„Tatort“ entsetzt ZuschauerIncels gibt's wirklich – was sind das für kranke Männer?

Kiel – Nach dem Fund einer misshandelten Frauenleiche begeben sich Klaus Borowski und Mila Sahin in die Abgründe des Internets und stoßen schnell auf Verbindungen in das brisante Umfeld der Incel-Männer: Sie hassen und verachten Frauen – weil sie selbst nicht bei ihnen ankommen. Meistens sind Incels junge Nazis.

  1. Weltfrauentag am 8. März 
  2. Schock-„Tatort“ am Sonntag, 7. März 
  3. Was aber verbirgt sich hinter den Incels?

Diese Gruppierung, der sich der „Tatort“ zum Weltfrauentag widmet, ist leider keine Fiktion. Ursprünglich handelt es sich um eine aus den USA stammende gewaltbereite, antifeministische Bewegung. Doch auch in Deutschland gibt es inzwischen Incels.

„Tatort“-Regisseurin: „Jede Frau war total geschockt“

„Meine Generation hat diese neue Frauenfeindlichkeit noch gar nicht auf dem Zettel. Jede Frau, der ich von unserem Film und den realen Hintergründen erzählt habe, war total erschrocken“, sagt „Tatort“-Regisseurin Nicole Weegmann (55). Was aber verbirgt sich hinter den Incels (involuntary celibate – übersetzt „unfreiwilliges Zölibat“)?

Alles zum Thema Polizeimeldungen

Die größte Incel-Onlinecommunity existiert seit 2017 und zählt rund 12.000 Nutzer. Mitglieder diskutieren über Themen wie

  1. „Warum Frauen so degenerierte Huren sind“
  2. „Wenn Frauen Huren sind, warum ficken sie dann nicht mit Dir?“
  3. „Ist Vergewaltigung wirklich so etwas schlimmes?“

Abstoßend, krank und gefährlich: Kein Wunder, dass selbst der „Spiegel“ den Incels kürzlich eine vielseitige Titelgeschichte widmete.

Incels im „Tatort“: Ideologie der Frauenhasser

Die Ideologie dieser – zumeist jungen – Frauenhasser klingt krude: Sie fühlen sich als Männer dritter Klasse, die von Frauen zurückgewiesen werden, weil sie nicht so gut aussehen würden wie die körperlich und physisch attraktiven „Chads“ oder „Alphas“. Sie weiden sich in Selbstmitleid und Rache-Fantasien. Als Ausweg sehen sie, ihre soldatische Männlichkeit wiederzuentdecken, Frauen zu unterdrücken und antifeministisch aktiv zu werden.

Das allein macht sie schon zu einer großen Gefahrenquelle. Doch wie der „Tatort“ zeigt, sind Frauenhasser-Gruppen wie Incel, NoFap („nicht onanieren“) oder „Männer, die ihren eigenen Weg gehen“ obendrein besonders anfällig für rechtsradikales Gedankengut.

Incels im „Tatort“: Hass auf Frauen als Motiv für Attentäter

Wissenschaftlerin Veronika Kracher, die seit Jahren über Incels forscht, erklärt: „Tatsächlich trifft es zu, was Borowski im 'Tatort' sagt: Für die rechtsextremistischen Attentäter von Halle, Hanau, Christchurch und Oslo war auch der Hass auf Frauen ein Motiv. Das Profil der Täter weist Parallelen auf. Der Antifeminismus ist quasi eine weitere Baustelle der rechtsextremen Szene.“

Die Wut dieser Männer richtet sich nämlich nicht nur gegen Frauen, sondern auch gegen Muslime und Migranten, die besser bei den Frauen ankommen als sie. Kein Wunder, dass Hakenkreuze gerne als Profilbilder in den einschlägigen Foren genutzt werden.

