von Béla Csányi (bc)
„So läuft das bei der Bahn“Lokführer wütet und offenbart Klemme für Bonner Pendler
Bonn – Dienstagmorgen, kurz vor neun Uhr. Pünktlich fährt die RB48 Richtung Bonn am Bahnhof Süd ein. Da kann in den nächsten 20 Minuten doch nichts mehr schief gehen, oder? Von wegen!
Und tatsächlich läuft auch an diesem Dienstag wieder etwas schief. Während die leidgeprüften Fahrgäste die Verzögerungen bereits gewohnt sind, kann diesmal ausgerechnet der Lokführer seinen Ärger nicht zurückhalten – und wütet per Lautsprecheransage gegen die Deutsche Bahn.
Fahrt Richtung Bonn: Überholung durch Güterzug bremst Regionalbahn 48 aus
Zwischen dem Güterbahnhof Eifeltor und Hürth-Kalscheuren kommt die Regionalbahn zum Stehen, auf dem Nachbargleis schleicht ein Güterzug mühselig vorbei. „Wie Sie sehen, müssen wir einem sehr wichtigen Güterzug den Vortritt lassen“, beklagt der Lokführer in einem Anflug von Sarkasmus. Auf mindestens fünf Minuten Verspätung könnten sich die Reisenden schon einmal einstellen. „So läuft das bei der Deutschen Bahn“, schließt er verbittert ab.
Am Ende kostet der Überholvorgang die RB48 sogar neun Minuten, der Lokführer greift ein zweites Mal zum Mikrofon und fasst zusammen: „Damit Sie mal wissen wie das auf dieser Strecke läuft: Hier wurde jetzt ein sehr wichtiger Güterzug vorgelassen und das Ganze hat neun Minuten gedauert. Die RB48 ist das schwächste Glied in der Kette.“ Es folgt erneut das spöttische Fazit: „So läuft das bei der Deutschen Bahn.“
Bonner Pendler ärgern sich regelmäßig über Verspätungen bei der Bahn
Ähnlich dürften viele Bonner Pendler denken, die regelmäßig auf der Strecke zwischen Bundesstadt und Domstadt unterwegs sind. Doch behandelt die Zentrale der Bahn Drittanbieter wie National Express mit den Linien RB48, RE5 und RE7 oder Trans Regio (RB26) wirklich schlechter als eigene Züge?
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„Das ist mitnichten der Fall“, betont ein Pressesprecher der DB auf EXPRESS-Nachfrage, „es gibt klare Regeln, wie der Zugverkehr gesteuert wird.“ Die gesamten Abläufe würden zudem von der Bundesnetzagentur überwacht.
RB48 Richtung Bonn muss verspätetem Güterzug den Vorrang lassen
Der Überholvorgang am Dienstag lasse sich einfach begründen: „In diesem Fall hat man einem Güterzug den Vorrang gelassen, der bereits Verspätung hatte.“ Es komme vor, dass bei Gütertransporten verderbliche Ware an Bord sei, die entsprechend schnell an ihr Ziel gebracht werden müsse und keine weitere Verspätung dulde.
Die Statistik auf der Homepage von National Express begründet 70 Prozent aller bisherigen Verspätungen im Jahr 2020 mit „Überholungen durch andere Eisenbahnverkehrsunternehmen“, im Durchschnitt enden die Fahrten der RB48 mit drei Minuten Verspätung.
Erkenntnis für Bonner Pendler: Verspätete Züge gehören auch in Zukunft zum Bahn-Alltag
Aus Sicht der Bahn sei es dennoch „unfair, dass ein Lokführer so etwas behauptet.“ Wie viele andere Strecken in NRW sei auch die Trasse zwischen Köln und Bonn stark ausgelastet, teilweise sogar überlastet – und ist damit entsprechend anfällig für Verspätungen.
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Für Pendler bleibt daher die bittere Erkenntnis: Auch in Zukunft wird es zwischen Köln und Bonn immer wieder zu Verspätungen kommen – ganz gleich für welchen Zug man sich entscheidet. (bc)