„Wird sich in diesem Jahr verschärfen“Erste Warnungen vor einem „brutalen Sommer“ 2023

Die Lage im Mittelmeerraum spitzt sich zu, Südeuropa bereitet sich auf einen weiteren Dürre-Sommer vor. Und weil der Boden so ausgedörrt ist, kann das verheerende Folgen haben, wie sich jetzt zuletzt in Italien zeigt.

von Martin Gätke  (mg)

Südeuropa bereitet sich auf einen extremen Sommer: Einige Regionen am Mittelmeer leiden bereits unter massiver Wasserknappheit, die Landwirtinnen und -wirte erwarten die schlechtesten Erträge seit Jahrzehnten.

Da der Klimawandel die Region heißer und trockener macht als je zuvor, haben jahrelange Dürreperioden zudem die Grundwasserreserven erschöpft. Und wo der Boden knochentrocken ist, kann es auch zu verheerenden Hochwassern kommen, wie sich zuletzt in Italien zeigte.

Spanien, Frankreich, Italien: Weiterer „brutaler Sommer“ steht bevor

In Spanien und Südfrankreich sind die Böden knochentrocken geworden. Bereits im April hat die Hitzewelle in Spanien ihren Höhepunkt erreich, das Thermometer kratzte im Süden die 40-Grad-Marke. Nun steht der Sommer vor der Tür.

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Und angesichts der immer weiter steigenden Temperaturen warnen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass Europa ein weiterer „brutaler Sommer“ bevorsteht, nachdem es bereits im letzten Jahr den heißesten seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt hatte. Dies führte zu einer Dürre, die laut den Forschenden der Europäischen Union die schlimmste seit mindestens 500 Jahren war.

In diesem Jahr wird sich die Lage wohl noch einmal verschärfen. „Die Dürre-Situation wird sich in diesem Sommer noch einmal verschlimmern“, sagt Jorge Olcina, Professor für geografische Analyse an der Universität Alicante, gegenüber Reuters.

Spanien: Dürre könnte in diesem Jahr noch schlimmer werden

Auch die Chancen von Niederschlägen seien äußerst gering. „Zu dieser Jahreszeit erwarten wir nur punktuelle und lokale Stürme, die das Niederschlagsdefizit aber nicht beheben werden“, so Olcina weiter.

In einem Schreiben vom 24. April an die Europäische Kommission warnte der spanische Landwirtschaftsminister Luis Planas, dass „die aus dieser Dürre resultierende Situation ein solches Ausmaß hat, dass ihre Folgen nicht allein mit nationalen Mitteln bewältigt werden können“. Planas bat um EU-Soforthilfen.

Häufigere und schwerwiegendere Dürren im Mittelmeerraum, eine Durchschnittstemperatur, die bereits heute rund 1,5 Grad Celsius höher liegt als noch vor 150 Jahren – diese Daten entsprechen ganz den Prognosen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über die Auswirkungen des Klimawandels in der Region.

Dürre im Mittelmeerraum: „Alle sind spät dran“

Die Forschenden beklagen schon länger, dass weder Regierungen noch Unternehmen im Mittelmeerraum die Lage ernst nehmen würden, die Vorbereitungen auf die neuen klimatischen Bedingungen seien ungenügend.

„Die Regierungen sind spät dran. Die Unternehmen sind spät dran“, sagt Robert Vautard, Klimawissenschaftler und Direktor des französischen Pierre-Simon Laplace Instituts. „Einige Unternehmen denken nicht einmal daran, ihr Verbrauchsmodell zu ändern, sondern versuchen nur, irgendwelche Wundertechnologien zu finden, die Wasser bringen.“

Dürre in Italien: Dramatische Überschwemmungen in der Emilia-Romagna

Dabei leiden die Regionen schon jetzt massiv. Frankreich hat den trockensten Winter seit 1959 hinter sich, in vier Präfekturen wurde bereits ein Dürre-Alarm ausgelöst. In Portugal leidet 90 Prozent des Festlands unter Trockenheit, ein Fünftel des Landes sogar unter schwerer Trockenheit – fünfmal so viel wie 2022. In Spanien sind viele Tausende auf die Lieferung von Trinkwasser per Lkw angewiesen.

Ähnliche Probleme gibt es in Italien: Weil der Schnee in den Bergen knapp ist, gleicht der Po vielerorts einem Rinnsal. Die Po-Eben leidet seit Monaten unter Wetterextremen: Das Land erlebte dort die schlimmste Dürre seit 70 Jahren.

Der Boden in vielen Teilen des Landes ist so ausgetrocknet, dass das Wasser nicht mehr einsickern kann – die Folgen können verheerend sein, wie ich in der Region Emilia Romagna zeigt. Nachdem es dort monatelang kaum Niederschlag gegeben hatte, hört es nun nicht mehr auf zu regnen. Bis zum Mittwochmittag sind in den Überschwemmungsgebieten nach über 5000 Personen aus ihren Häusern evakuiert worden, acht Menschen sind gestorben. Die Lage ist dramatisch.