Mit 300 km/hKölns geheime Teststrecke für den „rasenden Torpedo“

Die Alweg-Bahn-Versuchsanlage 1957 in Fühlingen

Wie ein Blick in die Zukunft: Die Alweg-Bahn-Versuchsanlage 1957 in Fühlingen

„Rasender Torpedo“ oder auch „Blitzbahn“: In der Fühlinger Heide saust am 8. Oktober 1957 die erste Alweg-Bahn über eine geheime Teststrecke. Die Hoffnungen, die in das Einschienensystem gesetzt werden, sind groß, erfüllen sich aber nicht. Zumindest nicht in Deutschland ...

Mitte der 1950er Jahre werden in der Fühlinger Heide aufsehenerregende Teststrecken gebaut. Über sie soll eine über 300 km/h schnelle Einschienenbahn sausen. Das Vorhaben erregt international Aufmerksamkeit. Bereits 1952 wird auf einem kleinen Feld ein Versuchsmodell im Maßstab 1:2,5 auf die Schiene gebracht.

Initiator ist ein schwedischer Großindustrieller, der Mehrfach-Millionär Axel Lennart Wenner-Gren, der offenbar einen Beitrag zum Wiederaufbau der deutschen Nachkriegswirtschaft leisten wollte, wie Reinhard Krischer in seinem Buch über die Alweg-Bahn schreibt.

Kölner Innenstadt sollte mit Leverkusen verbunden werden

Mit dem Namen der Bahn soll ihm ein Denkmal gesetzt werden: Er setzt sich zusammen aus seinen Initialen: Alweg. 1952 wird aus der im Handelsregister eingetragenen „Verkehrsbahn-Studiengesellschaft“ die „Alweg-Forschungsgesellschaft“.

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Wenner-Gren träumt davon, ein Verkehrsmittel auf die Einzelschiene zu setzen, das nicht nur den Nah- und Fernverkehr, sondern auch den Güterverkehr revolutioniert. Berechnungen und technische Versuche bringen bald die erste Ernüchterung: Es stellt sich heraus, dass sich das Projekt nur für den Personennahverkehr rechnet.

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Fünf Jahre nach Vorstellung des ersten Versuchsmodells fliegt am 8. Oktober 1957 der „Rasende Torpedo“ erstmals in Originalgröße über die Versuchsstrecke.

Dafür reist Wenner-Gren an, auch der technikbegeisterte Bundeskanzler Konrad Adenauer kommt. Er hat vorgeschlagen, die Kölner Innenstadt per Hochbahn mit Leverkusen und Opladen zu verbinden. So zeigt ein Modell aus den 1950er Jahren den Wiener Platz mit einer auf Stützen stehenden Trasse, darunter schlängeln sich Straßenbahnen und der Autoverkehr.

Auch Wirtschaftsminister Ludwig Erhard zeigt besonderes Interesse an der Bahn. Mit ernstem Gesicht verkündet er: „Eine solche Angelegenheit ist natürlich nicht unter nationalem Gesichtspunkt zu betrachten, aber da die erste Bahn in Deutschland gebaut wurde, würde ich wünschen, dass Deutschland auch weiterhin führend darin bleibt.“

In Tokio, Seattle und im Disneyland fahren Bahnen nach dem Alweg-Prinzip

Doch daraus wird nichts: „Die Firma Alweg musste hilflos zusehen, wie die zuständigen Kommunalbürokratien von Köln, Leverkusen und Opladen sich vor allem aus finanziellen Gründen gegen dieses Projekt wehrten“, schreibt Krischer. Auch alle Hoffnungen, die Hochbahn könne in anderen deutschen Städten eingesetzt werden, zerschlagen sich.

In Tokio, Seattle und im kalifornischen Disneyland fahren Bahnen nach dem Alweg-Prinzip noch heute. Die Fühlinger Teststrecke wird 1967 abgebaut. Dort, wo einst Deutschlands Nahverkehr revolutioniert werden soll, wird später der Fühlinger See erweitert.

Der Artikel von Inge Wozelka erschien am 4. Oktober 2017 im EXPRESS in der Reihe „Kölner Zeitreise“.