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Homöopathie und Heiler-Hokus-PokusScience Cops ermitteln gegen unwirksame „Alternativmedizin“

Aura phenomena. Woman with lights of energy coming out from her hand against color background, closeup

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Der Verkauf angeblicher Wundermittel – und seien sie noch so absurd – boomt. Die „Science Cops“ entlarven den größten Quatsch.

von Laura Schmidl

Globuli, Heilsteine, Abnehm-Kapseln, Magnetfelder und „Irgendetwas“ mit Frequenzen oder Quanten – die Welt der angeblichen Wundermittel kennt keine Grenzen. Angepriesen von Pseudoexperten, erfreuen sich solche Produkte großer Beliebtheit.

Frei nach dem Motto „Aber meiner Tante hat's geholfen!“ Unter diesem Buchtitel entlarven die „Quarks Science Cops“ Maximilian Doeckel und Jonathan Focke unwissenschaftlichen Unsinn, der schlimme Folgen haben kann. Und beantworten die drängendsten Fragen.

Science Cops verrät seinen absoluten „Lieblings-Unsinn“

Jonathan Fockes „Lieblings“-Unsinn wirkt absurd: „Die sogenannten Energy-Pearls von Zara Secret“. Zara Secret, ihres Zeichens nach Dubai ausgewanderte Instagram-Influencerin mit 317.000 Followern (Stand: Frühjahr 2025). „Das sind kleine Glaskügelchen, von denen sie behauptet, dass da Frequenzen drin gespeichert sind. Wenn man diese dann ins Wasser legt, übertragen die Kügelchen besondere Informationen ans Wasser und wenn man das dann trinkt, geht's einem besser.“

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Sie selbst berichtet auf Instagram von gar erstaunlichen Ergebnissen: Weniger Wassereinlagerungen, erhöhte Konzentrationsfähigkeit, weniger Lust auf Süßkram, ein rasant schnell geheilter Sonnenbrand. „Das Ganze kostet dann um die 330 Euro. Das ist weder plausibel, wie das funktionieren soll, noch gibt's irgendwelche Belege dafür. Inzwischen ist sie auch schon von Verbraucherschutzzentralen abgemahnt worden.“

Dass einige ihrer Fans trotzdem zugegriffen haben, liegt laut Science Cop Focke daran, dass „man den Leuten mit ein paar wissenschaftlich klingenden Begriffen wie Frequenz oder Wasserstruktur Dinge verkaufen kann, die völliger Blödsinn sind.“ Die Energieperlen sind nur ein Beispiel eines gigantischen Marktes.

Welche Rolle spielt Social Media bei gewissen Absurditäten?

Warum glauben Menschen an sowas? „In diesem Fall hat es viel mit dem Following auf Social Media zu tun“, sagt Science Cop Maximilian Doeckel. „Das kaufen Leute, die der Frau seit Jahren folgen. Sie haben vielleicht eine parasoziale Beziehung und glauben, sie sei eine Art Freundin.“ Und so wollten viele diese Perlen einfach mal ausprobieren. In vielen anderen Fällen – im Bereich Homöopathie etwa – ist der Grund ein anderer.

Quarks Science Cops

Die WIssenschaftsjournalisten Jonathan Focke (l.) und Maximilian Doeckel klären in ihrem Podcast „Quarks Science Cops“ unter anderem über falsche Gesundheitsversprechen unseriöser Anbieter auf.

Focke sagt: „Viele können gar nicht unterscheiden, was echte Medizin und was Fake ist. Diejenigen, die so etwas verkaufen, wissen genau, welche Methoden sie anwenden müssen.“ Vermeintlich wissenschaftliche Studien und Begriffe, vielleicht auch ein vertrauenserweckender „Arzt“ im Kittel und mit Stethoskop vor der Kamera – das sogenannte „Science Washing“ wirkt. „Sie verpassen sich einen wissenschaftlichen Anstrich“, so Focke.

Sind das alles gewissenlose Abzocker?

„Das kommt darauf an“, meint Max Doeckel. „Ich glaube, gerade im Bereich der Alternativmedizin wie der Homöopathie sind viele Leute wirklich davon überzeugt, dass ihre Homöopathie hilft.“ Anders sei es bei Verkäufern, die insbesondere bei Social Media fragwürdige Produkte (wie etwa Energieperlen) veräußern: „Teilweise konnten wir Leuten nachweisen, dass sie selbst nicht an ihr eigenes Produkt glauben. Zum Beispiel bei Jasper Caven.“ Caven vertreibt Produkte für einen schnelleren Stoffwechsel – dadurch sollen die Pfunde nur so dahinschmelzen. „Er hat Pillen mit Grüntee-Extrakt verkauft, die beim Abnehmen helfen sollen. Zuvor hat er noch in einem Buch geschrieben, dass Grüntee nichts bringt.“

Wo wird besonders oft betrogen?

