Ahmad Al Sheikh Hussein Kames bekommt die Rettungsmedaille des Landes Nordrhein-Westfalen – weil er vor drei Jahren mutig dazwischen ging, als ein Mann in einem Bus mit einem Messer attackiert wurde. Mit dem Opfer verbindet ihn heute noch eine besondere Beziehung.
Schreie, Panik, flüchtende MenschenWie dieser Bonner (31) in einem Bus zum Helden wurde
Ahmad Al Sheikh Hussein Kames steht an der Bushaltestelle der Uniklinik Bonn. Es ist ein Mittwochnachmittag im Jahr 2020 und der angehende Anästhesie-Assistent hat gerade seine Schicht beendet. Er ahnt zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass das, was gleich geschehen wird, ihm drei Jahre später eine Rettungsmedaille einbringen wird. Er will einfach nur nach Hause.
Bis heute kann Kames die Situation detailgetreu nacherzählen. Nachdem er gedankenversunken den Bus betreten hatte, bemerkte er plötzlich Schreie. Panik. Menschen, die im Bus rannten. Der Grund: Ein Mann hatte ein Messer gezückt und auf einen Fahrgast eingestochen – immer wieder. Was tun? Fliehen oder handeln?
Bonn: Ahmad Al Sheikh Hussein Kames bekommt Rettungsmedaille
Kames beantwortete diese Frage mit: Handeln. Deswegen wurde er am Freitag von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in Köln mit der Rettungsmedaille des Landes Nordrhein-Westfalen geehrt. Eine Auszeichnung, die Bürgerinnen und Bürgern zuteil wird, die unter Einsatz ihres eigenen Lebens andere Menschen retten.
Mit ihm wurden neun weitere Bürgerinnen und Bürger ausgezeichnet. Aber die Geschichte von Kames ist eine, die besonders den Atem stocken lässt.
„Jede Sekunde zählt in so einer Situation“, sagt Kames rückblickend der Deutschen Presse-Agentur. Er packte damals den Angreifer von hinten vom Opfer weg, presste ihn an eine Haltestange im Bus und fixierte seine Arme. Keiner kam ihm zur Hilfe. „Die eigene Angst kann man verwenden, um durch das Adrenalin einen kühlen Kopf zu bewahren“, sagt er nüchtern im Gespräch. „Ich wusste, was ich tue.“
Bonn: Ahmad Al Sheikh Hussein kann sich auf Erfahrung verlassen
Während seiner Rettungsaktion konnte er sich auf seine Erfahrung verlassen. Bevor Kames 2016 aus Syrien nach Deutschland floh, hatte er in seiner Heimatstadt Aleppo während seines Medizinstudiums als Notarzt ausgeholfen, wie er berichtet. Die dortige Kriegssituation habe ihn geprägt.
Als die Polizei am Bus eintraf und den Messerstecher abführte, ging Kames direkt zum damals 22 Jahre alten Opfer und leistete Erste Hilfe. „Er war die ganze Zeit wach, das hat mir erst mal Hoffnung gegeben“, sagt der Retter lächelnd. Kames selbst blieb unverletzt.
2021 wurde Kames bereits mit dem XY-Preis ausgezeichnet, der ebenfalls Menschen ehrt, die sich auf besonders couragierte Weise für ihre Mitmenschen eingesetzt haben. Er bekam viel mediale Aufmerksamkeit.
Dennoch erzählt der heute 31-Jährige noch fast schüchtern von seiner Rettungsaktion. Er will sich nicht in den Vordergrund stellen. „Das war nur menschlich“, sagt er. Sein Glaube habe ihm Kraft gegeben. „Im Islam heißt es, wenn man eine Person rettet, ist das so, als ob man die ganze Welt gerettet hätte. Das fühlt sich gut an.“
Mittlerweile hat er seine Ausbildung abgeschlossen und lebt in der Nähe der Klinik. Zwischen Bereitschaftsdienst und Nachtschicht geht er viel Joggen – seit dem Angriff aber auch mal ins Fitnessstudio. Das damalige Opfer hat überlebt und ist mittlerweile sein bester Freund geworden, sie sehen sich regelmäßig. „Dafür bin ich sehr dankbar“, sagt Kames. (dpa)