartz fest: Die Firma ist in einer Nacht- und Nebelaktion ausgezogen.
Dann schaut er kurz bei Arndt Hürter vorbei, überreicht dem Kfz-Händler seine Visitenkarte mit seiner neuen Rufnummer. Ein kurzes Schwätzchen über die katastrophale Parksituation durch einen Amazon-Händler auf der Longericher Straße, dann muss Bartz weiter zu einem Hausfriedensbruch zur Firma „Herzbraut“ am Heckhofweg.
Chefin Sarah Glowacz empfängt ihn erleichtert. „Ich habe ein Video unserer Überwachungsanlage, da ist ein Mann zu sehen, der über unser Grundstück läuft und sogar auf das Vordach geklettert ist. Ich finde das beunruhigend“, erzählt sie. Sven Bartz schaut sich die Aufnahmen an, verspricht: „Ich leite das an die zuständigen Kolleginnen und Kollegen weiter. Sollte so etwas noch mal passieren, dann wählen Sie bitte sofort die 110.“
Köln: „Wenn ich groß bin, werde ich auch ein Polizist“
Eine Tasse Kaffee, dann geht es zum letzten Termin des Tages in der Kinder- und Jugendeinrichtung „Lucky’s Haus“. „Der Kontakt zu den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern sowie den Kindern und Jugendlichen ist extrem wichtig. Hand in Hand gehen wir dort Probleme an. Das geht von Gewalt in den Familien über Drogenproblematik bis hin zum Abziehen von Handys oder Geld“, erklärt Bartz.
Kaum steht der Streifenwagen vor der Tür, wollen die Kinder auch mal das Blaulicht einschalten und Probesitzen. Ein kleiner Junge sagt schließlich zum Veedels-Cop: „Wenn ich groß bin, werde ich auch ein Polizist.“