Vor genau zwei Jahren griff Russland sein Nachbarland Ukraine an – und bis heute herrscht Krieg. Tausende Menschen gingen deswegen am Samstag in Köln auf die Straße.
Proteste gegen Krieg in Ukraine5000 Menschen am Dom – Polizei trennt die Lager am Rudolfplatz
Anlässlich des zweiten Jahrestags der russischen Invasion in der Ukraine waren in Köln am Samstag (24. Februar 2024) Tausende Menschen auf der Straße. Dabei prallten unterschiedliche Lager aufeinander, die Polizei war mit Großaufgeboten vor Ort, um für Sicherheit zu sorgen.
Der deutsch-ukrainische Verein Blau-Gelbes Kreuz hatte zu einer Solidaritätskundgebung auf dem Roncalliplatz in Köln aufgerufen. Rund 5000 Menschen hörten im Schatten des Doms den Reden zu.
Henriette Reker: „Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen“
Geschäftsführerin Julia Chenusha begann mit eindringlichen Worten. „Seit zwei Jahren hören wir täglich Bomben fallen. Seit zwei Jahren müssen wir ein Zeichen setzen. Es geht nicht nur um die Ukraine, es geht um uns alle. Es geht um einen gemeinsamen Kampf für Frieden, Freiheit und Demokratie. Wir kämpfen gemeinsam und werden gewinnen“.
Erste Rednerin war Oberbürgermeisterin Henriette Reker. „Als Putin vor zwei Jahren seinen verbrecherischen Überfall auf die Ukraine begann, dachte er, Kiew würde in drei Tagen fallen. Es war die größte Fehleinschätzung des 21. Jahrhunderts. Eine Fehleinschätzung, wie sie nur einem unmenschlichen und isolierten Diktator unterlaufen kann. Russlands Truppen trafen nicht auf eine jubelnde Zivilbevölkerung, sondern auf ein Volk voller Tapferkeit, Entschlossenheit und Kampfeswillen.“
Reker weiter: „Köln hat Zehntausende Ukrainerinnen und Ukrainer aufgenommen. Zu Hause und in den Herzen der Kölnerinnen und Kölner. Denn wir wissen: Die Ukraine gehört zu Europa. Die Freiheit ist stärker als die Unterdrückung. Die Ukraine kämpft dafür, dass auch wir in Frieden und Freiheit leben können. Es kann nur eines geben: Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen. Lassen Sie uns niemals aufhören, bis die Ukraine ihr Land und ihre Freiheit zurückerobert hat.“
Berivan Aymaz, Vizepräsidentin des Landtags NRW, schloss sich dem an. „Dieser Krieg kennt wie alle Kriege nur ein Ziel: Zerstörung von Leben, Freiheit, Hoffnungen, Träumen und der Zukunft der Ukraine“. Sie wies auf ein besonders schlimmes Problem des Kriegs hin. „Seit Beginn wurden mindestens 20.000 Kinder ihren Eltern entrissen und nach Russland verschleppt. Das ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Verantwortlichen für dieses Verbrechen müssen und werden zur Rechenschaft gezogen. Der Schlüssel, um alles zu beenden, liegt in Moskau und nicht in Kiew“.
Die stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin Mona Neubaur war erst am Tag zuvor aus Kiew zurückgekehrt. Tief ergriffen vom Erlebten forderte sie die Menschen auf, weiter Zeichen „gegen den Despoten Putin“ zu setzen. „Die Menschen in der Ukraine brauchen diese Zeichen der Solidarität. Aber auch im Kreml muss man diese Bilder sehen. Wir stehen auf im Kampf gegen diesen Wahnsinn“.
Die Beitrittsverhandlungen der Ukraine zur EU seien ein starkes Signal, das viel Kraft gebe. Neubaur versicherte, dass sich die Ukraine weiter auf humanitäre, finanzielle als auch militärische Hilfe verlassen könnte. „Deutschland, Nordrhein-Westfalen, Europa: Wir dürfen nicht aufgeben, damit Putin diesen Krieg nicht gewinnen kann“.
