Aus bestimmtem GrundBritische Regierung sucht Deutsche mit altem Führerschein

Ein Tankwagen verlässt am 21. September 2021 ein Shell-Öldepot im britischen Kingsbury

In Großbritannien lebende Deutsche sollen Lastwagen fahren. Etliche Deutsche mit einem älteren Führerschein haben aufgrund des akuten Lastwagenfahrermangels einem Bericht zufolge Post von der britischen Regierung bekommen. Das Foto vom 21. September zeigt einen Tankwagen, der ein Shell-Öldepot im britischen Kingsbury verlässt.

Großbritannien fehlen Zehntausende Lastwagen-Fahrer. Jetzt hat die britische Regierung einen Plan - er betrifft in Großbritannien lebende Deutsche.

London. Post von der Regierung: Etliche in Großbritannien lebende Deutsche mit einem älteren Führerschein haben aufgrund des akuten Lastwagenfahrermangels einem Bericht zufolge Post von der britischen Regierung bekommen. Tausende Deutsche im Land, die vor 1999 ihren Führerschein gemacht hätten, seien angeschrieben worden, da sie kleinere Lastwagen fahren dürften, berichtete die Zeitung „Independent“.

In dem Brief des Verkehrsministeriums, der der Zeitung vorliegt, wird den Angeschriebenen nahe gelegt, eine „Rückkehr“ in die Fernfahrerbranche in Betracht zu ziehen - auch wenn viele der Adressaten noch nie am Steuer eines Lasters gesessen hätten. „Es gibt großartige Möglichkeiten für Lastwagenfahrer in der Logistikbranche und die Arbeitsbedingungen haben sich im gesamten Sektor verbessert“, heißt es in dem Schreiben. „Ihre Fähigkeiten und Erfahrungen sind noch nie mehr gebraucht worden als jetzt.“

Aus dem britischen Verkehrsministerium hieß es, der Brief sei an fast eine Million Menschen mit Lkw-Führerscheinen gesendet worden. Aus Datenschutzgründen sei es unmöglich gewesen, die Liste der Empfänger genauer nach Berufen zu filtern.

Briten suchen Autofahrer mit deutschem Führerschein

Autofahrer mit deutschen Führerscheinen, die vor 1999 ausgestellt wurden, dürfen unter bestimmten Bedingungen kleine Lastwagen mit einem maximalen Gewicht von 7500 Kilogramm fahren.

„Es ist schön zu wissen, dass es noch immer Job-Perspektiven hier für uns nach dem Brexit gibt“, sagte ein 41-jähriger Deutscher, der mit seiner Frau in London lebt, dem „Independent“. „Wären wir nach Deutschland gegangen, wären wir wohl niemals als Lastwagenfahrer von Headhuntern angeworben worden.“ Vorerst wolle er seinen Job bei einer Investmentbank jedoch behalten, und seine Frau habe auch noch nie ein größeres Auto als einen Volvo gefahren und werde die „aufregende Möglichkeit“ wohl auch ausschlagen.

Akuter Fahrermangel: Armee soll helfen

Der akute Fahrermangel hat auf der Insel derzeit drastische Konsequenzen: Vor den noch offenen Tankstellen bilden sich lange Schlangen, da Tanklaster viele nicht rechtzeitig beliefern können. Auch Supermarktregale blieben bereits teilweise leer.

Zudem soll die britische Armee ab kommenden Montag (4. Oktober) zur Belieferung der Tankstellen mit Treibstoff eingesetzt werden. Fast 200 Soldaten würden dafür bereit gestellt, die Hälfte davon als Fahrer, erklärte die Regierung am Freitagabend (1. Oktober). Damit solle „der Druck von den Tankstellen genommen“ und der Mangel an Lastwagenfahrern ausgeglichen werden.

Nach dem Brexit und durch die Corona-Pandemie ist die Zahl der Arbeitnehmer aus dem europäischen Ausland in der britischen Logistikbranche stark zurückgegangen. Dabei handelt es sich insbesondere um Jobs, die aufgrund schlechter Bezahlung und unangenehmer Arbeitszeiten von britischen Arbeitnehmern gemieden werden. (dpa/afp)