Der mutmaßliche Todesfahrer von Magdeburg, Taleb A. (50), kam 2006 nach Deutschland. Doch er ist kein Islamist – im Gegenteil. Auch Saudi-Arabien warnte bereits vor ihm. Was wir über den Mann wissen.
Fan der AfD und ArztSaudi-Arabien warnte vor ihm: Was wir über den Todesfahrer von Magdeburg wissen
Nach dem mutmaßlichen Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg hat die Polizei weitere Angaben zum Tatverdächtigen gemacht.
Es handele sich „um einen 50-jährigen Mann aus Saudi-Arabien“, erklärte die Magdeburger Polizei am späten Freitagabend (20. Dezember 2024). Der Mann sei „unmittelbar am Tatort“ von Polizisten festgenommen worden. Zu den Hintergründen der Tat liefen Ermittlungen. Das „Geschehen“ könne „noch nicht abschließend qualifiziert werden.
Magdeburg: Taleb A. engagierte sich offenbar als Aktivist
Der Verdächtige war den deutschen Sicherheitsbehörden bislang nicht als Islamist bekannt. Ganz im Gegenteil: Den Islam lehnte er nach Informationen der dpa ab, er war als Islam-kritischer Aktivist bekannt und bezeichnete sich selbst als „Ex-Muslim“ (mehr dazu oben im Video).
Wie aus Sicherheitskreisen verlautet, handelt es sich um den 50-jährigen Taleb A., einen Arzt aus Saudi-Arabien, der zuletzt in Bernburg tätig war. Innenministerin Tamara Zieschang aus Sachsen-Anhalt bestätigte, dass der mutmaßliche Täter seit 2006 in Deutschland lebt und über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt.
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Laut Informationen des „Spiegel“ wurde Taleb A. in der saudi-arabischen Stadt Hufuf geboren. Die „Frankfurter Rundschau“ berichtete im März 2019 über den Mann. In dem Artikel heißt es: „Taleb A. lebt seit 2006 in Deutschland. Er kam als Gastarzt in der Facharztausbildung zum Psychotherapeuten nach Deutschland und beantragte hier später Asyl, weil er für seine Abkehr vom Islam mit dem Tod bedroht worden war. Der 44-Jährige ist als politischer Flüchtling anerkannt.“
Saudi-Arabien warnte vor Tatverdächtigem
Saudi-Arabien hat Deutschland saudischen Sicherheitskreisen zufolge vor dem mutmaßlichen Täter Taleb A. der Attacke auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt gewarnt. Das Königreich habe seine Auslieferung beantragt, darauf habe Deutschland nicht reagiert, hieß es.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin hatte es vor rund einem Jahr eine Art Warnhinweis zu dem Mann an die deutschen Behörden gegeben.
Taleb A. engagierte sich zudem offenbar über Jahre als Aktivist, der insbesondere saudi-arabische Frauen bei der Flucht aus ihrem Heimatland unterstützte. Er betrieb eine Webseite, die umfassende Informationen über das deutsche Asylsystem bereitstellte und suchte aktiv den Kontakt zu Frauen, die Schutz suchten.
Magdeburg: Vorwürfe gegen Regierung und Angela Merkel
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat in den sozialen Medien ein Profil von Taleb A. gefunden. In seinem Profiltext schreibt Taleb A. auf Englisch: „Saudische Militäropposition – Deutschland jagt saudische Asylbewerberinnen innerhalb und außerhalb Deutschlands, um ihr Leben zu zerstören – Deutschland will Europa islamisieren.“ Auf dem Profilbild ist ein Sturmgewehr zu sehen.
Sein Account hatte am Freitagabend knapp 40.000 Follower. Im Laufe des Abends wuchs die Zahl sekündlich. Gegen 2 Uhr nachts stieg die Zahl auf rund 45.000.
Auf dem Account auf der Plattform X veröffentlichte Taleb A. im November eine Liste mit vier „Forderungen der liberalen Saudi-Opposition“. Der erste Punkt lautete: „Deutschland muss seine Grenzen gegen illegale Migration schützen.“ Er behauptete, die „offene Grenzpolitik“ der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel sei ein Plan gewesen, „Europa zu islamisieren.“
Magdeburg: Beitrag mit Videos kurz nach der Tat
Im August postete Taleb A. eine ganze Reihe von Beiträgen. Unter anderem heißt es darin: „Das Ziel Deutschlands ist klar geworden, nämlich die Verbreitung des Islam in Europa. Sie greifen islamkritische politische Bewegungen an, indem sie korrupte Menschen, darunter Süchtige, Prostituierte und Diebe, in sie einbinden, um die Bewegung von innen heraus zu zerstören.“
In weiteren Beiträgen zeigte er Sympathien für die AfD und sprach von der Idee eines gemeinsamen Projekts mit der Partei, die in weiten Teilen als rechtsextrem gilt: einer Akademie für Ex-Muslime. „Wer sonst bekämpft den Islam in Deutschland?“, fragte er in einem seiner Beiträge und unterstrich damit seine Zustimmung zu den islamkritischen Positionen der AfD.
Nach Angaben der AfD war er jedoch kein Parteimitglied. „Wir können ausschließen, dass der Täter von Magdeburg Mitglied der AfD war“, sagte ein Sprecher von Parteichefin Alice Weidel der „Rheinischen Post“. Es habe auch nie ein Mitgliedsantrag vorgelegen.
Der 50-Jährige soll am frühen Freitagabend mit einem Auto auf einem Weihnachtsmarkt in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt in die Menschengruppe gerast sein. Dabei waren fünf Menschen ums Leben gekommen und mehr als 200 weitere verletzt worden. Bei dem noch am Abend festgenommenen Verdächtigen handelt es sich um einen Arzt aus Bernburg, der als islamkritischer Aktivist bekannt ist.
Kurz nach der Todesfahrt in Magdeburg veröffentlichte Taleb A. auf seinem X-Account einen Beitrag mit mehreren Videos. Darin erhob er verworrene Anschuldigungen gegen Flüchtlingsaktivisten und kritisierte die Behörden scharf. Er behauptete zudem, von den Deutschen „verfolgt“ zu werden.
Magdeburg: Todesfahrt acht Jahre nach Anschlag am Berliner Breitscheidplatz
Das Innenministerium von Sachsen-Anhalt hatte am Freitagabend von einem mutmaßlichen Anschlag gesprochen. Ein Auto war am Abend in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt gerast. Laut Polizei fuhr der Täter mindestens 400 Meter über den Weihnachtsmarkt. Ein Kleinkind und ein Erwachsener wurden nach Angaben von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) getötet, dutzende weitere Menschen wurden verletzt.
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Angesichts der Schwere der Verletzungen sei nicht auszuschließen, „dass wir noch weitere Menschenleben zu beklagen haben könnten“. Die Stadtverwaltung Magdeburg hatte zuvor von 15 Schwerstverletzten, 37 mittelschwer Verletzten und 16 Leichtverletzte gesprochen.
Der Vorfall in Magdeburg ereignete sich einen Tag nach dem achten Jahrestag des islamistischen Lkw-Anschlags auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz. Damals hatte ein islamistischer Täter einen Sattelschlepper in die Menschenmenge gesteuert, zwölf Menschen wurden getötet, ein weiterer starb Jahre später an seinen schweren Verletzungen. Der Täter konnte zunächst fliehen und wurde Tage später in Italien von Polizisten erschossen. (red/mit afp)