Nur einige hundert Meter entfernt auf dem Alter Markt fand fast zeitgleich eine Demonstration unter dem Motto „Frieden, Brot, Würde – in der Ukraine und weltweit“ statt. Beim sogenannten „Kölner Friedensforum“ sprach auch die Spitzenkandidatin der Linken zur Europawahl, Özlem Demirel.
Joachim Schramm, Landesgeschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft, forderte einen sofortigen Waffenstillstand und keine weiteren Rüstungsausgaben. „Wir wollen friedensfähig, nicht kriegstauglich werden. Die Bundesregierung muss sich endlich ernsthaft für einen Waffenstillstand und Verhandlungen einsetzen, um weitere unzählige Opfer zu vermeiden“.
Der russische Kriegsdienstverweigerer Jewegenij Arefiev aus Münster untermauerte das: „Die Politik muss der Friedens- und nicht der Kriegslobby folgen. Jeder Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit.“
Putin-Aktivistin von rechtsextremem Rechtsanwalt unterstützt
Als besonders heikel war im Vorfeld die Situation am Rudolfplatz eingeschätzt worden. Dort versammelte sich eine Pro-russische Demonstration rund um die bekannte Kölner Putin-Aktivistin Elena Kolbasnikova.
„Der Krieg ist nicht von Russland verursacht worden, sondern von der faschistischen Regierung in Kiew“, rief die Aktivistin, die noch Anfang Februar an einem Forum mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin mit dem Titel „Alles für den Sieg“ teilgenommen hatte. Aktivisten des Kollektivs Anonymous hatten deshalb Anzeige gegen Kolbasnikova erstattet.
Der rund 20-köpfigen Gruppe schloss sich am Samstag auch der rechtsextreme Leverkusener Rechtsanwalt Markus Beisicht vom sogenannten „Aufbruch Frieden“ an. „Der Welt-Brandstifter sitzt nicht in Peking oder Moskau, sondern in Washington. Wir reichen den russischen Freunden unsere Hand, wir brauchen sie als Partner. Keine weiteren Waffen mehr an das ukrainische Regime“, lauteten seine Parolen.
Während die russische Nationalhymne abgespielt wurde, ertönten von der anderen Seite des Platzes „Nazis raus“-Rufe. Die Vereine Klare Kante und cityofhope cologne hatten zum Gegenprotest aufgerufen. „Wir werden es nicht zulassen, dass Ukrainerinnen und Ukrainer, die vor russischen Bomben und Raketen flüchten mussten, die oft Angehörige verloren haben und immer noch verlieren, mit den Fahnen der Täter konfrontiert werden. Köln ist kein Ort für Putins Kriegspropaganda und rechtsextreme Hetze“, sagte Tanja Schmieder von cityofhope cologne.
Polizei trennte Lager am Rudolfplatz – Situation blieb weitestgehend ruhig
Wenige Meter voneinander getrennt standen die beiden Lager an der Hahnentorburg. Ein großes Polizeiaufgebot beobachtete die Szenerie. Doch auch dort blieb bis auf ein paar Beleidigungen alles ruhig, wie auch ein Polizeisprecher gegenüber EXPRESS.de bestätigte.
Auch der Zusammenschluss Freies Russland NRW hatte zum Protest aufgerufen, unter anderem mit einer Kundgebung auf dem Friesenplatz. „Es ist sehr wichtig zu zeigen, dass die russischsprachige Community in Deutschland sich stark gegen die Verherrlichung und Billigung von Putins Vollangriff auf die Ukraine vor zwei Jahren wehrt und die Kriegsverbrechen des Regimes aufs Schärfste verurteilt. Frieden kommt mit dem Sieg der Ukraine und der Niederlage von Putin“, lautete dort die Botschaft.