Spektakulärer Prozess in KölnDrach ergreift spontan das Wort – dann geht es nur um seine Hose

Der Angeklagte Thomas Drach (61) gestikuliert.

Der Angeklagte Thomas Drach ergriff am dritten Prozesstag (9. Februar 2022) plötzlich das Wort. Das Foto zeigt ihn an dem Tag zwischen seinen beiden Verteidigern.

Tag drei im Prozess gegen Thomas Drach (61). Der ehemalige Reemtsma-Entführer gilt als einer der gefährlichsten deutschen Schwerkriminellen – doch im Gerichtsaal war zunächst seine Hose sein größtes Problem.

von Iris Klingelhöfer  (iri)

Kölner Landgericht, Saal 112. Der Prozess gegen Thomas Drach und den Mitangeklagten Eugen W. beginnt am Mittwoch (9. Februar 2022) erneut mit einer Verzögerung. Statt wie geplant um 9.15 Uhr sind erst um 9.40 Uhr alle da. Und direkt erhebt Drach überraschend die Stimme.

Es geht um die strengen Sicherheitskontrollen, denen der 61-Jährige regelmäßig unterzogen wird. Die hätten ihm hundertmal den Gürtel rein- und rausgezogen, meckert er. Deshalb hätte er heute eine Sporthose an. Jetzt hätten die ihm da sogar den Gummizug rausgezogen. „Man muss doch noch ein bisschen normal im Kopf sein“, mokiert sich Drach.

Prozess in Köln: Thomas Drach fühlt sich wie in Louis de Funès-Film

Auch seine Schuhe müsse er zehnmal an- und ausziehen. „Wissen Sie, wie das ist?“, will der 61-Jährige vom Vorsitzenden Richter Jörg Bern wissen. „Wie in einem Film von Louis de Funès, die Hosenscheißer-Brigade.“ Welchen Film Drach damit meint, ist allerdings unklar.

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Thomas Drach werden vier Raubüberfälle auf Geldtransporter in Köln, Frankfurt am Main und Limburg vorgeworfen. In zwei Fällen soll er auf Sicherheitsdienstmitarbeiter geschossen und diese schwer verletzt haben. Die Staatsanwaltschaft hat das als versuchten Mord gewertet.

Drach-Prozess in Köln geprägt von Verzögerungen und Anträgen

Beim Prozessauftakt am 1. Februar 2022 hatte Drach über seine Anwälte erklären lassen, dass er von seinem Schweigerecht Gebrauch machen wird. Auch sein mutmaßlicher Komplize Eugen W. will sich nicht zu den Vorwürfen äußern.

Das Verfahren ist zäh gestartet. Nach mehreren Verzögerungen und zahlreichen Anträge der Verteidigung, konnte Mittwochvormittag (9. Februar 2022) endlich die Beweisaufnahme gestartet und der erste Zeuge vernommen werden. Dabei handelte es sich um einen Polizeibeamten (54), der am 24. März 2018 beim Überfall auf einen Geldtransporter an der Ikea-Filiale in Köln-Godorf mit als erster vor Ort war.

Der Beamte hatte kaum den ersten Satz gesagt, da grätschte Wolfgang Heer, Verteidiger des Mitangeklagten Eugen W., dazwischen – der Zeuge möge doch bitte seine Maske abnehmen. Richter Bern forderte den Anwalt auf, nicht dazwischen zu reden: „Das ist doch schon in der Schule verboten gewesen.“ Heer verlangte daraufhin eine Unterbrechung.

Richter Bern wandte sich direkt an den Zeugen, fragte, ob er die Maske abnehmen möchte. Macht er. Der Richter: „Geht doch.“

Polizeibeamter als mit als erster nach Raub vor Kölner Ikea-Filiale vor Ort

Anschließend schilderte der Beamte, wie er damals den Einsatz wegen eines Raubes auf einen Geldtransporter in Köln-Godorf erhalten hat. Er sei mit einer Kollegin und einer zweiten Streifenwagenbesatzung hin, erklärte er. Auf der Höhe des Personaleingangs der Ikea-Filiale hätten sie den Transporter vorgefunden, einer der Sicherheitsdienstmitarbeiter hätte berichtet, dass der Täter den Revolver, den er im Holster trug, an sich genommen hätte. Dann sei er in einem schwarzen BMW mit Bergheimer Städtekennung geflüchtet.

Welchen Eindruck hatte sie von dem Mitarbeiter, will einer der Verteidiger wissen. „Er schien mir beeindruckt und geschockt. Ich hatte das Gefühl, er war gedanklich noch mit der Situation beschäftigt“, so der Zeuge. Ein anderer Verteidiger erklärte, dass ein Zeuge den Täter als über 30, aber nicht älter als 45 beschrieben habe – ob er davon wisse. Das verneinte der Polizist.

Die Anklage wirft dem 61-jährigen Drach vor, diesen Überfall – bewaffnet mit einem Sturmgewehr des Typs AK-47 – begangen zu haben. Er soll die Geldkassette mit den Tageseinnahmen geraubt haben.