„Tatort“ mit Frauenhass: Hasskriminalität wird unterschätzt

Im Gegensatz zu England, wo die Richtlinien zu Hasskriminalität reformiert wurden, scheint man hierzulande die Gefahren dieser sich radikalisierenden Gruppierungen noch zu unterschätzen. Fatal, denn Incels sind laut Experten in Deutschland besonders breit vertreten – die starke ideologische Überschneidung mit der rechten Szene trifft hier auf einen besonders großen Nährboden.

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In Internetforen radikalisieren sich Männer, die sich von den Frauen wegen ihres Aussehens und Auftretens abgelehnt fühlen. 

„Wenn wir Kommissare am Ende des Tatorts ratlos in die dunkle Nacht hinausschauen, ist klar, die Gefahr bleibt, solange das Netz eine virtuelle Zusammenrottung vieler zorniger Einzelgänger unkontrolliert möglich macht und sie in ihren Foren aufhetzt und zu Helden macht“, sagt Tatort-Kommissar Axel Milberg (64). Auch er hatte vorher übrigens noch nie etwas von den Incels gehört…

Gewalt-Meldungen eines Tages

Gewalt gegen Frauen passiert ständig: EXPRESS notierte die Polizeimeldungen eines Tages (24. Februar), willkürlich gewählt:

  1. Haftstrafe für Bundeswehrsoldaten wegen Vergewaltigung
  2. Frau überfallen – Zeugen gesucht
  3. Polizei sucht Zeugen nach sexueller Belästigung
  4. Ermittlungsverfahren gegen Depardieu wegen Vergewaltigung eröffnet
  5. Lebenslange Haft nach Mord an Lebensgefährtin
  6. Tote Frau entdeckt: Verdächtiger und Opfer sollen sich gekannt haben
  7. Radfahrer entblößt sich vor Frau
  8. Stiefvater wegen Totschlags an Mutter und Tochter verurteilt
  9. Verwandter der Queen muss wegen sexueller Übergriffe ins Gefängnis
  10. Jugendliche von Exhibitionist belästigt
  11. Mann nach häuslicher Gewalt in Gewahrsam genommen
  12. Frau erstochen: Richter wollen Urteil sprechen 

Gewalt gegen Frauen: 5 Jahre nach dem Säureattentat

Diese Tat schockte vor fünf Jahren die Welt. Ihr Ex-Freund überschüttete Kosmetikerin Vanessa Münstermann (31) mit Säure. Die Hannoveranerin überlebte, ist seitdem entstellt. Ein schrecklicher, aber kein Einzelfall. Jeden Tag versucht in Deutschland ein Mann, seine Frau umzubringen, alle drei Tage wird eine Frau getötet.

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Nahe eines beliebten Kieler Clubs wird die misshandelte Leiche einer jungen Frau aufgefunden. Borowski (Axel Milberg) und Mila Sahin (Almila Bagriacik) müssen in der Frauenhasser-Szene ermitteln.  

Und das Muster ähnelt sich häufig. Vanessa war anfangs begeistert, wie lieb Daniel war. Doch sein Verhalten wurde immer übergriffiger. Er brachte ohne Rückfrage ihre Kleidung und ihre Möbel in sein Haus, setzte sie physisch und psychisch unter Druck, vor allem beim Sex. Als Vanessa ihn verließ, rief er im Minutentakt bei ihr an. Und dann lauerte er ihr auf …

Vanessa Münstermann hat gelernt, sich selbst zu lieben – mit den Narben und dem Glasauge. Sie habe sich nach dem Säureattentat sogar gefühlt „wie eine Raupe, die zum Schmetterling wird und den Kokon von »besser und schöner sein als die anderen« verlässt“, erklärt sie in dem Buch „Alle drei Tage – warum Männer Frauen töten und was wir dagegen tun müssen“ (Spiegel-Verlag, 20 €).

Ihr geht’s gut. Sie hat ihre Jugendliebe geheiratet, ein Kind bekommen und den Verein „AusGezeichnet“ gegründet, um Gewaltopfern und Entstellten zu helfen. Nur die Tatsache, dass Daniel in sieben Jahren wieder auf freiem Fuß ist, macht ihr Angst.