Die Science Cops sagen: Überall da, wo die Hersteller auf diffuse und allgemeine Beschwerden abzielen. Stress, Müdigkeit, Energielosigkeit, Unzufriedenheit mit dem Gewicht. „Das sind Sachen, die jeder kennt“, sagt Jonathan Focke. „Darum ist man dafür so empfänglich. Da werden dann Supplements angeboten, wo dann irgendwelche Vitamine drin sind, die man eigentlich gar nicht braucht, wenn man sich einigermaßen normal ernährt, die aber versprechen, dass man sich besser fühlt.“ Und weil es immer ein bisschen besser geht, kauft der Kunde eine Drei-Monatsration – und merkt danach, dass es ehrlicherweise keinen Unterschied macht. Außer im Portemonnaie.

Ist das denn problematisch?

„Das sind die harmlosen Sachen“, sagt Doeckel. „Was man vielfach nicht mitbekommt, ist, dass es einen großen Markt für alternative Krebstherapien gibt.“ Dann geht es um Leben und Tod. „Wir bekommen immer wieder Mails von Menschen, deren Angehörige auf alternative Krebstherapien hereingefallen sind – und der Therapeut von einer Chemotherapie abriet. Die Menschen sind verzweifelt, weil eine Chemo echt unangenehm ist und sie es dann anders versuchen. Am Ende versterben die Menschen teils auch, obwohl sie gute Überlebenschancen gehabt hätten.“

Aber die Wirksamkeit ist doch „in Studien bewiesen“?

Selten sind Studien wirklich vollständig gefälscht. Focke: „Oft belegen sie einfach nicht das, was sie behaupten zu belegen.“ So ist ein Mittel beispielsweise nur an Tieren getestet, es fehlt eine Kontrollgruppe, die Zahl der Studienteilnehmer ist viel zu klein. „Diese Studien genügen keinen Qualitätsstandards, die man in der Wissenschaft bräuchte.“

Was ist mit dem Placebo-Effekt?

„Der Placebo-Effekt kann total viel“, sagt Doeckel. Und ist nicht einfach Einbildung: „Es gibt dann tatsächlich Prozesse, die im Körper ablaufen und wirklich eine schmerzstillende Wirkung. Deswegen ist es erstmal nicht verwerflich, auf den Placebo-Effekt zu setzen.“ Schwierig würde es dann, wenn man den Menschen eine echte Wirkung verspreche. „Der Placebo-Effekt wirkt auch dann, wenn man es den Leuten sagt – vielleicht nur nicht ganz so gut.“

Die Problematik an der Sache sei die: „Ich probiere Globuli bei einer Erkältung, mir geht es danach besser – die Erkrankung wäre auch so wieder verschwunden. Aber ich verbinde es mit den Globuli“, so Doeckel. „Irgendwann habe ich vielleicht eine ernsthafte Erkrankung und sage mir: ‚Naja, aber mir haben doch auch die Globuli geholfen und da haben die Wissenschaftler auch gesagt, das kann nicht funktionieren. Also probiere ich doch eine alternative Krebstherapie aus‘.“ Der Placebo-Effekt heilt eben keinen Krebs, und auch keine Herzerkrankung. „Das große Problem ist, dass Hoffnungen ausgenutzt werden“, sagt Focke. Übrigens: Homöopathie hat nichts mit Naturheilkunde zu tun. Denn im Gegensatz zu Globuli und Co. haben pflanzliche Arzneimittel tatsächlich nachgewiesene Wirkweisen.

Was sind weitere Folgen?

Max Doeckel: „Die Methoden, die mit schlecht gemachten Studien versuchen, unwirksame Produkte an den Mann zu bringen, werden auch auf ganz anderen Ebenen etwas abgewandelt genutzt: Wenn es z. B. darum geht, den Klimawandel zu leugnen.“ Focke sagt: „Es sind Strategien wissenschaftlicher Desinformation – damit arbeiten sowohl Wunderheiler und Influencer als auch Klimawandelleugner und Verschwörungstheoretiker, wie wir sie im Wahlkampf erlebt haben.“