Das angekündigte Orkantief Ylenia zieht über Deutschland hinweg. Extrem betroffen ist der Norden. In Berlin rief die Feuerwehr den Ausnahmezustand aus.
Orkantief YleniaAusnahmezustand und Warnung vor Sturmflut, 2 Autofahrer von Bäumen erschlagen
So heftig wie vorausgesagt hat das Orkantief „Ylenia“ Deutschland erreicht. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) teilte am frühen Donnerstagmorgen auf Twitter mit, dass der Schwerpunkt der Gewitter mittlerweile zwischen Nordhessen, Sachsen und dem südlichen Brandenburg liegt.
Zuvor hatte der DWD bereits vor Gewittern in Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern gewarnt. Polizei und Feuerwehren meldeten umgestürzte Bäume und Verkehrsunfälle. Die Deutsche Bahn stellt den Fernverkehr in mehreren Bundesländern ein.
Aktuelles Sturmtief nur ein kleiner Vorgeschmack
Das aktuelle Sturmtief war wohl nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was am Freitagnachmittag noch kommen könnte. Vor allem die Nord- und Ostseeküste sowie Schleswig-Holstein bekommen sehr starken Wind ab.
Niedersachsen: Autofahrer von Baum erschlagen
Der schlimmste Zwischenfall ereignete sich in Niedersachsen. Dort ist ein Autofahrer während des Durchzugs von Orkantief „Ylenia“ von einem umstürzenden Baum erschlagen worden. Wie die Polizei in Lüneburg am Donnerstag mitteilte, ereignete sich der Unfall auf einer Landstraße bei Bad Bevensen. Die Eiche stürzte demnach auf das Auto des 37-Jährigen.
Nach Angaben der Beamten wurde der Mann am Donnerstagmorgen durch den Baum mit einem Stammdurchmesser von etwa 60 Zentimetern so schwer verletzt, dass er noch in seinem Fahrzeug starb.
Auch bei Südharz kam ein Autofahrer ums Leben. Ein 55-Jähriger starb bei einem Autounfall auf einer Landstraße in Sachsen-Anhalt bei Südharz. Ein Baum sei durch den starken Wind auf den Wagen des Mannes gefallen, teilte die Polizei mit. Daraufhin habe sich der fahrende Wagen am Morgen überschlagen. Der Mann starb noch am Ort des Unfalls im Kreis Mansfeld-Südharz, wie es hieß.
Wie die Bahn auf Twitter mitteilte, verkehren in der Nordhälfte Deutschlands voraussichtlich bis zum Mittag keine Fernverkehrszüge. Betroffen sind die Bundesländer:
- Niedersachsen
- Bremen
- Hamburg
- Schleswig-Holstein
- Mecklenburg-Vorpommern
- Brandenburg und Berlin
Auch im Regionalverkehr komme es in diesen Regionen zu Zugausfällen und Verspätungen. In Niedersachsen können aufgrund der Sturmschäden südlich von Hamburg derzeit keine Züge fahren.
Zugausfälle und Verspätungen gab und gibt es auch in Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen aufgrund von Unwettern. Die Bahn kündigte wegen der Unwetter Kulanzregelungen im Fernverkehr an.
DWD warnt weiter vor orkanartigen Böen
Der DWD warnte am Morgen weiter vor orkanartigen Böen in der Nordhälfte Deutschlands. Im Westen und Osten sollte es schwere Gewitter geben. Auf dem Brocken im Harz kam es laut Mitteilung von Mittwochnacht zu Windgeschwindigkeiten von 152 Kilometern pro Stunde.
Ab der Nacht zum Samstag erwartete der DWD ein neues Sturmtief mit Orkanböen im Bergland und orkanartigen Böen im Norden und in der Mitte Deutschlands. Für das Sauerland und den Harz sagte er Dauerregen voraus.
