Das Sturmtief „Zoltan“ hat vor allem in Köln-Poll eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Eine Anwohnerin berichtet von einem spektakulären Erlebnis.
„Es war der Wahnsinn“Hat sich Uralt-Ereignis von 1898 wiederholt? Kölnerin Simone ist sich sicher
Die Schilderungen von Simone Bley sind wie aus einem packenden Katastrophenfilm. „Unser Hund hat schon manches Gewitter erlebt. Diesmal war es anders“, so die Anwohnerin vom Schenkspfad in Köln-Poll. Er sei die Treppe hochgelaufen und habe sich zwischen Bett und Schrank verkrochen. „Das hat er noch nie gemacht.“
Die Kölnerin weiß auch genau, wie viel Uhr es war: Um 19.47 Uhr, so hat es die Außenkamera am 21. Dezember 2023 festgehalten, brach in Poll die Hölle los. „Es war der Wahnsinn“, sagt Simone Bley.
Anwohnerin in Köln-Poll sah plötzlich helles Licht auf ihr Haus zukommen
„Plötzlich sah ich durch das Wohnzimmerfenster ein helles Licht auf das Haus zukommen“, schildert sie. Sie habe gedacht, was ist denn jetzt los? Simone Bley ist sich sicher: „Ich habe den Tornado gesehen.“
Auch zehn Tage nach dem Unwetter, das mit dem Sturmtief „Zoltan“ über Köln zog, sind in Poll die Spuren zu sehen: abgedeckte oder notdürftig geflickte Dächer, entwurzelte Bäume und umgeknickte Masten.
Anwohner Fritz Büchel aus der Salmstraße bilanziert: „Bei mir ist das Dach teilweise fliegen gegangen und der Kamin umgeknickt. Betonziegel sind geflogen, als wäre es Papier.“
Der Poller Heimatforscher Hans Burgwinkel erklärt gegenüber EXPRESS.de: „Durch Poll hat der Sturm regelrechte Schneisen gezogen. Es gab einen Lärm, als wenn Düsenflieger rings um mein Haus starteten. Dachbleche flogen vom Poller Kirchweg bis zum Schulpfad, das heißt über 500 Meter. Mindestens ein Dachstuhl wurde angehoben und andere wurden komplett abgedeckt.“ Das Ganze habe nur 15 bis 20 Sekunden gedauert.
Hier an unserer EXPRESS.de-Umfrage teilnehmen:
Diese kurze Zeitspanne und das Schadensbild sprechen aus der Sicht von Hans Burgwinkel dafür, dass es tatsächlich ein Tornado war, der durch den Stadtteil gezogen ist – und der bei aller Wucht zum Glück keine Personenschäden verursacht hat.
Tornado in Köln-Poll? Einsatzkräfte solche Sturmschäden noch nie erlebt
Der Deutsche Wetterdienst führt das Extremwetter vom 21. Dezember als sogenannten Tornado-„Verdachtsfall“. Ein Tornado wurde also (noch) nicht bestätigt. So konnte das Schadensbild vor Ort noch nicht eingehend genug begutachtet werden. Auch die Radaranalysen ergaben kein eindeutiges Bild, ob es sich um einen Tornado handelte oder um starke Fallböen (Downburst), die durchaus ein ähnlich hohes Schadenspotenzial aufweisen können.
Als „bestätigter Tornado“ wird das Wetterereignis allerdings auf der Seite tornadomap.org geführt. Der betroffene Bereich wird auf der Website als 16,7 Kilometer lang und 370 Meter breit (max.) angegeben. Betroffene Orte seien: Poll, Westhoven, Rodenkirchen, Weiß, Zündorf, Libur, Spich und Oberlar (Troisdorf).
Eine Feuerwehrsprecherin hatte berichtet: „Kollegen und Kolleginnen, die schon sehr lange dabei sind, sagten mir, dass sie so ein Schadensbild wie in Poll in Köln nach einem Sturm noch nicht erlebt haben.“
Gedenktafel in Poller Heimatmuseum erinnert an Tornado von 1898
Historisch interessant: Seit November 2016 erinnert eine Gedenktafel in Poll an einen Tornado, der am 7. August 1898 im Viertel, aber auch in weiten Teilen des linksrheinischen Köln große Zerstörungen verursachte. Tennisballgroßer Hagel hätte etwa in der Flora an die Tausend Scheiben zerstört und das Zeltdach eines Rheindampfers wie ein Sieb durchlöchert.
Aus Wolkentürmen, die aus Richtung Aachen gekommen seien, hätten sich an diesem extrem schwülen Sonntag vier Windhosen auf den Boden gesenkt: „Ein ca. 250 Meter breiter Tornadostreifen der Verwüstung zog sich von Arnoldshöhe über Raderthal und Bayenthal nach Poll“, heißt es auf der Schautafel.
Stellenweise sei die Wirkung explosionsartig gewesen, „massive Wände wurden von den Häusern abgerissen, Fischerhäuser am Rhein wurden zerstört“ – es gab mehrere Tote. Fotografisch sind die Schäden mit zahlreichen Bildern ungewöhnlich gut dokumentiert. Eine Visualisierung macht die Windhose „sichtbar“, skurril zwar, aber anschaulich.