Auf der Forbes-ListeKölner Top-Manager verrät: Es gibt nur eine Erfolgsformel
Köln – Erfinder des Kölner Mottoschals im Karneval und der berühmten Deutschland-Autofahnen bei der WM 2006, Gründer des 1. Kölner Oktoberfests. Und längst im Fußball-Business ein absolutes Schwergewicht unter den Spielerberatern. Super-Kicker wie Toni Kroos, Niklas Süle und Co. vertrauen ihm.
Köln: Spielerberater Volker Struth auf Forbes-Liste vorne
Volker Struth (54) steht auch im Corona-Jahr 2020 unter den Top 4 Agenten auf der Forbes-Liste. Doch der Netzwerker ist seiner Heimat stets treu geblieben. Das Interview mit dem Kölner Macher über Business, Heimat und Familiie.
Volker Struth, Sie sind einer der Big Player in Ihrer Branche, gehören auch in 2020 zu den weltweiten Top-Agenten. Wie haben Sie das Corona-Jahr geschäftlich und privat verdaut?
Volker Struth: Mir geht es gesundheitlich gut. Ich habe zweimal pro Woche Corona-Tests gemacht, um sicherzustellen, dass ich dieses Teufels-Virus nicht habe. Diese Sicherheit war mir auch ganz wichtig, damit ich überhaupt ein paar wenige persönliche Termine verantworten konnte. Das war schon ein völlig verrücktes Jahr. Normalerweise sitze ich vierzig, fünfzig Mal pro Jahr im Stadion, habe zig Termine mit Spielern und Fußballfunktionären. Ich bin ständig an Flughäfen und unterwegs. Dieses Jahr ging fast alles übers Telefon oder via Video-Konferenz. Ich habe wirklich noch nie so viel telefoniert wie in diesem Jahr. Gleichzeitig war es natürlich auch für uns wirtschaftlich kein gutes Jahr.
Was ist Ihre Prognose, wie es weitergeht?
Die richtigen Probleme im Fußball-Business werden erst in 2021 zu spüren sein. Dieses Jahr gab es ja noch ein paar Transfers. Das Winter-Transferfenster wird mau, im Sommer werden wir dann die Konsequenzen aus einem Jahr fast ohne Zuschauer noch deutlicher erfahren.
Aber in Bezug auf mich fände ich es unanständig, jetzt zu jammern. Immerhin hat Corona zahlreiche Menschen unverschuldet in die Arbeitslosigkeit oder große Existenznöte gebracht. Zehntausende sind gestorben. Dagegen sind die Konsequenzen von uns lächerlich.
Wenn ich jetzt davon spräche, dass ich wirtschaftlich unter Corona leide, dann müsste man mich sofort einliefern lassen. Wir versuchen mit unserer Stiftung zu geben und zu helfen. Es gehen aktuell sehr viele Anfragen ein. Anja Funkel, die die Stiftung leitet, macht da einen ganz tollen Job.
Corona wird auch im Winter über unser Leben bestimmen…
Volker Struth: Das stimmt. Und ich bin übrigens auch ein absoluter Befürworter des harten Lockdowns. Das ist die Entscheidung und Empfehlung der Politik, an die ich mich halte.
Aktuell kommt es mir wie früher bei Länderspielen vor. Da gab es 40 Millionen Bundestrainer, die meinten, alles besser zu wissen. Heute gibt es in Deutschland gefühlt eine Million Virologen. Beim Fußball wird immerhin dann auf Stammtischniveau versucht zu diskutieren. Jetzt meinen aber Hobby-Virologen, über Dinge zu palavern, von denen sie definitiv nullkommanull Ahnung haben.
Ich habe für mich beschlossen, die Maßnahmen rund um Corona zu akzeptieren – und trotz allem positiv zu denken, und ich freue mich einfach darauf, wenn ich mein altes Leben zurück haben werde. Wenn es 2021 in Richtung Sommer geht, hoffe ich, wird das schlimmste vorbei sein.
Viele malen sich das Ganze eher düster aus, befürchten Zuschauerrückgänge und defensives Verhalten der Menschen in der Öffentlichkeit…
Volker Struth: Ich nicht. Ich glaube, dass die Menschen wieder in die Stadien gehen und es sogar viel mehr wertschätzen, ein Fußball-Spiel oder aber auch ein Konzert zu besuchen. Ich habe mir zum Beispiel vorgenommen, sobald es wieder geht, auf ein Brings-Konzert zu gehen und es so richtig krachen zu lassen. Und diese kleinen und großen Sehnsüchte stecken in vielen Menschen.