Vielerorts warnten die Behörden insbesondere vor dem Betreten von Parkanlagen und Wäldern, so etwa in Berlin und Hamburg. Die Feuerwehr Hamburg zählte zwischen 22.00 und 05.30 Uhr laut einer ersten Bilanz 70 Unwettereinsätze wegen umgestürzter Bäume, umkippender Gerüste und anderer Gefahrenstellen. Der Hamburger Fischmarkt wurde erneut überflutet.
Warnung vor Sturmflut an der Nordseeküste
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) hat für die deutsche Nordseeküste erneut vor der Gefahr einer Sturmflut am Donnerstagnachmittag gewarnt. An der ostfriesischen Küste wird das Hochwasser etwa 1 Meter höher als das mittlere Hochwasser ausfallen, wie das BSH am Donnerstagmorgen mitteilte. An der nordfriesischen Küste und im Weser- und Elbegebiet wird das Hochwasser 1 bis 1,5 Meter höher sein als normal. Im Hamburger Elbegebiet erreicht das Hochwasser wohl Werte, die 1,5 bis 2 Meter höher als das mittlere Hochwasser liegen. Die Sturmflutgefahr besteht bis etwa 17.20 Uhr.
Für Freitagfrüh wird erneut eine Sturmflut erwartet, wie ein Sprecher sagte. Sturmfluten an sich seien durchaus normal, in der Häufigkeit wie im Moment jedoch schon ungewöhnlich, so der Sprecher weiter. „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir in den vergangenen 20 Jahren so viele Sturmfluten hintereinander hatten.“ Seit dem 29. Januar hat das BSH bereits vor acht Sturmfluten gewarnt.
Ausnahmezustand in Berlin ausgerufen
Die Berliner Feuerwehr meldete auf Twitter 76 wetterbedingte Einsätze in der Nacht. Sie rief in der Hauptstadt vorübergehend den Ausnahmezustand aus und forderte zusätzlich Freiwillige Feuerwehren an.
Zwischen Montabaur und Koblenz in Rheinland-Pfalz stürzte laut Polizeiangaben ein Baum auf einen fahrenden Transporter. Der Fahrer blieb dabei unverletzt. In Südhessen meldete die Polizei in den frühen Morgenstunden „vermehrt“ Anrufe über Sturmschäden. Auf zahlreichen Straßen lagen demnach Bäume. Die Feuerwehren, Straßenmeistereien und Polizei waren im Einsatz.
Sturm „Ylenia“: Flugverkehr betroffen
Einschränkungen werden derweil auch für den Flugverkehr gemeldet. Neben den 20 bereits angekündigten Annullierungen streicht die Lufthansa im Tagesverlauf allerdings vorerst keine weiteren Verbindungen. Dies sei noch immer Stand der Dinge, teilte ein Unternehmenssprecher am Donnerstagmorgen auf Anfrage mit. Am größten deutschen Flughafen in Frankfurt sind nach Betreiberangaben Verbindungen mit Berlin, München und Hamburg betroffen. Am Flughafen Hamburg fallen rund ein Dutzend Flüge aus.
Das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen ordnete einen landesweiten Schulausfall für Donnerstag an. Die Regierung rief auch Eltern von Kitakindern auf, ihren Nachwuchs zu Hause zu lassen. Das Bundesland Bremen stellte für Donnerstag auf digitalen Fernunterricht um, auch Kommunen in Niedersachsen sagten wegen des Sturms den Unterricht ab. Mehrere Bundesländer stellten Eltern die Entscheidung frei.
Weitere Sturmtiefs in der kommenden Woche erwartet
Auch in den kommenden Tagen liege Deutschland im Einflussbereich einer kräftigen Nordwestströmung vom Atlantik her. Deshalb sei nach einer kurzen Verschnaufpause vor allem in der Nacht zum Samstag ein weiteres Sturmtief in ähnlicher Stärke zu erwarten. Auch von Montag an müsse mit weiteren Sturmtiefs gerechnet werden.(afp/dpa)