Bonner Bande vor GerichtXatar: Prozessauftakt mit Foltervorwürfen

Rapper Xatar (rechts) auf der Anklagebank neben seinem Verteidiger Malte Höch.

Stuttgart/Bonn – Der bullige Mann in schwarzem Anzug und fetter silberner Krawatte: Das ist der Bonner Rapper Xatar, der mutmaßliche Kopf der Ludwigsburger Goldräuber. Mittwoch der Prozessauftakt gegen die fünfköpfige Bande vor dem Stuttgarter Landgericht. Xatars Auftritt in Handschellen: Der Gangster-Rapper ging gleich in die Offensive, erhob schwere Foltervorwürfe.

Stuttgart, Olgastraße 2, 9.27 Uhr: Xatar blickt an einer Trennwand vorbei in den Zuschauersaal, gönnt dem Dutzend aus Bonn angereisten „Fans“ per Handzeichen einen arabischen Gruß. Als er sich auf die Anklagebank gesetzt hat, will eine Reporterin von ihm wissen, ob er sich für ein Vorbild für die Jugend hält. Xatar schweigt.

Der Gerichtssaal Nummer Eins: Eher ein ordentlich mit weißem Putz und schlitzartigen Mini-Fenstern aufgerüsteter Konferenzsaal. Extra für den großen Winnenden-Prozess ist er umgebaut worden. Wo jetzt Xatar sitzt, saß tags zuvor noch der Angehörige eines Opfers des Amoklaufs.

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Xatar sitzt in der letzten Reihe, den Richtern direkt gegenüber. Er soll den BMW gefahren haben, mit dem die Goldräuber kurz vor Weihnachten 2009 als Polizisten verkleidet auf der A81 einen Goldtransport stoppten und Edelmetall im Wert von 1,7 Millionen Euro raubten. Richter Jörg Geiger fragt Xatar nach seinen Personalien. Der 28-jährige antwortet: „Geboren am 24. Dezember 1981 im Iran, ledig, wohnhaft in Bonn, Beruf Musiker.“

Vor Xatar sitzt Schmuckhändler Kawa H.-G. (26), der den Raub mit dem Nürnberger Donald Stellwag, der früher einem Justizirrtum zum Opfer gefallen war, eingestielt haben soll. Der Kurde sitzt im Al-Capone-Streifenanzug zwischen seinen Anwälten. Staatsanwalt Thomas Schek vermutet, dass er das Gold nach Holland gebracht hat. Beim Raub blieb der Bonner im Hintergrund.

Nach nur 63 Minuten ist alles vorbei. Staatsanwalt Schek konnte seine Anklageschrift nicht vortragen. Der Grund: Xatar forderte direkt zu Beginn die Einstellung des Verfahrens, weil er nach seiner Flucht in irakischer Haft gefoltert, mit einer deutschen Maschine quasi nach Frankfurt entführt worden sei.

Der Vorwurf an deutsche Behörden: Klüngel mit dem kurdischen Provinzfürsten. Verteidiger Carsten Rubarth: „Ein skandalöser Vorgang.“ Anwalt Michael Hakner verwies auf die aktuellen Folter-Veröffentlichungen bei Wikileaks. Das Gericht vertagte sich, will Knast-Ärzte nach Folter-Verletzungen befragen.