Jeder hat aktuell Dinge, die er vermisst. Ob ein Glas Wein mit den besten Freunden oder einen gemeinsam gefeierten Torschrei. Ich höre jedenfalls sehr oft: ‚Ich sehne mich nach meinem Leben zurück.‘ Es ist aber gleichzeitig auch eine wichtige Zeit, um mal wertzuschätzen, was wir für ein Leben führen oder geführt haben. Das habe ich letztens auch noch zu meinen Kindern gesagt…
Was denn genau?
Volker Struth: Dass wir uns schon mal vergegenwärtigen müssen, worüber wir alle gerade jammern. Nochmals: Auch für mich und meine Generation ist diese Corona-Pandemie das Ungemütlichste, was wir je erlebt haben. Aber meine Großmutter, bei der ich groß geworden bin, zum Beispiel hat zwei Weltkriege erlebt. Sie hat früh ihre drei Kinder unter die Erde gebracht. Mein Opa war nach dem Krieg in russischer Gefangenschaft und meine Oma konnte ihm nicht mal eben eine WhatsApp schicken.
Bei allem Schrecklichen, was Corona mit sich bringt: die meisten haben trotzdem fließend Wasser, volle Kühlschränke und Netflix. Das habe ich meinen Kindern geschildert. Daher lautet mein Wunsch, dass die Menschen etwas glücklicher sind über das Leben, das sie führen und vor allem bald wieder führen dürfen. Dass Neid, Missgunst und Populismus mal ein bisschen weniger werden.
Wie lange mischen Sie noch im Zirkus Fußball mit? Sie sind seit 30 Jahren Unternehmer, denkt man da langsam ans Aufhören, daran, etwas Neues zu machen?
Volker Struth: Ich befasse mich natürlich mit meiner Zukunft. Ich habe – bekanntermaßen – zweimal gesundheitlich richtig einen abbekommen.
Allein deshalb überlege ich selbstverständlich, ob ich weniger mache. Ich habe mit 25 meine erste Firma gegründet und seither immer nur Vollgas gegeben. Seit 30 Jahren kennt mein Berufsleben nur eine Geschwindigkeit: Vollgas! Deshalb komme ich jetzt an einen Punkt, an dem ich vieles reflektiere und mir genau diese Fragen stelle: So wie bisher werde ich mit Sicherheit nicht mehr lange weitermachen.
Muss ich aber auch gar nicht, weil ich zum Glück sehr gute Leute um mich herumhabe, die mich in vielen Bereichen exzellent vertreten können. Deshalb muss ich auch nicht mehr alles machen, sondern kann an einigen Stellen anfangen, mich etwas rauszunehmen und mich gleichzeitig darauf konzentrieren, das Große und Ganze im Blick zu behalten und mich ausschließlich den entscheidenden Themen zu widmen.
Wie bleibt man so lange oben? Was raten Sie Jung-Unternehmern?
Volker Struth: Fleißig zu sein! So banal es klingt: Aber die Grundlage für Erfolg ist Fleiß. Das ist nichts was man studieren kann. Toni Kroos, Reiner Calmund und manch anderer bezeichnen mich als Menschenfänger. Aber dass alleine reicht natürlich niemals aus.
Die größte Empathie nützt überhaupt nichts, wenn man anschließend nicht leidenschaftlich und fleißig und stets emsig arbeitet und die Karrieren, die einem ja von den Spielern anvertraut werden, fleißig begleitet. Wer Vertrauen bekommt, muss es auch rechtfertigen und damit umzugehen wissen. Fleiß ist das A und O. Das ist ähnlich wie bei einem Fußballer. Talent allein reicht dem ja nicht. Um ganz nach oben zu kommen, muss er verdammt viel trainieren und zahlreiche Sonderschichten einlegen. Er muss also auch fleißig sein.
Wann erscheint Ihre Autobiografie?
Volker Struth: Wir sind in der Schlussphase. Heißt: es finden noch Korrekturen statt, wir ergänzen und verbessern noch. Im Fußball würde man sagen: Wir sind in der 89. Spielminute. Es soll im kommenden Herbst erscheinen. Hinter dem Buch stecken zwei Ideen: Zum einen möchte ich mal wirklich über das Beratergeschäft informieren, damit die Betrachtungsweise nicht so klischeehaft bleibt und immer alle in eine Tonne gekloppt werden. Zum zweiten möchte ich mit meiner Geschichte auch Mut machen. Ich lasse keine Chancenlos-Geschichten zu.
Was heißt das?
Kaum jemand ist in unserem Land komplett chancenlos. Natürlich gibt es Menschen, die es schwerer haben. Aber auch die können Unglaubliches erreichen. Dazu möchte ich mit meiner Geschichte motivieren.
Sie haben mit Ihrem Aufstieg von ziemlich weit unten nach oben auch hohe Preise bezahlt.
Volker Struth: Genau darum geht es. Mich nervt es, dass man in Deutschland oft über Menschen die Nase rümpft, denen es finanziell sehr gut geht. Dass man einfach nur über „die Reichen“ spricht, aber nur selten hinterfragt, WIE derjenige, über den geredet wird, denn reich geworden ist. Ich habe noch nie von jemand etwas geschenkt bekommen. Ich hatte nicht viel Zeit für meine Kinder, wahrscheinlich sogar zu wenig, war an nahezu jedem Wochenende unterwegs. Und habe, wie bereits erwähnt, mit meiner Gesundheit bezahlt.
Haben Sie auch Freundschaften eingebüßt?
Volker Struth: Auch das. Denn für Freundschaften braucht man Zeit. Und die hat man, wenn man 24/7 für seinen Job unterwegs ist, nicht immer.
Es gibt Menschen, die dafür Verständnis haben, andere nicht. Daher gehört es auch dazu, dass sich Leute im Laufe der Jahre verlieren. Ich bin da Realist. Mich haben Menschen enttäuscht, und bestimmt habe ich das umgekehrt auch getan. Um die ein oder andere Freundschaft, die verloren ging, bin ich traurig. Um die ein oder andere aber auch nicht.
Es ist eine Kunst, wenn du am Ende des Lebens eine Freundschaft aus der Jugend bewahrt hast. Ich habe es geschafft, zwei, drei wahre Freundschaften über Jahrzehnte mitzunehmen, das empfinde ich als etwas Besonderes, und dafür bin ich dankbar.
Köln: Spielerberater Volker Struth bricht Lanze für Jogi Löw
Zurück zum Fußball: Ist der deutsche Nachwuchs platt?
Volker Struth: Wir hatten fette Jahre, deren Früchte wir 2014 bei der WM geerntet haben. Aber wir werden jetzt ein paar dünne Jahre haben, da werden wir mit leben müssen. Ich breche deshalb auch eine Lanze für Jogi Löw.
Wieso?
Volker Struth: Wenn Hansi Flick zum Beispiel, obgleich er ja Jugendförderer ist, sagt, er brauche dringend einen zentralen Mittelfeldspieler, dann geht er zu seinem Vorgesetzten und dann wird unabhängig von der Staatsangehörigkeit nach Kandidaten geschaut. Jogi Löw muss mit denen klarkommen, die für ihn spielberechtigt sind.
Thema Florian Wirtz, der am Mittwoch bei Bayer verlängert hat. Ärgert es Sie als FC-Fan, dass er in Leverkusen auftrumpft?
Volker Struth: Da blutet nicht nur mir das Herz, sondern auch vielen Fans und Funktionären des 1. FC Köln. So ein Talent hast du nicht jedes Jahr. Ich weiß nicht, was genau da passiert ist. Wenn so etwas in der freien Wirtschaft passiert wäre, dann würden nach so einem Fehler Köpfe rollen ohne Ende.
Die Leute aus der Jugendabteilung hätten wahrscheinlich viel mehr Alarm schlagen müssen, und zwar spätestens zwei Jahre vor Vertragsende, damit so ein Junge langfristig gehalten wird. Stattdessen traf sich der Vater des Jungen in der Zeit mit der halben Liga. Und dann passierte der Worst Case: Wechsel zu Bayer Leverkusen. Der Rudi Völler muss gedacht haben: Das ist ein Märchen hier.
Aber nur für Leverkusen…
Volker Struth: Lassen Sie sich das mal alles auf der Zunge zergehen: Kapitel 1: ein Mitarbeiter kommt ins Büro von Rudi Völler marschiert und sagt: ‚Wir können ein deutsches Top-Talent vom 1. FC Köln verpflichten. In Kapitel 2 kommt dann noch raus: Das Talent hat nur noch ein halbes Jahr Vertrag. Und im Schlusskapitel kommt hinzu: Der Junge hat keinen Berater. Das ist ein Märchen für Bayer Leverkusen.
Robert Lewandowski wurde als erster Bundesliga-Spieler Weltfußballer: Ist die Zeit von Lionel Messi und Cristiano Ronaldo vorbei? Wer ist das heißeste Eisen auf dem Markt?
Volker Struth: Robert Lewandowski hat zurecht gewonnen. Vor seiner Leistung kann man nur den Hut ziehen – ob man Bayern-Fan ist oder nicht. Messi ist der Beste, den es je im Fußball gab. Für mich ist der auch größer als der kürzlich verstorbene Diego Maradona, den ich als Fußballer geliebt habe. Die heißesten Eisen aktuell sind Kylian Mbappé und Erling Haaland.